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016 - 30 Meilen unter dem Meer

016 - 30 Meilen unter dem Meer

Titel: 016 - 30 Meilen unter dem Meer
Autoren: Timothy Stahl
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Stiefel reichten ihr bis zu den Schenkeln ihrer traumhaft langen Beine. Und das flackernde Licht der Blitze brach sich funkelnd auf dem Kruzifix, das sie sich umgehängt hatte.
    Ein Geschenk des Himmels, dachte Matt. Das ist sie… ein Geschenk Gottes! Und es war ihm herzlich egal, welcher Gott sie ihm geschickt hatte.
    Er ging zu ihr, nahm sie in die Arme, zog sie an sich und Aruula löste sich aus seinem Griff, mit einer katzenhaften und doch wie zufällig wirkenden Bewegung.
    »Du hattest es eilig, Maddrax«, sagte sie ohne jeden Spott im Ton. »Also lass uns keine Zeit verlieren.« Dann wandte sie sich um und betrat als Erste den dunklen Schlund im Leib der Erde, wurde eins mit dem Dunkel.
    Und wenngleich Matt wusste, dass Aruula lediglich seinem Blick entschwunden und tatsächlich nur ein paar Schritte entfernt war, kam er sich doch unendlich verlassen und verloren vor, einsam geradezu - und wie ein Idiot.
    ***
    Gespenstisch.
    Anders konnte Matt die Atmosphäre, die sie beide eingefangen hatte, nicht bezeichnen.
    Jeder Laut, den sie verursachten, hallte von den Tunnelwänden wider, scheinbar endlos. Und so entstand der Eindruck, als sei da mehr als nur ihre Geräusche.
    An den Wänden wuchsen Moose und Pilzgeflechte, wie Matt sie nie zuvor gesehen hatte. Manche von ihnen glommen in fluoreszierendem Licht und tauchten den Tunnel über weite Strecken in teils schwefliges, teils giftig grünes Licht. Unangenehme Helligkeit, weswegen Matt eine der Fackeln entzündet hatte, die sie auf ihrem Weg von Brüssel nach Calais bei einem fahrenden Händler erstanden hatten.
    Feuchtigkeit rann an den Wandungen herab, tropfte von der Decke und hatte sich hier und da zu Pfützen, aber auch zu kleinen Tümpeln gesammelt.
    In der Luft hing ein Geruch, der Matt an einen Hafen erinnerte. Salzig, fischig.
    Die Zugangsöffnung des Tunnels war längst im Dunkel hinter ihnen verschwunden.
    Jetzt bewegten sie sich wie durch eine andere Welt, die mit der draußen nichts gemein zu haben schien. Sie waren bislang allenfalls ein paar Meilen weit in den Tunnel vorgedrungen, dennoch hatte Matt das Gefühl, die Außenwelt sei unerreichbar fern.
    Wie lang war der Tunnel? Etwa fünfzig Kilometer. Das waren, über den Daumen gepeilt, dreißig Meilen. Eine ziemliche Strecke, wenn man sie zu Fuß zurücklegen musste.
    Eigentlich hatte er gehofft, auf dem Frekkeuscher reiten zu können. Aber diese Hoffnung hatten die Sturmgewalten zunichte gemacht- oder die Götter, wie Aruula es wohl eher betrachtet hätte. Die Barbarin zeigte sich nach wie vor verschlossen und still.
    Die paar Worte, die sie seit dem Betreten des Tunnels von sich gegeben hatte, waren beinahe an den Finger zweier Hände abzuzählen.
    Aber mittlerweile münzte Matt die Schweigsamkeit seiner Gefährtin nicht mehr auf sich.. Der Tunnel selbst schien ihr aufs Gemüt zu schlagen. Ihre Miene ließ kaum Zweifel daran, dass sie sich hier drin im höchsten Maße unwohl fühlte. Was wiederum daran liegen mochte, dass sie ein Leben unter freiem Himmel gewohnt war. Kein Wunder, dass ihr der Tunnel, seiner Größe zum Trotz, drückend eng erscheinen musste.
    Auch Matt konnte sich von diesem Unwohlsein nicht freisprechen. Aber die Aussicht, am jenseitigen Ende des Channel Tunnels England zu erreichen und die Communities London und Salisbury ausfindig zu machen - die Menschen, die dort lebten und die ihm ähnlicher sein mussten als alle anderen, auf die er bisher in dieser Zeit getroffen war! -, erfüllte ihn mit einer fiebrigen Spannung und Freude, die alle Beklemmung aufwog.
    »Auf die Knie!«
    Aruula rief, und Matt gehorchte, ohne zu überlegen oder gar dumm zu fragen. Er ließ sich auf die Knie fallen, als seien ihm die Unterschenkel weggesäbelt worden.
    Über ihm schnitt etwas Flirrendes fauchend durch die Luft. Dann ein leises Geräusch, ein Knacken und Klatschen.
    Jetzt warf Matt einen knappen Blick über die Schulter zurück. Gerade noch rechtzeitig, um zu sehen, wie Aruula ihren Schwertstreich beendete. Beidhändig hielt sie die Waffe, die Klinge wies schräg nach oben, Aruula selbst stand wie zum Sprung bereit da, die Knie leicht gebeugt.
    »Was… was war denn?«, fragte Matt verdutzt.
    »Das da«, sagte Aruula nur, und wies mit einem Blick auf den Boden neben Matt.
    Im Fackellicht sah er die Überreste einer Spinne (oder in jedem Falle eines vielbeinigen Dinges von der Größe einer Männerhand - der Hand eines sehr großen Mannes!). Glibbrige Substanz quoll aus den Hälften des
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