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0177 - Melinas Mordgespenster

0177 - Melinas Mordgespenster

Titel: 0177 - Melinas Mordgespenster
Autoren: Jason Dark
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Hand. Sie landete irgendwo, dann war ich bei der Frau, packte sie und schleuderte sie herum. Ich hatte soviel Wucht in die Aktion gelegt, daß Edna Carrington aus der Hütte katapultiert wurde und draußen irgendwo liegenblieb.
    Um sie konnte ich mich nicht kümmern. Meine Mutter und Melina waren wichtiger.
    Das rothaarige Mädchen mußte einen Schock erlitten haben. Es stand neben der linken Kerze, hatte den Messerarm gesenkt und starrte wie abwesend zu Boden, auf den Blut aus seiner Schulterwunde tropfte.
    Meine Mutter hing starr vor Angst bewegungslos in den knöchernen Klauen des Skeletts. Ich schleuderte die Totenfinger von ihren Schultern, packte die alte Dame und wollte sie nach draußen schaffen.
    Den Ausgang erreichten wir nicht mehr, denn Melina hatte sich von ihrem Schrecken erholt.
    Mit einem irren Schrei auf den Lippen kreiselte sie herum. Das Messer hatte sie in die linke Hand gewechselt.
    »Daaaddd!« schrie sie. Und noch einmal. »Daaaddd!«
    Der Schrei traf mich bis in den letzten Mark. Ich zuckte zusammen und sah, wie das Mädchen auf ihren toten Vater zusprang. Sie hatte zuviel Wucht in den Sprung gelegt. Der Stuhl mit dem Toten kippte um, und auch die Kerzen blieben nicht mehr stehen. Sie fielen auf die Erde, gleichzeitig geriet ein Teil der Hüttenwand ins Wanken, sehr trockene Zweige lösten sich von der Decke, bekamen Kontakt mit dem Feuer und fingen augenblicklich an zu brennen.
    Ich ahnte die Katastrophe und sprang vor.
    »Daddy!« Ich hörte ihre Schreie, und plötzlich puffte vor mir eine Feuerwand hoch.
    Sie schnitt mir praktisch den Weg zu Melina ab. Ich wollte um die Wand herum, als sich das Feuer bis zur Decke vorgefressen hatte und die Hütte ein einziges Flammenmeer war.
    Jetzt galt es, meine Mutter und meine eigene Haut zu retten.
    Fluchtartig verließen wir das Inferno.
    Draußen empfingen uns dicke, beißende Qualmwolken, die uns fast den Atem raubten. Wir husteten und keuchten, liefen ein paar Schritte, drehten uns dann um und sahen die brennende Hütte.
    Es knisterte und knackte. Flammende Scheite flogen in die Luft, begleitet von nachleckenden Feuerzungen und einem glühenden Regen.
    Und wir hörten die Schreie.
    »Daddy…!« Immer wieder brüllte Melina. Wir sahen sie für einen winzigen Moment in dem Flammenmeer auftauchen. Auch sie brannte, aber sie hatte den Toten nicht losgelassen, sondern sich bei ihm in einer letzten Umarmung festgeklammert.
    Dann brachen die Reste über den beiden zusammen, und die Schreie des Mädchens verstummten.
    Ich hielt meine Mutter fest. Sie hatte ihr Gesicht gegen meine Schultern gedrückt, weinte und bebte am gesamten Körper. Sie brachte es nicht fertig, in die Flammen zu schauen.
    Zwei Schritte neben uns hockte Edna Carrington. Mit leerem Blick starrte sie auf das langsam ineinandersinkende Feuer. Und leise sang sie ein altes Lied.
    »My Bonny is over the Ocean…« Melinas Mutter war dem Wahnsinn verfallen…
    ***
    Mein Vater würde durchkommen. Zwei Tage später konnten wir ihn im Krankenhaus besuchen.
    Mutter und ich standen neben seinem Bett. Der alte Herr lächelte schon wieder. »Ich habe mir gedacht, daß du so leicht nicht unterzukriegen bist, Junge. Gratuliere.«
    »Fast hätten sie mich geschafft. Wenn Iris nicht gewesen wäre, mein Gott…«
    »Was geschieht eigentlich mit ihr?« fragte mich meine Mutter. Sie hielt die Hand ihres Mannes.
    »Der Pfarrer kümmert sich um sie. Vielleicht kann er ihr eine Lehrstelle beschaffen.«
    »Das wäre gut«, sagte mein Vater leise. »Und was ist mit Edna Carrington?«
    »Sie ist dort, wo zuvor ihre Tochter war.«
    Meine Mutter schüttelte sich. »Schrecklich«, flüsterte sie. »Ich hätte nie gedacht, daß Menschen zu so etwas fähig sind.«
    Dazu gab ich keinen Kommentar, denn ich hatte in der Hinsicht meine schlimmen Erfahrungen gesammelt.
    Vater wechselte das Thema. »Und wann besuchst du uns mal wieder, Junge?«
    »Öfter als früher.«
    Der alte Herr kniff ein Auge zu. »Soll ich dir das glauben?«
    Ich schaute meine Mutter an und strich ihr über das Haar. »Doch, das könnt ihr mir glauben, ich verspreche es…«
    ENDE
    [1] Siehe John Sinclair Taschenbuch Nr. 73 006 »Die Rache der Horror-Reiter«
    [2] Siehe John Sinclair Nr. 176 »Der Pestvogel«
    [3] Siehe John Sinclair Nr. 175 »Der unheimliche Totengräber«
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