Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
0161 - Zamorras Sarg

0161 - Zamorras Sarg

Titel: 0161 - Zamorras Sarg
Autoren: Werner Kurt Giesa
Vom Netzwerk:
einen Professor, einen Akademiker, denken, der ihn zum erstenmal sah. Professoren stellte man sich dank zahlloser Karikaturen stets bebrillt, fast kahlköpfig und etwas vertrottelt vor. Zamorra war alles andere.
    Nicole Duval, Privatsekretärin, »Zusatzgedächtnis« und Lebensgefährtin, war seine ideale Ergänzung. Ein aufregend schönes Mädchen, das zudem noch über eine Menge Intelligenz und Mut verfügte. Die diversen Eigenheiten, die sie besaß, hatte Zamorra langst akzeptiert.
    Er konnte sich einfach nicht vorstellen, wie Nicole auf den Trichter gekommen war, ihn für einen Vampir zu halten. Auch eine magische Beeinflussung war höchst Unwahrscheinlich. Château Montagne, im schönen Loire-Tal gelegen, war ein Bollwerk weißer Magie, hundertfach abgeschirmt und gesichert. Nicht einmal Satan persönlich hätte die Sperren durchbrechen können, um so rätselhafter war dieses Phänomen für Zamorra.
    Er sah auf die Uhr. Null Uhr neunundzwanzig, teilten ihm die Digitalziffern mit. Im Château verband sich das Alte mit dem Neuen in einer geglückten Synthese, in neunhundert Jahre alten Mauern steckte modernste Technik, und der Architekt, der seinerzeit das Schloß entworfen hatte, mußte ein Genie gewesen sein, weil die Raumgestaltung selbst modernsten Ansprüchen genügte.
    Eine halbe Stunde nach Mitternacht… Geisterstunde! Von Zwölf bis eins waren aus unerfindlichen Gründen die Mächte des Bösen am Stärksten. Und genau in diese Zeit hinein fiel Nicoles Amoklauf!
    Gab es Zusammenhänge?
    »Nici…« sagte Zamorra leise. »Ich habe eine große Bitte an dich, und ich hoffe, daß du sie mir nicht abschlägst.«
    Ihre Augen waren groß, und die goldenen Tupfen darin zeugten von der unterschwelligen Erregung, die sie im Griff hielt.
    »Du möchtest mich ausloten, ja?«
    Zamorra nickte. »Wenn du es gestattest. Aber es ist zu unserer eigenen Sicherheit. Vielleicht wiederholt sich die Aktion…«
    »Ja«, sagte Nicole flach. »Ich weiß.« Sie schloß die Augen. Zamorra spürte, wie sie ihren Geist öffnete.
    Langsam begann er zu tasten, versuchte mit ihr in telepathischen Rapport zu kommen. Ihre Bewußtseine berührten sich. Zamorras Para-Kräfte waren nur schwach ausgeprägt, aber sie reichten aus.
    Der Kontakt kam.
    Im nächsten Augenblick flammte ein greller Blitz in Zamorra auf. Er fühlte, wie er von einer übermächtigen Kraft erfaßt wurde, fühlte sich durch die Luft geschleudert. Rasend schnell kam die Wand auf ihn zu, und da krachte er auch schon dagegen, schlug mit dem Kopf an. Lautlos sank er zu Boden und rührte sich nicht mehr.
    ***
    Ein lautloses Lachen entrang sich dem Mund des hageren Mannes. Er schüttelte sich förmlich in seinem Triumph, und in seinen Augen glomm es grell auf. Augen, die nichts Menschliches mehr besaßen.
    In einer kristallenen Kugel hatte er alles verfolgt. Er stand am Berghang unter den Zweigen eines Baumes, und wenn er den Blick von der Kugel wandte, konnte er unter sich das am Hang liegende Château sehen. Ein Fenster war hell erleuchtet, aber auf die Distanz konnte er nichts erkennen, doch die Kugel zeigte ihm alles.
    Abermals kicherte der Hagere. Schwarz wie die Nacht war er gekleidet, und sein Gesicht war fahl wie der Mond. Grellrot stachen die Lippen daraus hervor, grausam dünn.
    »Warte«, flüsterte er heiser. »Meine Stunde kommt. Sie rückt immer näher, der erste Schritt ist getan!«
    Wieder schüttelte er sich vor lautlosem Lachen. In seinem entmenschten Gehirn brannte die Fackel der Hölle. Sein Gegner stand kurz vor der Vernichtung. Nicht mehr lange und…
    Die Falle konnte aufgespannt werden.
    Plötzlich schrumpfte die kristallene Kugel in seinen Händen, wurde zu einer kleinen Murmel, die der Hagere fast achtlos in einer Tasche seiner schwarzen Kleidung verschwinden ließ. Dann breitete er die Arme aus.
    Innerhalb von Sekundenbruchteilen entstanden große Flughäute. Er federte kurz in den Knien, stieß sich ab, und dann trugen ihn die Flughäute sicher durch die Luft. Hin und wieder stieß er einen Orientierungsschrei im Ultraschallbereich aus.
    Eine gigantische Fledermaus kreiste über Château Montagne.
    ***
    Nicole vernahm den klagenden Schrei der Fledermaus, der beantwortet wurde von einem neuerlichen Donnerschlag. Im Loire-Tal tobte sich das Gewitter aus, wurde vom Wind gegen den Hang getrieben und konnte nicht ausweichen.
    Ein kalter Schauer überlief ihren Rücken. Eine Fledermaus - hier, so nah beim Château, daß man sie hören konnte? Fledermäuse
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher