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011 - Sanatorium der Toten

011 - Sanatorium der Toten

Titel: 011 - Sanatorium der Toten
Autoren: Larry Brent
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Der Schatten der hohen Mauer fiel
dann jedesmal jäh in den öden, verwilderten Innenhof, wurde zu einem bizarren
Etwas, das tausend Deutungen zuließ und manchmal sogar wie der riesige, überdimensionale
Schatten eines Menschen aussah…
    Roger fühlte
eine Bewegung neben sich.
    Isabell.
    »Was ist?«
flüsterte er und wunderte sich, daß er die Stimme dämpfte, trotz des Kraches,
der rundum herrschte, den Regen und Wind erzeugten.
    »Hoffentlich
ist es bald vorüber«, erwiderte sie und schmiegte sich wie eine Katze, die die
Wärme des Ofens suchte, an ihn. »Mir gefällt es hier nicht.«
    »Angst?«
fragte er, und seine Lippen wurden von einem Lächeln umspielt.
    »Keine Angst,
nein. Es ist mir nur etwas unheimlich in dieser Umgebung, das ist alles.«
    Merkwürdig.
Er wollte es sich nicht eingestehen. Aber ihm erging es genauso. Er hatte das
Gefühl, daß außer ihnen noch jemand hier war. Aber dieser Gedanke war natürlich
absurd. Dennoch konnte er ein leichtes Zusammenzucken nicht verbergen, als
Isabell plötzlich sagte:
    »Ich kann mir
nicht helfen, aber ich muß ständig daran denken, daß uns jetzt, in diesem
Augenblick, jemand beobachtet.«
    »Unsinn«,
entgegnete er rauh. »Die Umgebung und die Situation bringen einen auf solche
Gedanken.«
    Sie versuchte
zu lächeln, aber es gelang ihr nicht so recht.
    Ein
ungeheurer Donnerschlag ließ sie zusammenfahren. Das Grollen schien sich in den
Wänden und leeren, schuttbeladenen Räumen fortzusetzen. Der Boden unter ihren
Füßen erzitterte.
    Roger kniff
plötzlich die Augen zusammen. Etwas hatte sich verändert. Was war es? Er dachte
verzweifelt darüber nach, und plötzlich wußte er es wieder.
    Das Tor
vorne, er sah das Tor nicht mehr!
    Er preßte die
Lippen zusammen und beugte sich um den Mauervorsprung herum, so daß der Regen
in sein Gesicht spritzte. Er hatte gut ein Drittel des vorderen Tores sehen
können, jetzt aber sah er nichts mehr.
    Das konnte
nicht sein. Sicher täuschte er sich.
    Er schob
Isabell beiseite. »Einen Moment«, sagte er. »Ich bin gleich zurück. Es dauert
nicht lange. Etwas ist hier nicht in Ordnung.«
    Sie hielt den
Atem an. »Wie meinst du das, Roger?«
    »Es ist
nichts von Bedeutung, Isabell. Ich will nur Gewißheit haben, das ist alles.
Rühre dich nicht von der Stelle! Du wirst mich nicht aus den Augen verlieren.«
    Ohne ihren
Protest abzuwarten, rannte er in den strömenden Regen hinaus, durchquerte den
Innenhof, blieb auf halber Strecke stehen. Er konnte nicht fassen, was er sah.
Das alte, verrostete Tor, das weit offengestanden hatte, war fest verschlossen.
    Träumte er?
Narrte ihn ein Spuk?
    Er spürte mit
einem Mal den Regen nicht mehr, der seine Haut peitschte. Er stürzte auf das
Tor zu, riß und zerrte daran. Das verrostete Gitter klapperte, aber es ließ
sich nicht von der Stelle bewegen. Das große, schwere Schloß hielt beide
Torhälften zusammen.
    Siedend heiß
stieg es in ihm auf. Er wirbelte herum, warf einen Blick zu der Tür hinüber, an
der sich die Umrisse seiner Verlobten abzeichneten. Er winkte ihr zu und
schrie, daß er nur nach den Rädern sehen wolle.
    Dann bog er
auch schon um eines der kleinen Seitengebäude herum, näherte sich dem Tor,
durch das sie gekommen waren und hinter dem der Sevre Niortaise rauschte, unter
den heftig herabprasselnden Regenmassen schäumte und anschwoll.
    Der Wasserspiegel
reichte bis zum Toreingang, das Tor war verschlossen und die Räder waren
verschwunden!
    Ein leises
Stöhnen kam über Rogers Lippen.
    Das ging
nicht mehr mit rechten Dingen zu!
    Sie saßen in
der Falle. Aber das war es nicht, was ihn erschreckte. Selbst wenn beide Tore
verschlossen waren, bedeutete das noch lange nicht, daß es keine Möglichkeit
gab, an irgendeiner Stelle die Mauer zu erklimmen. Nur die Tatsache, daß er
sich dies alles nicht erklären konnte, entsetzte ihn. Er mußte zurück zu
Isabell, mußte bei ihr bleiben, mußte versuchen, ihr irgendeine Erklärung zu
geben – für das Rätselhafte, das sich hier ereignet hatte. Nein, rätselhaft war
nicht mehr der richtige Ausdruck. Dies hier war schon unheimlich.
    Er rannte
über den Hof und hetzte auf den dunklen Eingang des Hauses zu, in dem sie sich
aufgehalten hatten. Sein Atem flog, sein Herz pochte wie rasend, und der
Schweiß auf seiner Stirn mischte sich mit dem Regen und lief über sein
glühendes Gesicht.
    »Isabell«,
keuchte er und bog um den Türpfosten. Sein Herzschlag stockte.
    Er starrte in
die dunkle Nische, in der sie gestanden
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