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0101 - Die Menschentiger

0101 - Die Menschentiger

Titel: 0101 - Die Menschentiger
Autoren: Franc Helgath
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lautstark zum islamischen Glauben bekannte und von vier angetrauten Frauen und weiteren sechs Konkubinen erzählte, die ihm zusammen vierzehn Söhne geboren hätten, bestellte er eine Runde Bier, das es in Bangladesh offiziell nur für Ausländer zu kaufen gibt. Für den stolzen Preis von drei US-Dollar pro Dose.
    Über seine Töchter verlor District Governor Sarei Kulai Khan kein einziges Wort.
    Nach der zweiten Runde gab er sich noch leutseliger und schlug allen Ernstes vor, noch eine »private Runde mit Damen und Whisky« zu organisieren. Kon Siang hatte alle Mühe, ihm das wieder auszureden. Er brauchte eine halbe Stunde dazu. Genauso lange dauerte es auch, bis endlich eine Telefonverbindung nach Singapore hergestellt war.
    Er gab durch, was zu sagen war, und bekam für den nächsten Mittag eine Ersatzmaschine versprochen. Um alles übrige würde man sich über das Konsulat in der Hauptstadt Dacca kümmern. Kon Siang war froh darum. Von allen Kriegen war ihm der Behördenkrieg am meisten zuwider.
    Erleichtert kehrte er in den Coffee Shop zurück, wo District Governor Sarei Kulai Khan inzwischen friedlich in einem überbreiten Sessel eingeschlafen war und die Musicbox, aus der indischer Singsang floß, mit ruhigen Schnarchtönen in ihre Schranken verwies.
    Mit Zeichen verständigten sich Bill Fleming und Kon Siang, daß der Pilot anschließend noch zu Bill ins Zimmer kommen würde.
    Auch dort eine angenehme Überraschung. Die Klimaanlage surrte beruhigend, Moskitogitter ließen kaum einen Blick nach draußen zu. Bill machte trotzdem unten im Innenhof des atriumförmig angelegten Hotelgebäudes einen dunkel schimmernden Swimming-pool von den Ausmaßen eines Baseballfeldes aus.
    Auf einer Kommode stand eine unangebrochene Flasche Bourbon, daneben ein ziselierter Silberkübel mit Eis.
    Bill Fleming trank Bourbon sonst nur mit Eis. Diesmal verzichtete er darauf. In Mexiko hatte er einmal die Hälfte seines Urlaubs auf der Toilette verbracht, nur weil er Eis aus mexikanischem Wasser in seinen Drink getan hatte.
    Er kam gar nicht dazu, die Flasche aufzubrechen, als es schon dezent an seiner Zimmertür klopfte.
    »Come in.«
    Es war Kon Siang, und er schaute längst nicht mehr so fröhlich aus, wie er sich unten im Coffee Shop gegeben hatte. Seinem glatten Gesicht mit den hochangesetzten Wangenknochen nach war sein Alter kaum bestimmbar. Am wenigsten für einen Nordeuropäer oder einen Angelsachsen. Doch in seine Schläfen hatten sich feine Furchen gegraben, die Bill vorher noch nicht bei ihm gesehen hatte.
    Der Pilot ließ sich unaufgefordert in einen Sessel fallen und klatschte einen dünnen Ordner mit wenigen Blättern darin auf den Spiegeltisch. »Die Passagierliste«, sagte er und fuhr sich müde mit den Fingern durch das pomadisierte rabenschwarze; Haar, das wie die Kapuze Batmans an seinem, runden Kopf klebte. »Was soll ich Ihrer Meinung nach mit den beiden Namen machen? Sie wissen schon.«
    Bill konnte sich vorstellen, in welcher Klemme Kon Siang steckte. Die Passagierliste war per Telex schon längst nach Singapore durchgegeben. Andererseits durften in einer »Volksrepublik« wie Bangladesh nicht einfach zwei Menschen spurlos verschwinden. Sickerte das bis zu den Behörden durch, war es aller Voraussicht nach vorbei mit der bisher zur Schau gestellten und vermutlich sogar echten Herzlichkeit. In einer Stadt wie Chittagong war man für jede Abwechslung dankbar.
    »Okay«, sagte Bill. »Ich nehm’s auf meine Kappe. Ich werde Ihnen schriftlich bestätigen, daß Professor Zamorra und Miß Nicole Duval Ihr Flugzeug in Bombay überhaupt nicht bestiegen haben. Sie haben mich noch am Flughafen angerufen, sie würden später kommen, aber sie kamen nicht. Entspricht das Ihren Vorstellungen, Mr. Siang?«
    Schlagartig verschwanden die feinen Fältchen von den Schläfen des Piloten. Er grinste, doch sein Lächeln war keineswegs glücklich. Eher von tief empfundenem Mitgefühl umschattet.
    »Ihr Entgegenkommen löst leider nur meine augenblicklichen Probleme. Nicht die Ihren. Und es löst auch nicht das Rätsel um das Verschwinden von dieser hübschen Französin und ihrem Freund. Professor Zamorra?«
    »Ja. Das ist sein Name. Doch jetzt sind Sie dran, Mr. Siang. Ich habe Ihrer Erklärung über den Bordlautsprecher mit Interesse gelauscht. Sie haben sich wacker geschlagen. Wirklich. Nur war leider kein Wort wahr von dem, was Sie erzählten. Was ist wirklich im Cockpit geschehen? Sagen Sie jetzt bitte die volle Wahrheit. Ich
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