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01 - Gott schütze dieses Haus

01 - Gott schütze dieses Haus

Titel: 01 - Gott schütze dieses Haus
Autoren: Elizabeth George
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»War es schlimm für dich?« zwang sie sich zu fragen.
    »Zuerst, ja.«
    »Und dann?«
    »Dann sah ich, daß sie ihn liebt. Wie du ihn einmal geliebt hast.«
    Ein bedauerndes Lächeln berührte flüchtig ihren Mund.
    »Ja, wie ich ihn einmal geliebt habe.«
    »Woher hast du die Kraft genommen, Simon loszulassen, Helen? Wie hast du das durchgestanden?«
    »Ach, ich hab' mich irgendwie durchgewurstelt. Außerdem warst du ja immer für mich da, Tommy. Du hast mir geholfen. Du warst immer mein Freund.«
    »So, wie du immer meine Freundin warst. Meine allerbeste Freundin.«
    Sie lachte leise. »Das erinnert mich daran, wie Männer von ihren Hunden reden. Ich weiß nicht recht, ob ich mich geschmeichelt fühlen soll.«
    »Aber fühlst du dich geschmeichelt?« fragte er.
    »Ganz entschieden«, antwortete sie und drehte den Kopf, um ihn anzusehen. Die Spuren der Erschöpfung lagen noch auf seinem Gesicht, doch die Last des Leidens schien leichter geworden zu sein. Vergangen war der Schmerz noch nicht, so schnell ging das nicht, aber er hatte begonnen, sich aufzulösen, so daß er aus der Vergangenheit herausfinden würde. »Du hast das Schlimmste überstanden, nicht?«
    »Ja. Ich glaube, ich bin sogar bereit weiterzugehen.« Er berührte leicht ihr Haar und lächelte.
    Das Friedhofstor wurde geöffnet, und über Lynleys Schulter sah Helen Barbara kommen.
    Barbara zögerte einen Moment, als sie die beiden in vertraulichem Gespräch beieinanderstehen sah, dann aber räusperte sie sich, als wollte sie sie auf ihr Kommen aufmerksam machen, und ging, die Schultern gestrafft, rasch auf sie zu.
    »Sir, Sie haben eine Nachricht von Webberly«, sagte sie zu Lynley. »Stepha hatte sie in Empfang genommen.«
    »Eine Nachricht? Was denn?«
    »Der übliche Geheimtext.« Sie reichte ihm das Papier. »»Identifikation positiv. London bestätigt. York gestern nachmittag unterrichtet‹«, rezitierte sie. »Verstehen Sie, was damit gemeint ist?«
    Er las den Text selbst noch einmal, faltete das Papier und starrte trostlos zu den Hügeln jenseits des Friedhofs.
    »Ja«, antwortete er. »Das reimt sich zusammen.« Jedes Wort fiel ihm schwer.
    »Russell Mowrey?« fragte Barbara scharfblickend. Als er nickte, sagte sie: »Dann ist er also tatsächlich nach London gefahren, um Tessa bei Scotland Yard anzuzeigen. Wie merkwürdig! Warum ist er nicht einfach zur Polizei in York gegangen? Was hätte denn Scotland Yard -«
    »Nein. Er fuhr nach London, um seine Eltern zu besuchen, genau wie Tessa vermutete. Aber er kam nie über den King's-Cross-Bahnhof hinaus.«
    »King's-Cross-Bahnhof?« echote Barbara.
    »Dort tötete ihn der Bahnhofsmörder. Sein Bild hing an der Wand in Webberlys Büro.«

    Er ging allein zum Gasthof. Er ging die Church Street hinunter und blieb einen Moment auf der Brücke stehen, wie er das am Abend zuvor getan hatte. Im Dorf war alles still, doch während er einen letzten Blick auf Keldale warf, wurde in der Nähe eine Tür zugeschlagen. Ein kleines rothaariges Mädchen sprang die Hintertreppe ihres Hauses hinunter und lief zu einem Schuppen. Sie verschwand in seinem Inneren, um Augenblicke später mit einem Futtersack wiederaufzutauchen, den sie über den Boden schleifte.
    »Wo ist Dougal?« rief er.
    Bridie sah auf. Das Sonnenlicht fing sich in ihrem lockigen roten Haar, herbstlicher Kontrast zu dem leuchtend grünen Pullover, den sie trug.
    »Drin. Er hat heut Bauchweh.«
    Lynley überlegte flüchtig, wie man bei einer Ente Bauchweh diagnostizierte, war aber klug genug, nicht zu fragen.
    »Warum fütterst du ihn dann?« fragte er statt dessen.
    Sie ließ sich die Frage durch den Kopf gehen, während sie mit der rechten Schuhspitze ihre linke Wade kratzte.
    »Mama hat gesagt, ich soll ihn füttern. Sie hat ihn den ganzen Tag warm gehalten und hat gesagt, jetzt könne er sicher etwas fressen.«
    »Sie scheint eine gute Krankenschwester zu sein.«
    »Ist sie auch.«
    Sie winkte ihm mit ihrer schmutzigen Hand zu und verschwand im Haus, ein lebendiges kleines Mädchen, dessen Träume noch unversehrt waren.
    Er ging über die Brücke und betrat den Gasthof. Am Empfangstisch stand Stepha, den Mund zum Sprechen geöffnet.
    »Das Kind, das du bekamst, war von Ezra Farmington, nicht wahr?« sagte er. »Er gehörte zu dem Leben voller Lust und Spaß, das du nach dem Tod deines Bruders wolltest, stimmt's?«
    »Thomas -«
    »Stimmt's?«
    »Ja.«
    »Siehst du zu, wenn er und Nigel sich deinetwegen gegenseitig fertigmachen? Amüsiert es
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