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01 - Tage der Sehnsucht

01 - Tage der Sehnsucht

Titel: 01 - Tage der Sehnsucht
Autoren: Marion Chesney
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Mylord«,
sagte sie mit leiser, trauriger Stimme. »Machen Sie sich deshalb keine
Vorwürfe! Aber Rainbird hat von meiner Absicht nichts gewusst. Er muss mir aus
Sorge um mein Wohlergehen gefolgt sein. Ach, Mylord, Sie mit Ihren Ländereien
und Ihrem Titel werden nie wissen, was es heißt, arm und von unbekannter
Herkunft zu sein.« Sie zog sich die Kapuze über den Kopf und stieg weiter nach
unten.
    Lord Harrington
blieb wie angewurzelt stehen, von widerstreitenden Empfindungen überwältigt. Er
blickte dem schwankenden Kerzenlicht nach, während Fiona und Rainbird die
Treppe hinuntergingen. In sein Zimmer zurückgekehrt, öffnete er das Fenster und
beugte sich hinaus, so dass er mit den Augen verfolgen konnte, wie die beiden
den Platz überquerten. Auch ihre Stimmen drangen deutlich zu ihm herauf.
    »Miß Fiona«, sprach
soeben Rainbird eindringlich, »Sie sind ja totenblass. Sagen Sie mir bitte, was
geschehen ist!«
    »Das kann ich
nicht, Mr. Rainbird«, erwiderte Fiona. »Ich möchte nie mehr daran denken und
auch nicht daran erinnert werden.«
    »Ihre Miene ist
ganz hart. Sie wirken geradezu alt geworden«, sorgte sich Rainbird, während er
ihr Gesicht in dem fahlen Licht der Morgendämmerung prüfend betrachtete.
»Lächeln Sie für Rainbird!« Aufmunternd fügte er hinzu: »Habe ich Ihnen
eigentlich je erzählt, dass ich als junge auf Jahrmärkten aufgetreten bin? Wie
glücklich ich war! Und wie ich die Leute zum Lachen gebracht habe! Ich spielte
die Mandoline wie Joseph und tanzte.« Er vollführte ein paar verrückte
Tanzsprünge und schlug dann ein paarmal Rad, wobei er stehend vor Fiona
landete. »Lächeln Sie, Miß Fiona!«
    »Ach, Mr.
Rainbird«, seufzte Fiona, die zu zittern begann, »ich bin verloren.« Sie warf
sich ihm in die Arme und schluchzte herzbrechend.
    Rainbird legte den
Arm um ihre Schultern und führte sie teils mit scherzenden, teils mit flehenden
Worten vom Platz.
    Der Earl sah ihnen
nach, bis ihre Gestalten im Schatten des gewaltigen Bauwerks von St. George
verschwunden waren. Er wußte jetzt, dass sie die Wahrheit gesagt hatte, fühlte
es tief im Innersten. Sie hatte nur Unterlagen gesucht, die bewiesen, dass ihm
ihre ganze Vorgeschichte bekannt war.
    Zum Teufel mit
meinen Ländereien, meinem Titel und meinem Stolz, dachte er und schlug sich mit
der Faust in die flache Hand. Er würde Sinclair am Morgen aufsuchen und um
Fionas Hand bitten. Er würde sie schon dazu bringen, ihn zu heiraten. Eine
andere Frau kam nicht in Frage.
    Aber er hatte sie
beinahe vergewaltigt. Er hatte sie erschreckt und beschimpft, Ihre Worte auf
der Treppe quälten ihn.
    Er lag lange Zeit
wach, wälzte sich im Bett hin und her und überlegte, zu welcher Tageszeit der
alte Zecher Sinclair wohl aufwachen würde. Endlich fiel er in einen unruhigen
Schlaf und träumte, dass er Fiona zu haschen versuchte, die vor ihm in der bunt
bewegten Menge eines Rummelplatzes herlief. Jedes Mal, wenn er sie beinahe
eingeholt hatte, tanzte sie von ihm weg, während Rainbird neben ihr Rad schlug.

Zehntes Kapitel

    »Warum so schön angezogen, warum so traurig
und weshalb so früh?« fragte Mr. Toby Masters.
    »Ich gehe auf
Freiersfüßen, mein Freund.« Der Earl lächelte. »Wirklich, du kannst mir
gratulieren, obgleich ich fürchte, dass es verfrüht wäre. Ich habe nämlich die
Absicht, Miß Sinclair zu bitten, meine Frau zu werden. Übrigens, warum bist du
denn schon so früh auf den Beinen? Es ist doch erst neun Uhr.«
    »Ich habe mich
wegen Miß Sinclair zu dir aufgemacht.«
    »Sag bloß, dass du
selbst um sie werben willst!«
    »Nein, pass auf! Es
ist Folgendes.« Mr. Masters' dickes Gesicht legte sich vor Kummer in Falten.
»Ich konnte bei der drückenden Hitze nicht schlafen. So entschloss ich mich, in
den Park auszureiten. Ich kam gegen sieben die Piccadilly Street herunter, als
ein geschlossener, Wagen mit großer Geschwindigkeit an mir vorbeifuhr. Oben auf
dem Bock saß Sir Edward Kirby.«
    Das Herz des Earls
begann wie wild gegen die Rippen zu klopfen. »Und?«
    »Zwar waren die
Blenden der Kutsche herabgezogen, aber als der Wagen neben mir war, ging eine
hoch, und Miß Fiona war zu sehen.«
    Der Earl setzte
sich auf den nächsten Stuhl.
    »Siehst du«, fuhr
Mr. Masters etwas verlegen fort, »auf dem Ball, da wurde mir plötzlich klar, dass
du bis über beide Ohren in das Mädchen verliebt bist. Vielleicht hat auch sie
eine Schwäche für dich, dachte ich. Aber«, platzte es aus Mr. Masters, heraus,
»da ist dein
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