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01 - Nicht ohne meine Tochter

01 - Nicht ohne meine Tochter

Titel: 01 - Nicht ohne meine Tochter
Autoren: Betty Mahmoody
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für merkwürdige Dinge Moody wohl durch den Kopf gingen. War es ihm so leichtgefallen, wieder in die Umgebung seiner Kindheit zurückzurutschen, dass ihm alles natürlich erschien, bis ich ihn darauf aufmerksam machte?
    In jenen ersten Tagen verbrachten Mahtab und ich viel Zeit in unserem Schlafzimmer und kamen nur heraus, wenn Moody uns sagte, es seien neue Gäste da. In unserem Zimmer konnten wir wenigstens auf dem Bett sitzen statt auf dem Fußboden. Mahtab spielte mit ihrem Hasen oder mit mir. Meistens war uns heiß, wir langweilten uns und waren unglücklich. Spätnachmittags gab es im iranischen Fernsehen Nachrichten in englischer Sprache. Moody machte mich auf die tägliche Sendung aufmerksam, und ich begann, mich darauf zu freuen, nicht wegen der Inhalte, sondern einfach, um meine eigene Sprache zu hören. Die Nachrichten begannen etwa um halb fünf und waren fünfzehn bis zwanzig Minuten lang, aber die Sender waren nie pünktlich. Der erste Nachrichtenabschnitt handelte unweigerlich vom andauernden Krieg mit dem Irak. Jeden Tag gab es glorreiche Berichte über tote irakische Soldaten, aber nie wurden iranische Kriegstote erwähnt. Stets gab es ein paar Bilder von eifrigen jungen Männern und Frauen, die in den heiligen Krieg marschierten (die Männer kämpfen; die Frauen kochen und übernehmen auch die eigentlich männliche Aufgabe des Brotbackens), gefolgt von einem patriotischen Aufruf nach weiteren Freiwilligen. Dann kamen fünf Minuten libanesische Nachrichten - weil die Schiiten im Libanon, eine starke, gewalttätige Gruppe, vom Iran unterstützt werden und dem Ayatollah Khomeini treu ergeben sind. Danach folgte eine dreiminütige Zusammenfassung der Weltnachrichten, was so viel hieß wie negative Berichte über die USA. Die Amerikaner starben wie die Fliegen an AIDS. Die amerikanische Scheidungsrate war schwindelerregend hoch. Wenn der Irak einen Tanker im Persischen Golf XX
    »Das stimmt nicht.«, sagte er. »Du hast dich bloß entschlossen, es hier nicht schön zu finden.« Abends beim Essen rührte ich verstohlen im Reis und sammelte mehrere schwarze Käfer in einer Portion, die ich auf Moodys Teller häufte. Es ist unhöflich, etwas auf dem Teller zu lassen. Und da es ihm unmöglich war, taktlos zu sein, aß Moody die Käfer. Er hatte mich verstanden. Moody bemerkte jedoch ebenfalls den widerlichen Geruch, der jedesmal durch das Haus wehte, wenn Ameh Bozorg befand, es sei an der Zeit, den bösen Blick abzuwehren. Dazu verbrannte sie übelriechende schwarze Samenkörner in einem Durchschlag, einem Metallgefäß mit Löchern wie in einem Sieb. Ein Durchschlag ist unentbehrlich, wenn man Reis auf iranische Art kochen will; er verteilt die Hitze gleichmäßig und erlaubt so die Bildung der Kruste. Aber in Ameh Bozorgs Händen, angefüllt mit schwelenden Samenkörnern und in jeden Winkel des Hauses getragen, war es ein Folterinstrument. Moody war der Geruch genauso verhasst wie mir.
    Manchmal spielte Mahtab ein bisschen mit den Kindern, die zu Besuch kamen, und lernte dabei ein paar Worte Farsi, aber das Milieu war so fremd, dass sie immer in meiner Nähe und bei ihrem Hasen blieb. Einmal zählte sie zum Zeitvertreib die Mückenstiche in ihrem Gesicht. Es waren dreiundzwanzig. Ihr ganzer Körper war mit roten Beulen übersät.
    Im Verlauf der Tage schien Moody immer mehr zu vergessen, dass Mahtab und ich auch noch da waren. Zuerst übersetzte er jedes Gespräch, jeden noch so seichten Kommentar. Nun machte er sich nicht länger diese Mühe. Mahtab und ich wurden für die Gäste auf den Präsentierteller gesetzt und mussten dann stundenlang stillsitzen und ein freundliches Gesicht machen, obwohl wir kein Wort verstanden. Es vergingen mehrere Tage, an denen nur Mahtab und ich miteinander sprachen. Zusammen warteten wir auf - ja lebten wir nur für - den Moment unserer Rückkehr nach Amerika.
    Ein Topf voll Essen dampfte unablässig auf dem Herd, für jeden, der gerade Hunger hatte. Häufig sah ich, wie Leute an der großen Schöpfkelle probierten und den Rest aus ihrem Mund wieder in den Topf oder einfach auf den Fußboden träufeln ließen. Die Arbeitsflächen und der Fußboden waren mit Zuckerspuren überkrustet, die unachtsame Teetrinker hinterließen. Die Kakerlaken gediehen prächtig in der Küche und im Bad.
    Ich aß fast nichts. Ameh Bozorg kochte meistens ein Khoresch aus Lammfleisch zu Abend, unter großzügiger Beigabe von dem, was sie Dombe nannte. Das ist ein Fettbeutel von etwa
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