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012 - Die Sekte des Lichts

012 - Die Sekte des Lichts

Titel: 012 - Die Sekte des Lichts
Autoren: Jo Zybell
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es ihr beigebracht, die Hauptfrau Sorbans, des Hordenführers. Die Worte wollten ihr nicht mehr alle einfallen, also lallte sie sinnlose Silben und ergötzte sich an der Melodie. Ihr Kopf war schwer und fühlte sich an wie ein feuchter Fellknäuel. Sie konnte sich kaum noch auf den Beinen halten.
    Seit Tagen hockte sie in einem riesigen Saal, der sie an die Arena erinnerte, die sie in Rooma gesehen hatte. Fackeln brannten an den Wänden. Sechs bewaffnete Soldaten standen um sie herum. Auf einem erhöhten Podest erschienen hin und wieder Gestalten in hellgrauen Kutten und beobachteten Aruula. Manchmal erkannte sie die roten Unterkleider der Suprapas. Und einmal auch den schwarzen Umhang und das violette Gewand des Kardinals mit dem Wappen der Bruderschaft.
    Aruula winkte ihnen jedesmal zu. »Heil dem Kaadinarl!«, lallte bei solchen Gelegenheiten, und: »Heil un Fieden, Papagaldy…is alles guut, oda…?«
    Direkt vom Schwarzen Dom aus hatten die Soldaten und die Graukutten sie hierher gebracht. In das Stufenhaus mit dem Wellendach. Ins Haus der Bruderschaft. War es vier oder fünf Tage her? Aruula hatte jegliches Zeitgefühl verloren. Seitdem wurde sie rund um die Uhr bewacht. Niemand tat ihr etwas an. Sie wurde sogar fürstlich bewirtet - alle vier Stunden erschienen vier Graukutten und brachten Speisen: Fisch und Lischetten und Wisaau-Lendchen und Früchte und so weiter. Und sie brachten Krüge voller Coelsch…
    Sie sprachen nicht viel mit ihr. Und wenn sie etwas sagten, verstand Aruula den Sinn nicht. Meistens döste sie in einem Dämmerzustand vor sich hin. Manchmal begann die düstere Arena sich um sie zu drehen. Auch die Soldaten drehten sich dann. Aruula fand das lustig und krähte vor Vergnügen.
    Auch in ihrem Kopf drehten sich Gedanken und Bilder im Kreis. Manchmal befiel sie zwar für kurze Zeit die dunkle Ahnung, dass ihr Zustand gefährlich sein könnte, dass es vielleicht besser wäre, klar denken und flüchten zu können. Doch länger als für wenige Sekunden konnte sie solche Gedanken nie festhalten.
    Immer wenn die Kapuzenmänner auf dem Podest erschienen, zogen die Worte des Kardinals durch das Chaos in ihrem Kopf: Die Heiligen Drei haben dich auserwählt…
    Aruula hatte keinen Schimmer, was das bedeuten könnte.
    ***
    »Taratzenarsch! Betrüger! Wo ist mein Gefangener?« Haynz schüttelte seine kleinen Fäuste. Durch seine verängstigten Männer hindurch schaukelte er an den Rand des Lagers. Dort wartete Rulfan. Pulverdampf senkte sich auf ihn und seinen Lupa herab. Er hatte einen Schuss aus seiner Shotgun abgegeben. Die Soldaten wagten nicht ihn anzugreifen.
    »Ich habe nachgedacht, Hauptmann von Dysdoor.« Rulfan schlug einen versöhnlichen Ton an. »Wir sind Verbündete. Es ist nicht fair von mir, deinen Gefangenen zu behalten.«
    Als wäre er gegen ein unsichtbares Hindernis gerannt, blieb Haynz stehen. Er sperrte den Mund auf und schnappte nach Luft. Sein lauernder Blick hetzte zwischen Rulfan und den Streitern hin und her. Juppis und die Anderen standen nicht weit hinter ihrem Führer. Keiner hatte sein Kurzschwert gezogen, keiner seine Armbrust angelegt.
    »Kluger Rulfan! Kluger Rulfan!« Ein Strahlen ging über das Gesicht des Dicken. Er trug seine rote Kriegsbemalung, grüne Pluderhosen und einen grünen Umhang. Seine Horden hatten wie üblich Schwarzgelb angelegt. »Und? Wo isser? Wo?«
    »Ich wollte ihn dir ausliefern.« Rulfans ruhige tiefe Stimme dröhnte über das Lager der Dysdoorer. Sie hatten etwa hundert kleine blaue Zelte aufgeschlagen. »Doch eine starke Abteilung Coelleni-Soldaten hat uns überfallen. Wir mussten uns zurückziehen. Sie haben den Eisenvogelflieger geraubt. Er ist jetzt in Coellen.«
    »Siehst du? Siehst du?« Haynz stampfte wütend in den Waldboden. »Das hast du davon ! Das ist die Strafe!« Er schaukelte auf Rulfan zu, stellte sich auf die Zehenspitzen und betätschelte dessen Schulter, als müsste er ihn beruhigen. »Aber gut, dass du dich entschuldigst. Gut, sehr gut! Und ihr werdet uns helfen, den Gefangenen aus der Stadt zu holen?« Seine Gestalt straffte sich; er bemühte sich um eine drohende Haltung. Wulf knurrte ihn an. Er sprang erschrocken zur Seite.
    Rulfan nickte. »Ja.« Der dicke Bursche hatte genau so reagiert, wie Rulfan es erwartet hatte. »Das bin ich dir schuldig, Hauptmann…«
    ***
    Es waren nicht mehr als ein paar Kilometer vom Stadion bis zur westlichen Stadtmauer. Aber es wurde ein Tagesmarsch daraus. Ständig stießen sie auf
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