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01 - Tage der Sehnsucht

01 - Tage der Sehnsucht

Titel: 01 - Tage der Sehnsucht
Autoren: Marion Chesney
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hat erklärt, dass er den Raub
entdeckt und dann die Polizei gerufen habe. Letzteres stimmt ja auch.«
    »Es ist, als ob wir
Geister bedienen müssten«, meinte Alice schaudernd. »Jeden Tag öffnen wir die
Fensterläden und putzen und schrubben die Zimmer. Aber niemand ist da.«
    »Kann nicht jemand
an Miß Fiona - ich meine: an die gnädige Frau -schreiben und sie um
Hilfe bitten?« fragte Dave.
    »Wir wissen nicht,
wo sie ist«, winkte Rainbird ab. »Ich habe zu lange gewartet, weil ich glaubte,
Mr. Sinclair werde ihr alles berichten. Aber offenbar hat er das nicht. Er war
wohl so krank, dass er alles nur für einen Traum gehalten hat.«
    »Wir sind wenigstens
alle zusammengeblieben«, sagte Lizzie tapfer. »Das ist sehr wichtig. Das ist
viel wichtiger als Geld, wenn man sich mag.«
    Joseph schniefte
verächtlich und sah weg. Er wußte, dass er Lizzie während ihres
Landaufenthaltes zu viel Aufmerksamkeit geschenkt und bei ihr dadurch falsche
Hoffnungen geweckt hatte.
    »Vielleicht«,
meinte Alice gedehnt, »gibt es doch wieder einen anderen Mieter ... Spiel uns
was vor, Joseph! Hat keinen Zweck, den Kopf hängen zu lassen, finde ich. Reine
Zeitverschwendung.«
    Josephs Gesicht
hellte sich auf, und er ging seine Mandoline holen.
    Lizzie hat recht,
dachte Rainbird. Sie würden schon durchkommen, solange sie alle
zusammenhielten.

    Mr. Sinclair kletterte an der North Bridge
in Edinburgh steif aus der Postkutsche. Seit vielen Jahren hatte er sich nicht
mehr so wohl gefühlt.
    Die ausgiebige
Strafpredigt Fionas über die Folgen übermäßigen Trinkens war ihm in die Glieder
gefahren. Nach der Abreise des glücklichen Paares ins Ausland war er noch auf
dem Landsitz des Earl geblieben, bis er sich kräftig genug fühlte, die lange
Heimreise anzutreten.
    Sein Entschluß,
enthaltsam zu bleiben, war durch den erschütternden Tod seines alten Freundes
Sir Andrew Strathkeith verstärkt worden.
    Tief atmete er die
schneidend kalte Edinburgher Luft ein. Er beschloss, seine Koffer zunächst auf
der Post zu lassen, ein wenig herumzuschlendern und sich dann eine Unterkunft
zu suchen.
    Seine Schritte
führten ihn über die Brücke zu den hochaufragenden, dunklen Mietshäusern der
Altstadt. Tränen der Rührung stiegen ihm in die Augen. Die Royal Mile, wo es so
lebhaft zuging und so schmutzig war, hätte vielleicht vornehme Londoner
abgeschreckt, aber dem Heimkehrer Mr. Roderick Sinclair erschien sie wie der
Himmel auf Erden.
    Vor St. Giles
standen Reihen von Marktbuden. Man nannte sie Fundgruben, weil die Händler dort
alles Mögliche verkauften. Die Luft war von ihrem Geschrei erfüllt.
    Aber da erblickte
er das Schild von John Dowies Schenke, und alle guten Vorsätze waren vergessen.
Er glaubte plötzlich, dass seine Reise nach London nichts als ein Traum gewesen
sei. Hatte er wirklich mit den oberen Zehntausend auf gleichem Fuß verkehrt?
Hatte es Fiona tatsächlich gegeben? War er wirklich der Geizhals von Mayfair
genannt worden?
    Dann hörte er in
seinem Kopf Fionas Stimme, die sagte: »Willst du sterben? jede Flasche kann
dein Tod sein, dann nämlich, wenn du in deinem Säuferwahn wieder von dem
Gedanken erfasst wirst, dich aufzuhängen.«
    »Woher weißt du, dass
ich mich aufhängen wollte?« murmelte Mr. Sinclair vor sich hin. Ein
Vorübergehender sah ihn beunruhigt an.
    Mr. Sinclair drehte
sich um und ging schnell fort. je weiter er sich von der Tür der Schenke
entfernte, desto leichter fühlte er sich.
    Es blieben ihm noch
eine Reihe von Jahren. Und vor allem war er jetzt wieder zu Hause.

    - ENDE -
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