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01 - Nicht ohne meine Tochter

01 - Nicht ohne meine Tochter

Titel: 01 - Nicht ohne meine Tochter
Autoren: Betty Mahmoody
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fünfundvierzig Zentimetern Durchmesser, der beim iranischen Fettschwanzschaf unter dem Schwanz hängt und wackelt, wenn das Tier läuft. Das Fett hat einen ranzigen Geschmack, der dem iranischen Gaumen mundet, und dient als billiger Ersatz für Speiseöl. Ameh Bozorg hatte einen Dombe im Kühlschrank und begann jeden Tag das Kochen damit, dass sie einen Klumpen Fett abschnitt und ihn in einer Pfanne zerließ. Dann dünstete sie darin oft Zwiebeln, fügte ein paar Stücke Fleisch hinzu und warf hinein, was an Bohnen und anderem Gemüse vorhanden war. Das dünstete dann den ganzen Nachmittag und den ganzen Abend, und der beißende Geruch des Dombe-Fettes durchzog das ganze Haus. Beim Abendessen konnten weder Mahtab noch ich den Anblick von Ameh Bozorgs Essen ertragen. Und selbst Moody schmeckte es nicht.
    Allmählich gerieten seine medizinische Ausbildung und sein gesunder Menschenverstand in Konflikt mit seinem Respekt für seine Familie. Weil ich mich ständig über die unhygienischen Zustände beklagte, nahm Moody schließlich genug Notiz davon, um sie zur Sprache zu bringen. »Ich bin Arzt, und ich meine, ihr solltet auf meinen Rat hören«, sagte er seiner Schwester. »Ihr seid nicht reinlich. Ihr solltet duschen. Du musst deinen Kindern beibringen zu duschen. Ich bin wirklich unglücklich über eure Lebensweise.« Ameh Bozorg ignorierte die Worte ihres jüngeren Bruders. Wenn er nicht hinsah, schoss sie einen hasserfüllten Blick in meine Richtung ab, um mich wissen zu lassen, dass sie mich als den Störenfried betrachtete.
    Die tägliche Dusche war nicht die einzige westliche Sitte, durch die meine Schwägerin sich beleidigt fühlte. Eines Tages, als Moody aus dem Haus gehen wollte, gab er mir einen flüchtigen Abschiedskuss auf die Wange. Ameh Bozorg bekam das mit und wurde sofort wütend. »Das kannst du in diesem Haus nicht machen!«, schimpfte sie mit Moody. »Hier gibt es Kinder.« Die Tatsache, dass das jüngste »Kind«, Fereschteh, bald ihr Studium an der Universität von Teheran aufnehmen wollte, spielte anscheinend keine Rolle.
    Nach mehreren Tagen des Eingesperrtseins gingen wir endlich einkaufen. Moody, Mahtab und ich hatten uns auf diesen Teil der Reise und die Gelegenheit, exotische Geschenke für unsere Freunde und Verwandten daheim zu kaufen, gefreut. Wir wollten außerdem die relativ niedrigen Preise in Teheran ausnutzen, um Schmuck und Teppiche für uns selbst zu kaufen. An mehreren aufeinanderfolgenden Vormittagen wurden wir von Zoreh oder Madschid in die Stadt gefahren. Jede Fahrt war eine abenteuerliche Reise in eine Stadt, die in den vier Jahren seit der Revolution von fünf auf vierzehn Millionen Einwohner angewachsen war. Es war unmöglich, genaue Zahlen zu bekommen. Ganze Dörfer waren durch den wirtschaftlichen Zusammenbruch vernichtet worden; in ihrer Not flohen die Bewohner nach Teheran. Tausende - vielleicht Millionen - Flüchtlinge aus dem Krieg in Afghanistan strömten ebenfalls nach Teheran.
    Überall trafen wir auf Menschenhorden, die eilig mit grimmiger Miene ihren Geschäften nachgingen. Nirgends war ein Lächeln zu sehen. Zoreh oder Madschid steuerten das Auto durch unglaubliche Verkehrsstaus, in denen es von Fußgängern wimmelte, die ihr schäbiges Leben aufs Spiel setzten, und von Kindern, die chaotisch kreuz und quer über die überfüllten Straßen schossen. Die Straßen wurden von breiten Gräben begrenzt, durch die das Wasser aus den Bergen rauschte. Die Bevölkerung benutzte dieses kostenlos zur Verfügung stehende Wasser für verschiedene Zwecke. Es war eine »Müllabfuhr«, das den Abfall wegschwemmte. Ladenbesitzer tauchten ihre Scheuerbesen hinein. Manche Leute, urinierten hinein; andere wuschen sich darin die Hände. An jeder Straßenecke mussten wir über den schmutzigen Bach springen.
    Überall in der Stadt wurde gebaut, alles in Handarbeit und scheinbar willkürlich. So baute man Tür- und Fensterrahmen nicht aus Kanthölzern, sondern aus Baumstämmen von etwa zehn Zentimetern Durchmesser, die zwar entrindet, aber noch grün und oft verzogen waren. Ohne sich viele Gedanken über Genauigkeit zu machen, setzten Bauarbeiter Balken verschiedener Größe wie billiges Spielzeug zusammen und schufen damit Häuser von zweifelhafter Qualität und Haltbarkeit.
    Die Stadt befand sich im Belagerungszustand, jede Aktivität wurde von schwerbewaffneten Soldaten und finster dreinblickenden Polizisten überwacht. Es war beängstigend, vor geladenen Gewehren die Straße
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