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0177 - Melinas Mordgespenster

0177 - Melinas Mordgespenster

Titel: 0177 - Melinas Mordgespenster
Autoren: Jason Dark
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ich machte mir schreckliche Sorgen um meine Mutter, und auch das Schicksal meines Vaters wollte mir nicht aus dem Kopf. Deshalb war es schwer für mich, nicht einfach loszustürmen, sondern erst einmal die Lage zu sondieren.
    Zur Hälfte hatte ich hinter einem Baumstamm Deckung genommen.
    Ein schief nach unten wachsender Zweig strich gegen meine Stirn, und ich bog ihn zur Seite.
    Mein Blick tastete sich vor, er glitt über den Friedhof, und ich sah nichts.
    Weder von meiner Mutter, noch von Melina und Edna Carrington war eine Spur zu entdecken.
    Enttäuschung fraß in mir. Hatte sich mein Vater vielleicht verhört?
    Waren die drei gar nicht auf diesen Friedhof gegangen? Wenn das eintreffen sollte, dann war alles umsonst gewesen, denn ich wußte nicht, wo ich sonst noch suchen sollte.
    Hinter dem Baumstamm wollte ich nicht mehr bleiben, und so ging ich weiter vor.
    Das Gras war feucht und berührte meine Hosenbeine. In der rechten Hand hielt ich die Beretta, hatte den Arm allerdings gesenkt, und die Mündung zeigte zu Boden.
    Es war still.
    Keine Stimmen, kein fremder Laut, der nicht in diese unheimliche Atmosphäre paßte.
    Nur der Nachtwind strich über den alten Totenacker. Er bewegte die Zweige der Bäume, spielte mit den Blättern und rieb sie gegeneinander.
    Geräusche, wie sie normal waren, nicht ungewöhnlich und auch nicht verdächtig.
    Es gab noch Grabsteine. Sie waren vermoost und überwachsen, manchmal ragten sie aus der Erde, andere wiederum hatten sich nicht halten können und waren umgekippt.
    Die Holzkreuze waren längst verwittert. Wenn überhaupt, sah ich von ihnen nur Fragmente.
    Wo konnten sie sein?
    Als ich die andere Seite des Totenackers erreichte, hatte ich noch immer keine Spur gefunden.
    Enttäuscht blieb ich stehen. Mein Vater schien sich geirrt zu haben.
    Meinte er vielleicht doch den anderen Friedhof?
    Ich bewegte mich ein paar Schritte auf die Rückseite des Friedhofs zu und blickte einen kleinen Hang hinunter, an dessen Ende der Bach floß.
    Dunkelheit. Bizarre Schatten von Büschen und Sträuchern wurden zu unheimlichen Gebilden. Nichts für ängstliche Gemüter.
    Dann sah ich das Licht.
    Genau rechts von mir schimmerte es. Ein schwacher Schein, flackernd, aber nicht verlöschend, sondern weiter brennend.
    Auch glaubte ich Stimmen zu hören. Ich lauschte.
    Nein, das war keine Annahme, sondern echt.
    Ich hatte sie gefunden!
    ***
    Es war ihr Vater!
    Mary Sinclair zitterte plötzlich. Sie wäre am liebsten in den Boden versunken, nur weg von der Stätte des Schreckens, denn was sie hier erlebte, war schlimm. Dieses Mädchen war dem Wahnsinn verfallen, sie spielte mit dem Grauen und konnte nicht mehr unterscheiden, was real und Traum war.
    Ihr Vater, Jason Carrington, war ein realer Alptraum!
    Das Kerzenlicht fiel von zwei Seiten auf die schaurige Gestalt und leuchtete sie an. Die Flammen brannten nicht ruhig, durch die Ritzen dieser primitiven Hütte flüsterte der Wind, bewegte das Feuer und schuf ein gespenstisches Wechselspiel zwischen Licht und Schatten, das auch auf das Skelett fiel.
    Es war ein Skelett, kein Zombie.
    Aber ein verändertes.
    Melina hatte ihren Vater angezogen. Der Tote trug seine Sonntagskleidung, einen schwarzen Anzug mit feinen, hellen Nadelstreifen. Er war noch nicht völlig verwest, und an manch tiefer liegenden Stellen des Gesichts, waren Klumpen zu erkennen, die einen widerlichen Verwesungsgeruch abgaben.
    Melina hatte den Toten auf einen Stuhl gesetzt, die knöchernen Klauen lagen auf den Lehnen, und die blanken Knochenfinger hatten sich um deren Rand gekrallt.
    Mary Sinclair kam es vor, als würde das Skelett sie angrinsen. Das lag an der Mundform und an den noch immer im Oberkiefer steckenden Zähnen.
    Mary stöhnte vor Angst und Grauen, während Melina kicherte. Sie war neben dem Skelett stehengeblieben und wiegte ihren Kopf, als würde sie eine ferne Melodie hören.
    »Siehst du ihn?« hauchte sie. »Das ist er. Das ist mein Daddy. Auch wenn er nicht mehr mit mir sprechen und singen kann, ist er noch schön.« Sie nickte. »Ja, er ist sehr schön. Ich singe ihm jetzt immer mein Lied vor. Willst du es hören?«
    Mary Sinclair schwieg, während eine Gänsehaut über ihren Rücken jagte und sie vor Angst anfing zu zittern.
    »My Bonny is over the Ocean - my Bonny is over the Sea…« Das Mädchen sang, und es tanzte dabei, drehte einen Reigen vor dem Skelett, wobei ihr Gesicht einmal vom Licht berührt wurde und dann wieder im tiefen Schatten lag, so daß der
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