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0100 - Der Zielstern

Titel: 0100 - Der Zielstern
Autoren: Unbekannt
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hatte er zum ersten Male die Chance erhalten, die gewaltigste Flottenbasis der Menschheit zu bewundern. Er wußte, daß der Mond im Laufe der letzten 57 Jahre zu einem Himmelskörper der Raumschiffswerften und Waffenfabriken geworden war. Praktisch gesehen, war der Erdtrabant nach und nach ausgehöhlt worden.
    Auf der Oberfläche selbst war kaum etwas von jener Mammutindustrie zu bemerken, die man mit modernsten Mitteln und unter riesigen Kosten unter der toten Kruste errichtet hatte. Nur die großen Raumhäfen lagen oben - und die Panzerkuppeln der kosmischen Abwehrfestungen.
    Es hatte dreizehn Stunden gedauert, bis Brazo endlich an seinem Ziel angekommen war, doch dann hatte sich ein neues Hindernis in seinen Weg gestellt. Brazo Alkher, ein hochgewachsener, schlaksiger Mann von dreiundzwanzig Jahren, umkrampfte seine wenigen Gepäckstücke noch fester, als sich eine silbrig glänzende Haube auf seinen Schädel nieder senkte. Geduldig ertrug er die Tortur der Hirnschwingungsmessung, die natürlich ein wesentlicher Bestandteil der Robotüberprüfung war. Wenn den menschlichen Wächtern noch etwas entgangen sein sollte: Der Robot würde es herausfinden. „Gepäck absetzen", kam der Befehl aus einem Lautsprecher. Brazo blieb in steifer Haltung stehen.
    Verwirrt öffnete er beide Hände, und die Tragtaschen fielen polternd zu Boden. Alkher lief rot an.
    Verlegen schaute er sich um. „Entschuldigen Sie bitte", meinte er hastig. Unsicher lächelte er die seelenlose Maschine an, die auf seine Worte aber nicht reagierte. Er atmete tief auf, als der Robot Grünwert zeigte und der ID-Streifen aus einem anderen Schlitz hervorglitt. „Eintritt genehmigt, Sir", klang es aus dem Lautsprecher. „Sie werden erwartet."
    „Vielen Dank", flüsterte Brazo. Sich hastig nach seinem Gepäck bückend, stieß er mit dem Schädel an einen rotmarkierten Hebel. In dem Gerät begann es zu klingeln, und Brazo hielt die Luft an. Schließlich entschloß er sich, die runde Metallplatte mittels einiger wild verwegener Sätze zu verlassen.
    Brazo Alkher, schon auf der Raumakademie bekannt geworden als Pechvogel mit zwei linken Händen und Füßen, hatte seinem knochigen Körper etwas zuviel zugemutet. Dem Zug der Schwerkraft folgend, fiel er mit elegant gespreizten Armen und umherschlagenden Füßen zu Boden, wobei sein helmbedeckter Schädel versehentlich mit dem Schienbein eines im Wege stehenden Mannes kollidierte.
    Brazo, normalerweise so sanftmütig wie ein alternder Bernhardiner - wie seine Freunde behaupteten - stieß einige schauerliche Flüche aus. Es dauerte eine Weile, bis seine umhertastenden Hände sowohl den verrutschten Helm an Ort und Stelle, als auch die verknoteten Riemen der Taschen in Ordnung gebracht hatten. Schnaufend richtete er sich auf. Da kam schon die nächste seelische Erschütterung, als er dicht über sich das grinsende, ölverschmierte Gesicht eines hochgewachsenen Mannes in der schmucklosen Kombination des Wartungspersonals bemerkte.
    Der Mann trug eine zerknautschte, völlig unkenntlich gewordene Schirmmütze auf den dunkelblonden Haaren. Rangabzeichen waren auch keine zu sehen, weshalb Brazo - trotz seines begreiflichen Zorns noch immer höflich bleibend - schockiert ächzte: „Konnten Sie nicht zur Seite springen, Sie steifkreuziger Ölpeilstab, Sie! Himmel, wie sehen Sie überhaupt aus?"
    Verwundert über sich selbst stierte Brazo nach oben. Schließlich meinte er verlegen: „Entschuldigen Sie, Freund, es war nicht so gemeint. Natürlich bin ich schuld. Würden Sie mir einmal helfen?"
    „Sicher", erklärte der hochgewachsene, schlanke Mann mit den eisgrauen Augen. „Sie haben Sätze gemacht wie ein dreibeiniger Pavian!"
    „Gibt es so etwas?" fragte Brazo verwundert. Der Fremde lachte schallend. Betont sanft klopfte er Brazos beschmutzte Uniform ab. „Immer korrekt, Herr Leutnant, nicht wahr? Darf man fragen, wohin Sie wollen?" Alkher begann sofort mit der verzweifelten Suche nach den Papieren, die man ihm überall aufgedrängt hatte. Der Hagere wartete geduldig, bis der immer nervöser werdende Leutnant den Marschbefehl in der Knietasche seiner Kombi entdeckt hatte. Brazo wußte nicht, ob er bei dem schallenden Gelächter die Fassung verlieren oder geduldig bleiben sollte. Er entschloß sich zum letzteren. Außerdem war sein sachverständiger Blick mittlerweile von der schimmernden Kugelwandung eines offenbar nagelneuen Schweren Kreuzers der TERRA-Klasse gefesselt worden. Das zweihundert Meter
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