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George Soros: Gedanken und Lösungsvorschläge zum Finanzchaos in Europa und Amerika

George Soros: Gedanken und Lösungsvorschläge zum Finanzchaos in Europa und Amerika

Titel: George Soros: Gedanken und Lösungsvorschläge zum Finanzchaos in Europa und Amerika
Autoren: George Soros , Steve Clemons
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EINFÜHRUNG VON GEORGE SOROS
    Die zweite Runde der Finanzkrise:
Die Kernschmelze der Eurozone
und ihre Verursachung durch die Super-Blase
    Die vorliegende Sammlung von Artikeln, die überwiegend in der Financial Times und in der New York Review of Books erschienen sind, bildet eine Fortsetzung meiner vorherigen Bücher über die Finanzkrise – „Das Ende der Finanzmärkte – und deren Zukunft: Die heutige Finanzkrise und was sie bedeutet“ und „Die Analyse der Finanzkrise … und was sie bedeutet – weltweit“. Sie erzählt die Geschichte der Super-Blase, die, wie ich behaupte, im Jahr 1980 begonnen hat und immer noch besteht.
    Als 1980 Ronald Reagan zum Präsidenten der Vereinigten Staaten gewählt wurde und Margaret Thatcher Premierministerin des Vereinigten Königreichs war, wurde der Marktfundamentalismus zum weltweit vorherrschenden Glaubensbekenntnis. Marktfundamentalisten sind überzeugt, die Finanzmärkte würden für die optimale Verteilung der Ressourcen sorgen, wenn nur die Regierungen aufhören würden, sich in sie einzumischen. Sie leiten diese Überzeugung aus der Theorie von der Markteffizienz und aus der Theorie der rationalen Erwartungen ab. Diese nur Eingeweihten bekannten Lehren basieren zwar auf gewissen Annahmen, die für die wirkliche Welt kaum relevant sind, aber sie sind trotzdem sehr einflussreich geworden. Sie beherrschen die wirtschaftswissenschaftlichen Fakultäten der führenden amerikanischen Universitäten und von da aus hat sich ihr Einfluss überall ausgebreitet. In den 1980er-Jahren wurden sie zu Leitlinien der Wirtschaftspolitik der Vereinigten Staaten und des Vereinigten Königreichs. Diese Länder machten sich daran, die Finanzmärkte zu deregulieren und zu globalisieren. Diese Initiative breitete sich aus wie ein Virus. Den einzelnen Ländern fällt es schwer, sich dagegen zu wehren, weil es die Globalisierung ermöglicht, dass sich Finanzkapital der Regulierung und Besteuerung entzieht – und die einzelnen Länder kommen nicht ohne Finanzkapital aus.
    Leider ist der grundlegende Lehrsatz des Marktfundamentalismus schlicht und einfach falsch: Wenn man die Finanzmärkte sich selbst überlässt, streben sie nämlich nicht zwangsläufig einem Gleichgewicht zu – genauso neigen sie dazu, Blasen zu produzieren. Die Geschichte zeigt, dass die Finanzmärkte seit ihrer Entstehung immer wieder Finanzkrisen verursacht haben. Jede Krise veranlasste die staatlichen Stellen zu Reaktionen. Auf diese Weise haben sich die Finanzmärkte Hand in Hand mit dem Notenbankwesen und der Regulierung der Märkte entwickelt.
    Als ich meine Laufbahn in der Finanzwelt startete, waren die Banken und die Währungen streng reguliert. Das war das Vermächtnis der Großen Depression und des Zweiten Weltkriegs. Als die Weltwirtschaft nach den Maßgaben von Bretton Woods normiert wurde, begann eine Wiederbelebung der Finanzmärkte. Aber die Finanzmärkte waren weit entfernt davon, zu einem Gleichgewicht zu neigen. Sie erzeugten vielmehr Ungleichgewichte, die zur stufenweisen Abschaffung des Bretton-Woods-Systems führten.
    Die Finanzbehörden funktionieren sogar noch unvollkommener als die Märkte. In den 1970er-Jahren ließ es die keynesianische Politik, die von der Großen Depression beeinflusst worden war, zu, dass Inflation entstand. Zwei aufeinander folgende Ölkrisen führten zu großen Überschüssen der Erdöl produzierenden Länder und zu großen Defiziten der Ölimporteure. Die Ungleichgewichte zwischen ihnen wurden durch Geschäftsbanken vermittelt. Damals begannen die Banken, sich aus der Zwangsjacke zu befreien, die ihnen die Regulierung angelegt hatte.
    Jedes Mal, wenn das Finanzsystem in ernste Probleme geriet, griffen die Behörden ein. Sie liquidierten bankrotte Institutionen oder sie fusionierten sie zu größeren Institutionen. Die erste systemweit bedeutende Störung trat 1973 im Vereinigten Königreich auf, als unregulierte sogenannte Fringe Banks wie Slater Walker die Clearingbanken gefährdeten, die sie finanzierten. Die Bank of England intervenierte bei den Fringe Banks, um die Clearingbanken zu retten, obwohl die Fringe Banks eigentlich nicht in ihren eigentlichen Zuständigkeitsbereich fielen. Dadurch wurde ein Muster vorgezeichnet, das später im Rahmen der Super-Blase wieder befolgt wurde: Wenn das System in Gefahr ist, werden die üblichen Regeln aufgehoben. Diese Phänomen bekam einen Namen: „Moral Hazard“ oder „subjektives Risiko“.
    Blasen sind durch die ungesunde
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