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01 - Tage der Sehnsucht

01 - Tage der Sehnsucht

Titel: 01 - Tage der Sehnsucht
Autoren: Marion Chesney
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schwarze Samtlivree statt des prächtigen neuen Anzuges trug,
setzte er sich unter einen Baum und stellte sich darauf ein zu warten. Sollte
aus dem Haus ein Schrei ertönen, konnte er sofort zu Hilfe eilen.

    Fiona erinnerte sich an den großen
Schreibtisch in der Bibliothek, wo Lord Harrington sie bewirtet hatte. Noch
lange Zeit, nachdem der Butler verschwunden war, wartete sie in der dunkelsten
Ecke der Halle.
    Endlich konnte
Fiona es wagen, sich zu der Stelle zu tasten, wo sie den Eingang der
Bibliothek in Erinnerung hatte. Unendlich behutsam öffnete sie die Tür.
    Sie war so vorsichtig
gewesen, eine Zunderbüchse und den Stummel einer Wachskerze mitzubringen. Das
Anzünden der ,Kerze war freilich äußerst mühsam. Sie entfernte den Deckel von
der flachen, runden Zunderbüchse aus Messing und schlug ein Stück Achat gegen
ein Stück Stahl. jeder Funke, der auf den Zunder, ein Stück Baumwolle, fiel, musste
angeblasen und sorgsam geschützt werden, bis rote Glut entstand. Dann hielt man
einen dünnen Holzspan, dessen Ende mit Schwefel versehen war, über dieses
glühende Stück Baumwolle. Und wenn man Glück hatte, dann brannte er beim ersten
Mal. Fiona hatte kein Glück. Sie brauchte volle zwanzig Minuten, bis die Kerze
brannte.
    Erleichtert stellte
sie fest, dass sie im richtigen Raum war. Sorgfältig durchsuchte sie nun alle
Schubladen des Schreibtisches. Da waren Rechnungsbücher und geschäftliche
Unterlagen, aber keinerlei persönliche Briefe.
    Verzweifelt dachte
sie, dass die persönliche Post wohl oben in seinem Ankleide- oder
Schlafzimmer war. Sie öffnete die Tür der Bibliothek und lauschte aufmerksam.
Noch immer war kein Laut zu hören.
    Um nicht in der
Dunkelheit mit jemandem zusammenzustoßen, nahm sie vorsichtshalber das Licht
mit. Sollte sie einem Diener begegnen, würde sie so tun, als sei sie eines von
Lord Harringtons Flittchen. Die eintretende Verlegenheit wollte sie dann zur
Flucht benutzen. Ihr gewöhnlich gut funktionierender gesunder Menschenverstand
ließ sie dabei sichtlich im Stich, sonst hätte sie sich gesagt, dass Lord
Harrington Flittchen sicher niemals in seinem Haus empfing. Glücklicherweise
begegnete ihr keiner der Dienstboten. Sie waren zu dieser nächtlichen Stunde
offenbar alle im Bett, und Lord Harrington würde sicher nicht vor dem
Morgengrauen nach Hause kommen.
    Im ersten Stock
lagen ein großer und ein kleiner Salon und verschiedene kleinere Empfangsräume.
Die Schlafzimmer waren also im zweiten Stock. Welches davon Lord Harrington
gehörte, war leicht festzustellen, da es als einziges benutzt wurde. Sein
Schlafanzug war auf dem Bett ausgebreitet, und auf dem Toilettentisch lagen
Schmuckstücke herum.
    In der Ecke des
Zimmers sah sie ein Schreibpult stehen. Behutsam hob sie den Deckel. Die Fächer
darunter waren mit verschiedenen Briefen vollgestopft. Endlich die ersehnte
Privatkorrespondenz! Aber keiner der Briefe enthielt einen Hinweis auf sie,
Fiona, so sehr sie auch suchte. Dennoch war sie in ihrer Nervosität jetzt mehr
denn je überzeugt, dass er Unterlagen über sie besaß und sie irgendwo versteckt
hatte. Ihr Blick fiel auf den Schmuckkasten. Es war eine große Schatulle mit
Einsätzen, die man heraushob. Als sie den obersten Einsatz herausnahm,
purzelten die Schmuckstücke nur so zu Boden - Krawattennadeln, diamantene
Manschettenknöpfe, Schuhschnallen mit Saphiren, Rubine und Smaragdringe. Sie
bückte sich, um sie aufzuheben.
    Da ging die Tür
auf, und Lord Harrington stand auf der Schwelle. Hinter ihm hielt ein Lakai
einen großen Leuchter. Der Boden war überall so dick mit Teppichen belegt, dass
Fiona durch ihre Schritte nicht gewarnt worden war.
    Der Earl blickte
auf Fiona hinunter, wie sie da im Schein des Kerzenlichts vor ihm kniete, die
Hände voller Schmuckstücke. Sein Gesicht wurde hart und verschlossen. Er wandte
sich nach rückwärts zu dem Lakaien um, so dass seine hohe Gestalt Fiona vor dem
Blick des Dieners verdeckte. »Gehen Sie jetzt, Paul«, sagte er, »und sagen Sie
den anderen, dass ich nicht gestört werden möchte, ganz gleich, was Sie hören
werden.«
    Er wartete, bis der
Lakai gegangen war. Dann betrat er den Raum, schloss die Tür ab und steckte den
Schlüssel in die Tasche seiner Kniehose.

    Rainbird saß immer noch draußen auf dem
Platz und kaute an seinen Nägeln. Lord Harringtons Heimkehr war ein Schock für
ihn gewesen. So hatte Fiona also kein Rendezvous mit ihm, sondern sich aus
irgendeinem anderen Grund in das Haus
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