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012 - Die Sekte des Lichts

012 - Die Sekte des Lichts

Titel: 012 - Die Sekte des Lichts
Autoren: Jo Zybell
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Sicherheitsleute um das Ding herum. Eiszapfen klebten in ihren struppigen Haaren. Ihre Fellmäntel waren voller Schnee. Eiskalter Wind fegte durch das offene Südportal herein.
    »Wo haben die Düsseldorfer es her?«, blaffte Vittoris.
    Die Männer zuckten mit den Schultern.
    »Gefunden.«
    Vittoris bückte sich ächzend. Seine ausgemergelte Hand fuhr über die Oberfläche des Kristalls. Eiskalt und glatt fühlte er sich an. Er war fast oval. Der untere Pol war breiter als der obere. Wie ein riesiges Ei.
    »Fackeln runter!« Die Sicherheitsleute senkten die Fackeln. Vittoris konnte Andeutungen einer kristallinen Struktur unter der glattgeschliffenen Oberfläche erkennen. Tief im Inneren glomm ein mattes grünliches Licht.
    Vittoris Nackenhaare stellten sich auf. Das Ding war ihm unheimlich. Er richtete sich auf und betrachtete es misstrauisch. Weg damit, sagte eine Stimme in ihm, weit weg.
    »Schafft es nach unten«, hörte Vittoris sich sagen. Er wandte sich ab. Immerhin ist es interessant, dachte er. Ich bin Wissenschaftler, ich muss es untersuchen… Er wusste genau, dass er Gründe suchte, um seine Entscheidung vor sich selbst zu rechtfertigen. Und er wusste auch, dass etwas nicht stimmte mit diesem Kristall.
    Später lag das Ding auf dem Steintisch im Labor. »Ein Geschenk Gottes«, säuselte Josef IV. Der bucklige Chrysler und Gates standen vor dem RV-Perfusor und schnallten Daimler los. Inzwischen bedienten sie die Anlage selbstständig. Und so perfekt wie Vittoris selbst.
    »Ein Geschenk Gottes«, wiederholten die Sicherheitskräfte und Josefs Helfer im Chor.
    »Amen«, knurrte Vittoris. In Josefs Gegenwart kam er sich manchmal vor wie in einer Messe. Seine Gefolgsleute quatschten ihm jeden Unsinn nach. »Wir haben ihn den Düsseldorfern geklaut«, sagte er trocken. »Und dass die ihn von Gott geschenkt bekommen haben, ist mehr als unwahrscheinlich.«
    Die drei Halbwüchsigen drängten sich durch die Sicherheitsleute an den Steintisch.
    »Wie schön!«, schrie der schwarze Chrysler. Er riss sich eine Teufelsmaske vom Gesicht. Alle drei hatten sie sich verkleidet, trugen Schellenkappen und bunte Kostüme. Ein alter Mönch hatte den Burschen von Karneval und den Rosenmontagsumzügen erzählt. Alle drei fuhren auf diesen närrischen Blödsinn ab.
    Chrysler betastete den Kristall. »Fi fön!«, brabbelte er. Speichel triefte aus seiner Lippenspalte. Er kicherte. Von Tag zu Tag widerte er Vittoris mehr an. Alle drei widerten ihn an.
    Der massige Daimler legte seinen Oberkörper auf das unheimliche Ding. Der blonde Hüne überragte Vittoris inzwischen um einen halben Kopf. »Au ja, au ja!« Er presste sein Blumenkohlohr gegen die Oberfläche, als würde er lauschen. »Spaß werden wir haben! Spaß, Spaß, Spaß…«
    Irgendetwas passierte mit dem Ding! Das grüne Licht im Zentrum der Struktur schien plötzlich zu pulsieren. Vittoris trat einen Schritt zurück. »Weg da! Weg von dem Ding!«
    Niemand hörte auf ihn. »Ein Geschenk Gottes!«, seufzte der Kardinal. »Ein Geschenk Gottes«, echote sein Anhang.
    »Ein Geschenk für Gates, Chrysler und mich!« Der blonde Daimler rieb sein grobschlächtiges Idiotengesicht an dem Kristall.
    Seine Schielaugen blickten angriffslustig in die Runde.
    »Nicht so.« Josef IV. hob den Zeigefinger, als wollte er drohen. Dabei versuchte er ein strenges Gesicht zu machen. »Kaspar, Melchior und Balthasar- so heißt ihr!«
    »Gates, Chrysler und Daimler!«, krähte der Schwarze. Vittoris sah ein Funkeln in seinen Glubschaugen, das er nie zuvor wahrgenommen hatte. Und aus dem Inneren des Kristalls pulsierte grünliches Licht. Lass ein Loch ins Eis schlagen, raunte ihm seine innere Stimme zu, versenke es im Rhein…
    »Schafft es nach oben…« Es fiel Vittoris unglaublich schwer, diesen halben Satz auszusprechen. Und weiter kam er auch nicht.
    »Schafft es in unsere Kammer!«, dröhnte Daimler. »Ein Gott hat es uns geschenkt, es gehört uns.«
    Vittoris wollte widersprechen. Aus irgendeinem ihm selbst nicht begreiflichen Grund unterließ er es.
    Von diesem Tag an veränderten sich Chrysler, Gates und Daimler. Sie wurden störrisch und verschlossen und noch aggressiver.
    Und noch etwas veränderte sich: Das Gebräu, das Josefs Leute aus den Unmengen Ableitungswasser herstellten, das der RV-Perfusor ausschied. Es war, als würde das Getränk den Willen der Leute lahmen…
    ***
    Coellen, Jahrhunderte später
    Aruula lallte vor sich hin. Ein Lied aus ihrer Kindheit. Die alte Zurpa hatte
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