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011 - Sanatorium der Toten

011 - Sanatorium der Toten

Titel: 011 - Sanatorium der Toten
Autoren: Larry Brent
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sicher zu sein. Doch alles deutete darauf hin, daß es
ein Gewitter gab. Grelle, lange Blitze zuckten über den Horizont, und das
dumpfe, ferne Grollen kam rasch näher.
    Roger wollte
weg von den Bäumen. Vielleicht fand er noch rechtzeitig einen geeigneten Platz
am Rande des Ufers, in der Nähe eines Erdhügels, hinter dem er das Zelt
aufstellen konnte.
    Es fing
stärker an zu regnen. Der Boden wurde feucht. Roger warf einen Blick zurück.
Auch Isabell trat so schnell sie konnte in die Pedale. Sie war dicht hinter
ihm, lag halb über den Lenker gebeugt, und er hörte ihren Atem.
    Rechts
lichteten sich die Baumreihen ein wenig. Das Flußufer wurde breiter.
    »Wir werden
unmittelbar am Damm unser Zelt aufschlagen«, brüllte Roger zurück. Der Sturm
riß ihm die Worte von den Lippen. »Ich fürchte, daß der Wind noch stärker wird,
dann…«
    Er brach ab,
als er die schwarze, hohe Mauer sah, die sich hinter der Wegkrümmung, direkt am
Fluß, zeigte. Es war, als ob das Gemäuer wie eine riesige, erstarrte Echse aus
grauer Vorzeit aus dem Fluß wuchs und sich zu einem mächtigen Berg auf dem
trockenen Land erhob. »Das ist genau das, was wir brauchen. Dort unten machen
wir halt, Isabell. Eine bessere Gelegenheit finden wir weit und breit nicht…«
    Der Weg
führte noch einmal etwas aufwärts, und Roger hatte Gelegenheit, über die Mauer
zu sehen, die in einer Entfernung von ca. fünfzig Metern vor ihm lag.
    Er sah in den
Innenhof eines zerfallenen Gebäudes.
    Sie
erreichten die moosüberwachsene Mauer am Flußufer. Ein schmaler, feuchter
Sandstreifen lag zwischen ihr und dem Wasser. Wenn man um sie herumging, kam
man zu einem großen, verrosteten, weit offenstehenden Tor, das direkt zum Fluß
führte.
    Roger
erkannte die Situation sofort.
    »Wir stellen
uns drinnen unter. Komm, rasch!«
    Er nahm sein
Rad unter den Arm, eilte auf dem schmalen Sandstreifen an der Mauer entlang auf
das Tor zu und stellte das Rad ab.
    Es regnete in
Strömen. Roger hetzte zurück, ging Isabell entgegen, die sich mit dem schwer
bepackten Fahrrad abquälte. Es gelang ihr nicht, es zu tragen oder es neben
sich herzuschieben. Der Sandstreifen war zu schmal. Unmittelbar neben ihr
begann das flache, schlammige Flußbett.
    Völlig
durchnäßt erreichte Roger das Tor, lehnte das Rad an. Ihre Kleider, ihr Gepäck
und ihr Proviant waren in Folien verpackt. Sie machten sich jetzt nicht mehr
die Mühe, auch noch die Räder unterzustellen. Roger packte Isabell bei der
Hand, zog die zierliche Französin mit sich auf das düstere Hauptgebäude zu, das
zur Hälfte noch ein sicheres Dach trug.
    Und jetzt
öffnete der Himmel alle Schleusen. Die Wassermassen stürzten mit solcher Wucht
herab, daß regelrechte Fontänen vom Boden aufsprangen und den Hof, den sie
durchquerten, im Nu in einen See verwandelten.
    Es blitzte
und donnerte ununterbrochen. Eine Windbö trieb sie auf die Seite. Die beiden
stemmten sich dagegen erreichten klitschnaß einen der dunklen Eingänge,
stellten sich unter.
    Der Regen
trommelte auf das Dach, daß es dumpf durch die Ruine hallte. An vielen Stellen
waren die Ziegel undicht, und kleine und größere Rinnsale liefen über die
alten, grauen Wände, sammelten sich zu einer ausgedehnten Pfütze in dem
zentimeterdicken Staub oder zwischen den groben, unbehauenen Steinen, die hier
auf Schritt und Tritt zu kleinen Haufen zusammengetragen waren.
    Roger und
Isabell drückten sich in eine trockene Ecke. Die Finsternis wurde nur durch die
grellen Blitze, die den Himmel zum Glühen brachten, aufgehellt.
    Das Wasser
rauschte durch die leeren Fensterhöhlen, trommelte auf das Dach, der Wind pfiff
durch die Mauerritzen, und Ratten raschelten im Gebälk.
    Isabell
wischte sich mit der flachen Hand über das feuchte Gesicht. Der Regen tropfte
von ihren Augenbrauen und der Nasenspitze.
    »Ich muß
schrecklich aussehen«, flüsterte sie und strich das nasse Haar aus der Stirn.
    Roger lachte.
»Du siehst so gut wie immer aus.« Er preßte sie an sich, und sie fühlte seinen
warmen Körper unter dem nassen Hemd.
    Roger löste
sich wieder sanft von ihr, ging zum Ausgang. Sein Blick schweifte hinüber zu
dem zweiten Tor, das sich auf der anderen Seite des Hofes befand, und das er
nur zu einem Drittel sehen konnte. Das verrostete Gitter quietschte und
knirschte unter dem Druck des Windes in den alten, morschen Angeln.
    Aufmerksam
ließ er den Blick wandern, während die Regenmassen herabstürzten und zackige
Blitze den kohlenschwarzen Himmel spalteten.
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