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011 - Sanatorium der Toten

011 - Sanatorium der Toten

Titel: 011 - Sanatorium der Toten
Autoren: Larry Brent
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die
dunklen, rohen Treppen, die in die Tiefe eines Kellergewölbes führten. Und er
sah noch etwas anderes, in einer schmalen Bahn von Sonnenstrahlen, die durch
ein Loch in der Hauswand Eingang fanden, schimmerte das riesige Netz einer
Spinne. Das feine Gespinst hatte ursprünglich von der vorspringenden Decke bis
hinab zur obersten Stufe der Kellertreppe gereicht. Jetzt aber war das Netz
mehr als zur Hälfte zerrissen. Lose Fäden schwebten durch die Luft, wie unter
einem geheimnisvollen Hauch, und all dies wies darauf hin, daß hier vor wenigen
Augenblicken irgend jemand gewesen war…
    Chagan warf
in hohem Bogen die erloschene Havanna weg. Er näherte sich der Treppe, ging
hinab, sah den aufgewühlten Staub und erkannte deutlich Fußspuren.
    Es war jemand
hier, jemand, der sich verbarg, der sich ihm nicht zeigen wollte.
    Der
pensionierte Kommissar ging die Treppen hinunter, Stufe für Stufe, und mit
jedem Schritt in die Tiefe wurde es finsterer. Die rohen Wände strahlten Kälte
aus.
    Es raschelte
zwischen seinen Füßen, und drei fette Ratten krochen um ihn herum. Er mußte sie
mit Gewalt beiseitetreten.
    Chagan
verhielt in der Bewegung. Er fühlte, daß jemand in seiner Nähe war. Nur für den
Bruchteil einer Sekunde.
    An der Wand
zeichnete sich plötzlich ein großer, schwarzer Schatten ab, die unförmigen
Umrisse eines riesigen Menschen.
    Dann war die
Wand wieder grau, und die rohen, massiven Steine füllten sein Blickfeld aus.
    Von der
gegenüberliegenden Seite der Kellerwand fiel durch eine Mauerritze Tageslicht
in die Tiefe. Jemand hatte eben noch vor diesem Lichtschacht gestanden, und
sein Schattenbild war an die Wand, unmittelbar neben Chagan, geworfen worden.
    Das Gewölbe
rundum war leer. Der Boden schien das dunkle Etwas, das er deutlich
wahrgenommen hatte, verschluckt zu haben.
    Stille umgab
ihn, eine unheimliche, erdrückende Stille.
    Die Stirn des
Beamten bedeckte sich mit einer feinen Schweißschicht. Er wußte plötzlich, daß
es tatsächlich ein Geheimnis um dieses zerfallene Gemäuer gab, und er wollte
diesem auf der Spur bleiben.
     
    ●
     
    Zur gleichen
Zeit, knapp drei Kilometer vom Ort des Geschehens entfernt…
    Roger und
Isabell waren mit den Rädern unterwegs. Auf den Gepäckträgern schleppten sie
ein Zelt, Decken und etwas Proviant mit. Sie waren in St.-Jean-d’Angely
aufgebrochen und hatten die Absicht, mit den Rädern bis nach Angers zu fahren.
Das waren über 200 Kilometer.
    Sie hatten
sich vorgenommen, diesen ersten gemeinsamen Urlaub nach ihrer Verlobung so zu
gestalten, wie es ihnen gefiel. Sie wollten kein Hotel sehen, kein Gasthaus und
keine Pension.
    Sie zelteten,
wo es ihnen paßte, sie blieben, solange sie wollten und wo es ihnen gerade
gefiel.
    Nur eine
Grenze war ihnen gesetzt: In genau dreieinhalb Wochen mußte Roger wieder in
St.-Jean-d’Angely sein. Nach seinem Studium begann dann der Ernst des Lebens.
Er sollte das väterliche Geschäft übernehmen, einen Betrieb mittlerer Größe,
der als Zulieferer für die Elektroindustrie recht gute Chancen hatte, und Roger
war davon überzeugt, daß er in den nächsten drei Jahren den Betrieb auf fast
das Doppelte der bisherigen Kapazität erweitern konnte.
    Roger machte
eine besorgte Miene, als er den sich verdüsternden Himmel betrachtete. »Ich
fürchte, wir bekommen noch einen ordentlichen Regenguß ab, Isabell«, meinte er.
Er lenkte das funkelnagelneue Sportrad sicher um einen mächtigen Baumstumpf,
der weit in den Pfad hineinragte. Links neben ihnen strömte der Sevre
Niortaise. Auf der anderen Seite des Flusses und rechts neben ihnen dehnte sich
dichter Mischwald aus.
    Der Fluß trug
Schlamm, faulige Äste, aufgeweichtes Papier und Blattwerk mit sich.
    Eine Windbö
rauschte in den Wipfeln der dichtbelaubten Bäume. Der Himmel war plötzlich
pechschwarz. Die Bäume, eben noch von hellem Sonnenlicht angestrahlt, wirkten
jetzt dumpf und düster, wurden eins mit der Dunkelheit, die sich wie ein
schwerer Mantel über den Wald legte.
    Die Vögel
verstummten, der Fluß schien mit einem Male stärker zu rauschen, und sie
empfanden plötzlich jedes Geräusch in dieser Stille doppelt so stark wie zuvor.
    Roger erhob
sich aus seinem Sattel, trat fester in die Pedale. Seine Augen waren in
ständiger Bewegung. Er suchte nach einem günstigen Unterstellplatz. Die ersten
Tropfen klatschten schwer auf die beiden herab.
    Es wäre ein
leichtes gewesen, jetzt noch schnell das Zelt unter einem Baum aufzuschlagen,
um vor dem Regen vorerst
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