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0145 - Turm der toten Seelen

0145 - Turm der toten Seelen

Titel: 0145 - Turm der toten Seelen
Autoren: A.F. Morland
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eilig.«
    »Dieses Boot ist für alle da, Ireen. Sie dürfen es nicht nehmen.«
    »Befürchten Sie nicht, daß ich Sie auslache, Gene? Sie haben ja ulkige Ansichten. Denken Sie denn, ich schere mich - nach alldem, was vorgefallen ist - noch darum, wem dieses Boot gehört? Sie sagen, es ist für alle da. Okay. Dann ist es auch für mich da. Und ich benutze es. Ich gebe zu, die anderen hätten dasselbe Recht dazu. Aber tun sie es? Nein. Sie sind vernagelt, glauben, Hannah Salem die Stirn bieten zu können, und begreifen nicht, daß sie langst nichts mehr zu melden haben. Hannah Salem macht mit ihnen, was sie will. Und diese Narren bleiben trotzdem im Turm. Das kann ich nicht verstehen, Gene. Wo bleibt denn der gesunde Selbsterhaltungstrieb dieser Leute? Haben sie ihn ebenso verloren wie ihren Verstand?«
    »Dieses Boot ist unsere einzige Chance, von hier zu verschwinden, wenn es kritisch wird, Ireen«, entgegnete Sims.
    »Es ist auch meine einzige Chance, Gene. Die anderen wollen ja gar nicht fort.«
    »Vielleicht müssen wir morgen alle von hier weg. Kann sein, daß Hannah Salem uns in die Flucht schlägt. Dann wird dieser Kahn zu unserem Rettungsboot. Wenn Sie ihn uns aber nehmen, berauben Sie uns jeder Chance.«
    »Hören Sie, ich lasse mich von niemandem abhalten, auch von Ihnen nicht, Sims. Fahren Sie meinetwegen mit mir, aber hindern Sie mich nicht daran, endlich abzulegen. Das würden Sie nicht überleben.«
    »Sie werden nicht fahren!«
    »Vorsicht, junger Mann! Ich habe eine Pistole.«
    »Nehmen Sie Vernunft an!«
    Ireen Tool lachte verächtlich.
    »Ich war in meinem ganzen Leben noch nie so vernünftig wie jetzt. Ich bin keine Selbstmörderin, Gene. Ich habe vom Leben noch einiges zu erwarten. Mir macht es keinen Spaß, mich von dieser verdammten Hexe auf irgendeine grausige Weise umbringen zu lassen. Ich will leben. Und ich werde leben, weil ich von hier verschwinde. Hannah ist nur sauer auf die, die bleiben. Mit Recht, wenn Sie mich fragen. Also, was ist? Kommen Sie mit?«
    »Nein, Ireen.«
    »Dann runter vom Kahn, Gene!«
    »Geben Sie mir die Pistole!« verlangte Sims. Er streckte den Arm aus. Ireen Tools Blick verriet gefährliche Entschlossenheit. Ihr Mund wurde zu einem schmalen Strich. Sims machte einen vorsichtigen Schritt auf sie zu. Er schaute ihr fest in die Augen, schien zuversichtlich zu sein, daß sie nicht abdrücken würde. »Her mit dem Ding, Ireen!«
    »Wenn Sie noch einen Schritt weitergehen, sind Sie dran, Gene!« zischte das Mädchen.
    Sims hätte diese Drohung ernst nehmen sollen. Ireen war mit den Nerven am Ende, so daß sie vor nichts mehr zurückschreckte, um ihr Ziel zu erreichen.
    Sims machte den verhängnisvollen Schritt.
    Da drückte das Mädchen ab.
    Die grelle Leuchtkugel sauste dem Mann entgegen. Er warf brüllend die Arme hoch, kippte nach hinten, fiel über die Reling und klatschte ins Wasser, wo er in derselben Sekunde versank.
    ***
    Ireen Tool wurde kopflos. Sie schleuderte die Pistole hinter Gene Sims her. Mit vibrierenden Nerven startete sie den Motor. Als er aufheulte, gab sie Gas und ließ den Kahn in die schwarze Nacht hineinschießen. Wasser spritzte ihr ins Gesicht. Der Fahrtwind zerzauste ihr tizianrotes Haar. Sie blickte sich nicht nach dem Leuchtturm um, denn sie war der Meinung, daß das Unglück bringen würde. Ihr Blick war starr geradeaus gerichtet, ihre Seele in Aufruhr. Ireen hatte einen Mord begangen. Nun war auch sie zur Mörderin geworden. Sie verwünschte Sims im Geist, denn er hatte sie gezwungen abzudrücken. Sie hatte ihn oft genug gewarnt. Aber er nahm sie ja nicht ernst.
    Mit Höchstgeschwindigkeit fegte das Boot über die schwarzen Fluten. Der Motor brüllte ohrenbetäubend laut. Mit verkrampften Fingern hielt Ireen das Steuer fest. Ihr Ziel war das Festland.
    Plötzlich kam eine gewaltige Woge auf das Boot zu. Eine schreckliche Sturzflut, buchstäblich aus dem Nichts geboren. Hoch aufgetürmte Wassermassen, blutrot gefärbt, so hoch wie ein zehnstöckiges Gebäude. Eine schreckliche Wasserwand. Hoch oben hatte sich schneeweiße Gischt gebildet. Und auf dieser Schaumkrone prangte übergroß Hannah Salems Gesicht, kreischte, schrie und lachte.
    Da wußte Ireen Tool, daß ihre Flucht ein schreckliches Ende nehmen würde. Und ihr wurde klar, daß Gene Sims für nichts gestorben war, daß sie einen ganz und gar unnützen Mord begangen hatte.
    Der Gedankenfaden riß…
    Die mächtige Woge schlug auf den Mädchenkörper und begrub ihn unter sich. Ireen
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