Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
0168 - Die Teufels-Dschunke

0168 - Die Teufels-Dschunke

Titel: 0168 - Die Teufels-Dschunke
Autoren: Jason Dark
Vom Netzwerk:
roten Schlange lebte weiter. Und es gab im alten China noch Menschen, die an die rote Schlange glaubten. Viele Geheimbünde hat es im Laufe der Zeit gegeben. Manche sind ausgestorben, andere nicht. Dazu gehörte die rote Schlange. Jetzt, heute, erlebt sie die Widerauferstehung. Die Menschen haben sich wieder an sie erinnert, die rote Schlange ist auferstanden und wird ihren Siegeszug fortsetzen, das ist gewiß. Die Diener haben sich gefunden und zusammengeschlossen, so wie ich damals die Schlange beschworen habe, so beschworen sie mich, und wir kehrten zurück. Meine Getreuen und ich, die Kopflosen, die nicht verwesten, sondern ein untotes, unheilvolles Leben führten.«
    Shao hatte zugehört. Sie glaubte Tschu Wang jedes Wort. Das war ja schrecklich, was dieser Dämon ihr da sagte. Sie selbst kam sich plötzlich unsagbar klein und hilflos vor. Erst in den letzten Minuten hatte sie erkannt, wie mächtig dieser Tschu Wang war.
    »Und was willst du jetzt?« fragte sie.
    »Die Macht. Eine Macht über Menschen und Städte. Daß ich in London bin, ist Zufall. Ebensogut hätte die Beschwörung auch in meiner alten Heimat durchgeführt werden können. Es wäre mir sogar lieber gewesen, aber ich nehme es, wie es kommt. Bald wird es dunkel sein, und dann verläßt die Teufelsdschunke dieses Bootshaus, um nach London hineinzufahren. Wir werden an Land gehen, und Angst und Schrecken verbreiten. So will es mein Plan, so führe ich ihn durch. Hast du verstanden, kleine Shao?«
    Die Chinesin nickte. Ihr lag eine Frage auf der Zunge, sie traute sich aber nicht, sie zu stellen. Statt dessen erriet Tschu Wang ihre Gedanken.
    Er lachte. »Ich weiß, was du sagen willst. Und ich werde dir eine Antwort geben, obwohl du die Frage nicht ausgesprochen hast. Du wirst mein Opfer sein. Dich werde ich verschlingen, um noch mehr an Kraft und Stärke zuzunehmen: Hast du verstanden?«
    Shao nickte.
    »Oder stellst du dich auf meine Seite?«
    Sie schwieg.
    Da lachte Tschu Wang. »Nein, du wirst dich nicht auf meine Seite stellen, das sehe ich dir an. Deshalb muß ich so reagieren. Dein Tod ist gewiß. Ich weiß nur noch nicht, wann ich dich umbringe.« In den kleinen Schlangenaugen leuchtete es auf, der Oberkörper pendelte hin und her. Er näherte sich der angststarren Shao, die mit Schrecken auf das aufgerissene Maul schaute und die lange Zunge, die aus dem Rachen hervorschoß.
    Der Tod sollte sie packen.
    Shao zitterte.
    Dann wurde sie gepackt. Bevor sie überhaupt reagieren konnte, hatte sich der Oberkörper um sie gewickelt, und Shao wurde von einer gewaltigen Kraft hochgehoben. Jetzt merkte sie deutlich, wie hilflos sie eigentlich war. Sie schwebte in der Luft, fühlte den Druck des Schlangenleibes, der sich noch mehr wand und drehte, und sah plötzlich das weit aufgerissene Maul dicht vor ihrem Gesicht.
    Wie ein Schlund kam es ihr vor.
    Die Zunge fuhr heraus. Giftgrün, gespalten, klebrig. Das merkte Shao, wie sie gegen ihr Gesicht klatschte und plötzlich auf ihrer Haut lag.
    Sie zuckte, ekelte sich, und die Angst, von dem Maul verschlungen zu werden, wurde übermächtig. Plötzlich waren die Schatten da. Sie kamen so schnell, als würde jemand eine Decke über sie stülpen.
    Tschu Wang und alles andere verschwammen vor ihren Augen, und Shao wurde zum zweitenmal an diesem Tag ohnmächtig.
    Tschu Wang paßte das nicht. Er hätte sehr gern noch mit seinem Opfer gespielt. Statt dessen legte er es zu Boden und löste auch seinen Griff. Dann erhob er sich und schritt durch den Raum, wobei der Oberkörper hin- und herschwang.
    Er verließ den Raum durch die Tür, die in die Kammer führte, wo die Geköpften lagen.
    Shao blieb allein zurück.
    Und irgendwann wurde sie wieder wach.
    Da war einiges anders.
    Shao befand sich allein in dem Raum. Sie war zwar dort, wo sie auch mit Tschu Wang gesprochen hatte, doch der Thron oder Stuhl war leer. Der Schlangenköpfige hatte sie allein gelassen.
    Shao richtete sich auf. Sie erinnerte sich an das Gespräch mit diesem Dämon, und sofort kehrte auch die Angst wieder zurück.
    Tschu Wang hatte davon gesprochen, daß die Teufelsdschunke während der Nacht auslaufen sollte.
    Deshalb schaute sie zur Uhr.
    Da erschrak sie abermals.
    Wenn die Zeiger sie nicht getäuscht hatten, war es bereits dunkel, aber Shao merkte nichts davon, daß die Dschunke Fahrt aufgenommen hatte. Nach wie vor lag sie ziemlich ruhig auf dem Wasser.
    Das änderte sich in den nächsten Minuten. Gedämpft nur drangen Stimmen an ihre Ohren.
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher