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01 - Gott schütze dieses Haus

01 - Gott schütze dieses Haus

Titel: 01 - Gott schütze dieses Haus
Autoren: Elizabeth George
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Hals und kleidete ihn mit kostbarer Leinwand, und er herrschte über Ägyptenland, und Josephs Brüder kamen zu ihm, und Joseph sagte, ich soll euer Leben erhalten zu einer großen Errettung.«
    Gillian sagte weinend: »Die Bibel sagte dir, was du tun mußtest, genau wie sie es Papa immer sagte.«
    »Kleide dich in Leinwand. Trage eine Kette.«
    »Was geschah?«
    »Lockte ihn in den Stall.«
    »Wie hast du das gemacht?« Samuels' Stimme war leise.
    Robertas Gesicht bebte. Ihre Augen füllten sich mit Tränen. Sie rannen ihr über die von Pickeln übersäten Wangen.
    »Zweimal versucht. Nicht geklappt. Dann - Schnauz«, antwortete sie.
    »Du hast Schnauz getötet, um deinen Vater in den Stall zu locken?« fragte Samuels.
    »Schnauz hat nichts gemerkt. Hab' ihm Tabletten gegeben. Papas Tabletten. Hat geschlafen. Kehle - Kehle durchgeschnitten und Papa gerufen. Papa ist gerannt. Hat sich zu Schnauz gekniet.«
    Sie begann mit heftiger Bewegung, sich zu wiegen, die Arme um den aufgeschwollenen Körper geschlungen, und begleitete die Bewegungen mit einem tonlosen Summen. Sie war auf dem Rückweg.
    »Und dann, Roberta?« fragte Samuels. »Du kannst den letzten Schritt noch gehen, nicht wahr? Mit Gillian zusammen, hm?«
    Sie wiegte sich und wiegte sich. Wild und zornig. Blind entschlossen. Den Blick auf die Wand gerichtet.
    »Ich hab' Papa lieb. Hab' Papa lieb. Weiß nicht mehr. Weiß nicht mehr.«
    »Aber natürlich weißt du es.« Samuels' Stimme war sanft, aber er ließ nicht locker. »Die Bibel sagte dir, was du tun mußt. Wenn du es nicht getan hättest, hätte dein Vater dem kleinen Mädchen all das angetan, was er dir und Gilly lange Jahre angetan hat. Er hätte sie mißbraucht und vergewaltigt. Aber du hast es verhindert, Roberta. Du hast dieses Kind gerettet. Du hast dich in kostbare Leinwand gekleidet. Du hast dir eine goldene Kette um den Hals gelegt. Du hast den Hund getötet. Du riefst deinen Vater in den Stall. Er lief hinein, nicht wahr? Er kniete nieder und -«
    Roberta sprang vom Stuhl auf. Er flog durch das Zimmer und prallte gegen den Metall schrank. Wie der Wind lief sie ihm nach, packte ihn, schleuderte ihn an die Wand, stürzte den Schrank um und begann zu schreien.
    »Ich habe ihm den Kopf abgeschlagen. Er kniete nieder. Er beugte sich vor, um Schnauz hochzuheben. Und ich hab' ihm den Kopf abgeschlagen. Es macht mir nichts aus, daß ich es getan habe. Ich wollte, daß er stirbt. Ich hätte nicht zugelassen, daß er Bridie anrührt. Er wollte es. Er las ihr vor, genau wie er mir immer vorgelesen hatte. Er redete mit ihr genauso, wie er immer mit mir geredet hatte. Ich wußte, daß er es tun würde. Ich kannte die Anzeichen. Ich hab' ihn getötet. Ich hab' ihn getötet, und es macht mir nichts aus. Es tut mir nicht leid. Er hat es verdient.«
    Sie stürzte zu Boden, schlug schluchzend die Hände vor ihr Gesicht, große, graue, teigige Hände, die das Gesicht bedeckten und es zugleich kniffen und malträtierten.
    »Ich hab' seinen Kopf auf dem Boden gesehen. Es hat mir nichts ausgemacht. Und dann kam die Ratte. Und sie schnüffelte an seinem Blut. Und dann hat sie das Gehirn gefressen, und es hat mir nichts ausgemacht.«
    Mit einem erstickten Schrei sprang Barbara auf und stürzte aus der Kammer.

    Sie rannte in die Toilette, stolperte blind in eine Kabine und begann sich zu übergeben. Alles drehte sich um sie herum. Ihr war so irrsinnig heiß, daß sie glaubte, sie würde jeden Moment ohnmächtig werden; statt dessen jedoch übergab sie sich weiter. Und während sie würgte -krampfhaft, schmerzhaft -, war ihr klar, daß das, was da aus ihrem Körper quoll, ihre eigene Verzweiflung war.
    Sie hielt sich am glatten Porzellanrand der Toilettenschüssel fest, schnappte zitternd nach Luft und übergab sich. Es war, als hätte sie das Leben bis zu diesen letzten zwei Stunden niemals klar gesehen, und plötzlich mit seinem Schmutz konfrontiert, hatte sie vor ihm fliehen, sich von ihm befreien müssen.
    In diesem halbdunklen, stickigen Raum hatten die Stimmen erbarmungslos auf sie eingehämmert. Nicht nur die Stimmen der Schwestern, die den Alptraum gelebt hatten, sondern die Stimmen ihrer eigenen Vergangenheit und des Alptraums, der geblieben war. Es war zuviel. Sie konnte nicht länger damit leben, sie konnte es nicht mehr ertragen.
    Ich kann nicht mehr, schluchzte es in ihr. Tony, ich kann nicht mehr. Gott verzeih mir, aber ich kann nicht mehr.
    Sie hörte Schritte. Jemand kam herein. Sie wollte sich
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