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01 - Gott schütze dieses Haus

01 - Gott schütze dieses Haus

Titel: 01 - Gott schütze dieses Haus
Autoren: Elizabeth George
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gekommen? Hast du die Nachricht nicht gesehen? Warum bist du nicht gekommen? Ich dachte, es ginge dir gut. Ich dachte, er ließe dich in Ruhe. Warum bist du nicht gekommen?«
    »Bobby ist gestorben. Bobby ist gestorben.«
    »Sag so was nicht. Du lebst. Laß nicht zu, daß er dich jetzt tötet!«
    Roberta fuhr zurück und befreite sich mit einer heftigen Bewegung.
    »Papa nie getötet, Papa nie getötet, Papa nie getötet.« Ihre Stimme wurde schrill vor Angst.
    Samuels beugte sich auf seinem Stuhl vor.
    »Was getötet, Roberta?« fragte er rasch, in der Erkenntnis, daß der Augenblick gekommen war. »Was hat Papa nie getötet?«
    »Baby. Papa hat das Baby nicht getötet.«
    »Was hat er getan?«
    »Fand mich im Stall. Hat geweint und gebetet. Geweint und gebetet.«
    »Hast du dort das Baby bekommen? Im Stall?«
    »Niemand was gemerkt. Dick und häßlich. Niemand hat's gemerkt.«
    Gillians Augen waren starr vor Entsetzen, während sie nicht ihre Schwester, sondern Samuels ansah. Sie wippte auf den Fersen, eine Faust an den Mund gedrückt, als wolle sie sich am Schreien hindern.
    »Du warst schwanger? Bobby! Er wußte nicht, daß du schwanger warst?« »Keiner wußte es. Nicht wie Gilly. Dick und häßlich. Keiner hat's gemerkt.«
    »Was ist mit dem Baby geschehen?«
    »Bobby ist gestorben.«
    »Was ist mit dem Baby geschehen?«
    »Bobby ist gestorben.«
    »Was ist mit dem Baby geschehen?« Gillians Stimme schwoll zum Schrei an.
    »Hast du das Baby getötet, Roberta?« fragte Samuels.
    Schweigen. Sie begann, sich zu wiegen, in schneller Bewegung, als wolle sie sich in den Wahnsinn zurückkatapultieren.
    Gillian starrte sie an, sah die Panik, die sie trieb, sah den unangreifbaren Panzer der Psychose, der sie schützte. Und da wußte sie es.
    »Papa hat das Baby getötet«, sagte sie betäubt. »Er fand dich im Stall, er weinte und betete, las die Bibel, um dort Rat zu finden, und tötete dann das Baby.« Sie berührte sachte das Haar ihrer Schwester. »Was hat er mit dem Baby getan?«
    »Weiß nicht.«
    »Hast du es gesehen?«
    »Hab' das Baby nie gesehen. Mädchen oder Junge. Weiß nicht.«
    »Bist du deshalb nicht nach Harrogate gekommen? Warst du zu der Zeit schwanger?«
    Das Schweigen war Bestätigung, ebenso die Veränderung ihrer Körperbewegung, die langsamer wurde und schließlich aufhörte.
    »Baby ist gestorben. Bobby ist gestorben. Hat nichts ausgemacht. ›Tut Papa leid, süßes Kleines. Papa tut dir nie mehr weh. Komm, süßes Kleines, marschier für Papa. Papa tut dir nie mehr weh.‹«
    »Er hatte keinen Geschlechtsverkehr mehr mit dir, Roberta?« fragte Samuels. »Aber alles andere blieb wie vorher?«
    »›Süßes Kleines, marschier für Papa.‹«
    »Bist du für Papa marschiert, Roberta?« fuhr Samuels fort. »Nach dem Baby, bist du da für ihn marschiert?«
    »Bin für Papa marschiert. Mußte ja.«
    »Warum? Warum mußtest du?«
    Schweigen. Sie sah sich verstohlen um, ein seltsam verzerrtes Lächeln der Genugtuung auf dem Gesicht. Und dann begann sie wieder, sich zu wiegen.
    »Papa glücklich.«
    »Es war wichtig, Papa glücklich zu machen«, sagte Samuels nachdenklich.
    »Ja, ja. Sehr glücklich. Wenn Papa glücklich, rührt er nicht -« Sie brach ab. Die Körperbewegung wurde stärker.
    »Nein, Bobby«, sagte Gillian. »Geh nicht fort. Du darfst jetzt nicht fortgehen. Du bist für Papa marschiert, weil du wolltest, daß er glücklich ist, damit er jemanden nicht anrührt. Wen?«
    Im dämmrigen Beobachterzimmer durchfuhr das Entsetzen der Erkenntnis Lynley wie Wundschmerz. Die Tatsachen hatten die ganze Zeit offen dagelegen, direkt vor seinen Augen. Ein neunjähriges Mädchen, das Bibelunterricht erhielt, dem aus dem Alten Testament vorgelesen wurde, das die Lektion über Lots Töchter lernte.
    »Bridie«, stammelte er und begriff endlich alles. Er hätte den Rest der Geschichte selbst erzählen können, statt dessen lauschte er Roberta, die ihre gequälte Seele zum ersten Mal offenbarte.
    »Papa wollte Gilly, nicht eine dicke Kuh wie Roberta.«
    »Dein Vater wollte ein Kind, nicht wahr?« fragte Samuels. »Nur ein Kinderkörper konnte ihn erregen. Wie Gillians. Wie der deiner Mutter.«
    »Hat ein Kind gefunden.« »Und was geschah?«
    Sie preßte die gesprungenen Lippen aufeinander, als wollte sie sich am Sprechen hindern. In ihren Mundwinkeln war Blut. Sie stieß einen heiseren Schrei aus, und eine Wortflut sprudelte ihr wie von selbst über die Lippen.
    »Der Pharao legte ihm eine Kette um den
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