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0101 - Die Menschentiger

0101 - Die Menschentiger

Titel: 0101 - Die Menschentiger
Autoren: Franc Helgath
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ein paar Junge bekommen. Ihm schwirrte der Kopf.
    Dabei mußte in Bills Erzählung bereits die Lösung eines Teils seiner Probleme stecken. Dessen war er sich gewiß. Er wußte nur nicht, was er überhört hatte, welcher Aussage er nicht die ihm gebührende Bedeutung beigemessen hatte. Seine Gedanken liefen immer nur im Kreis. Er kam nicht weiter.
    »Brechen wir auf?« fragte Bill Fleming. »Diese Dämonenweiber überlegen es sich sonst womöglich noch anders und tauchen doch noch auf. Wenn ich ehrlich bin — ich habe nur wenig Lust, von Tigern zerfleischt zu werden. Ich fühle mich noch nicht mürbe genug für derartige Festmahle.«
    »Du hast wohl recht«, räumte Zamorra ein. »Ich habe diesen Platz nicht gerade in bester Erinnerung. Du wirst wieder hierher zurückfinden?«
    »Dir scheint es hier ausgezeichnet gefallen zu haben«, brummte Bill Fleming mit einem bezeichnenden Seitenblick auf Nicole. »Aber ich kann dich trösten: Ich finde wieder hierher, wenn du schon unbedingt den Teufel reiten willst. Aber halte dann die Zügel stramm. Gute Freunde sind rar.«
    Das war seine trockene Art, seine Mitgefühle auszudrücken. Natürlich war ihm klar, was der Verlust des Medaillons für Zamorra bedeutete und daß der Freund nicht eher ruhen würde, bis er sein Eigentum wiederhatte.
    Bill schaute auf seine Armbanduhr.
    »Die Geisterstunde ist schon ziemlich fortgeschritten. Hauen wir ab. Ich hätte euch gerne mit einem Willkommenstrunk an Bord begrüßt, aber diese Prohibition in diesem Lande…«
    Er ließ den Rest des Satzes offen, doch sein Gesichtsausdruck ließ keinen Zweifel daran aufkommen, daß er derartige Bevormundungen trinkfreudiger Kehlen auf das schärfste verurteilte.
    Sie wateten gerade gemeinsam durchs flache Uferwasser, als sich der mond-und sternenhelle Himmel über ihnen von einer Sekunde zur anderen verdunkelte und tintigschwarz wurde. Sie blieben stehen, als wären sie wie Marionetten an Fäden gezogen.
    Lediglich Bill leistete sich eine Bemerkung:
    »Ich hätte auf Khan Raf Shuk hören sollen. So dumm ist der Bursche gar nicht…«
    Ein Brausen war plötzlich in den Wipfeln der Palmyrapalmen und schüttelte sie stürmisch. Zweige begannen zu singen, Winde orgelten entfesselt um die Insel, auf der die Pagode gestanden hatte. Wie programmiert drehten sich die drei Freunde dem Ufer zu.
    Plötzlich wußte Professor Zamorra, was er an Bills Erzählung nicht in seiner ganzen Bedeutung erkannt hatte. Und er hatte auch die Erklärung dafür, daß man bisher ihr Leben verschont hatte.
    Zamorra wurde ruhig, ließ sich von den tosenden Elementen nicht stören und auch nicht von der Tatsache, daß das Boot vom sturmgepeitschten Wasser zur Mitte des Flußarms abgetrieben wurde.
    Ihn wunderte es auch nicht, daß der Roden der Lichtung von unten herauf zu leuchten begann, als hätte man unter einer dünnen Sandschicht starke Scheinwerfer eingeschaltet.
    Daß die Pagode wieder aus dem Nichts zu wachsen begann, empfand er schon beinahe als natürlich.
    ***
    Nicole vergaß, einen ihrer Überraschungsschreie auszustoßen. Sie riß auch nicht ihre geballte Faust hoch zum Mund, wie es bei derartigen Gelegenheiten ihre Gewohnheit war. Sie stand vielmehr starr und steif wie die Versuchsperson eines Hypnotiseurs. Bei Tageslicht hätte man unschwer feststellen können, daß die Iris ihrer Augen sich urplötzlich ins Gelbliche verfärbte.
    Bill Fleming erging es nicht viel anders. Bei Gelegenheiten dieser Art ging sogar sein trockener Humor baden, und das war ein sicheres Zeichen dafür, daß er sich alles andere als wohl in seiner Haut fühlte.
    Wie weißlichgrün schimmernder Schaum trat es aus der Erde. Dunstschwaden stiegen hoch, doch sie rochen nicht. Sie waren nur da und legten einen Schleier um das Entstehen der Pagode.
    Der Schaum verfestigte sich, wurde zu Stein, wurde zu Säulen, die Kapitelle trugen, über die sich krönend das Kuppeldach der Stuppa erhob. Genauso hatte das Bauwerk ausgesehen, als Zamorra und Nicole es zum ersten Mal erblickten.
    Nur Professor Zamorra bewahrte Ruhe. Er fühlte weder Angst noch Schrecken in sich. Seine Stimme klang ruhig, als er sagte:
    »Bleibt auf dem Teppich, Leute. Das ist nichts. Ich habe darauf gewartet, daß es so kommt. Und macht euch um Himmels willen keine Sorgen um mich. Ich werde nur abgeholt. Aber ich komme wieder.«
    Als wäre das ihr Stichwort gewesen, trat Rahndra aus dem Tempel, und der Sturm flaute ab, verendete in einem leisen Säuseln, das in den üblichen
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