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01 - Geheimagent Lennet wird ausgebildet

01 - Geheimagent Lennet wird ausgebildet

Titel: 01 - Geheimagent Lennet wird ausgebildet
Autoren: Vladimir Volkoff
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oder dreimal wären Reisende irrtümlich fast in ihn eingestiegen, wenn ihnen nicht ein kräftiger Bursche auf dem Trittbrett den Fahrschein für die Stadtrundfahrt abverlangt hätte.
    Nur dreißig Touristen wurden zugelassen, die je ein auf ihren Namen ausgestelltes Billett besaßen. Dieser Name deckte sich allerdings keineswegs mit dem ihres Personalausweises. Diese dreißig »Touristen" beiderlei Geschlechts schienen einander nicht zu kennen und musterten sich gegenseitig mit einer Neugier, die sie zu verbergen suchten. Sie trugen kein Gepäck bei sich. Sie waren alle jung und kräftig; der älteste von ihnen zählte noch keine dreißig Jahre.
    Während der letzten Tage hatten sie nun den Vertrag unterzeichnet, der sie auf fünfzehn lange Jahre der geheimnisvollsten Organisation aller Nachrichtendienste der Welt verpflichtete: dem FND, dem Französischen Nachrichtendienst.
    Lennet stieg als einer der letzten ein. Er blieb am Beginn des Mittelganges stehen, faßte seine Kameraden der Reihe nach forschend, aber mit naivem Lächeln ins Auge, dann grüßte er laut: »Guten Tag allerseits.«
    Der Sitz Nummer 22 war von einem reizenden jungen Mädchen mit kurzgeschnittenem rötlichbraunem Haar und einem Stupsnäschen besetzt. Und der Platz daneben war glücklicherweise noch frei. Lennet zögerte keinen Augenblick.
    »Mein Name ist Paul Armand", stellte er sich vor, während er sich setzte.
    Sie richtete ihre grünen Augen auf ihn. »Angenehm", antwortete sie nach kurzem Zögern. »Ich heiße Corinna Matty.«
    Sie musterten einander, und jeder wußte, daß der andere log.
    Schon trat die erste Versuchung an sie heran: Beide wußten ja genau, warum man hier war - sollte man dann nicht die Masken ablegen dürfen? Ein Freund, ein Vertrauter ist immer wichtig.
    Man könnte sich gegenseitig etwas stärken, man könnte auf diese Art die Verbindung zum wahren privaten Leben halten.
    Dennoch hielten sie sich zurück, denn man hatte sie bei der Unterzeichnung des Vertrags ausdrücklich davor gewarnt.
    Einsamkeit, hatte man ihnen gesagt, wird euer Los sein, und ihr müßt euch von jetzt an darin üben. Nicht Einsamkeit in der Isolierung, sondern Einsamkeit in der Menge - die schrecklichste Art der Einsamkeit.
    Als die dreißig Schüler vollzählig Platz genommen hatten, gab der Schaffner dem Fahrer ein Zeichen, und der Bus fuhr los.
    Der Abend senkte sich über Paris herab. Der Bus fuhr durch die Stadt und dann auf die Südautobahn. Langsam wurde es dunkel.
    Diese neunundzwanzig Gesichter, überlegte Lennet, die ich bis heute nie gesehen habe und von denen mir etliche nicht einmal sympathisch sind, werden mir vertraut und nahe sein. Es sind die Gesichter meiner Kameraden, meiner Kameraden für lange Zeit.
    Der Bus verließ die Autobahn. Ortsnamen tauchten von Zeit zu Zeit im Scheinwerferlicht auf. Lennet suchte sie im Gedächtnis zu behalten, wenn er auch nicht wußte, warum.
    Er hätte gern mit seiner Nachbarin geplaudert, doch er entschied sich, lieber zu schweigen, als ihr mit Lügen aufzuwarten. Ab und zu lächelten sie einander an.
    Dann ging es bergauf. Sie gelangten auf eine weite Hochebene. Die Lichter eines Dorfes schimmerten in der Ferne.
    Gebäude zeichneten sich rechter Hand ab.
    Ein Scheinwerfer flammte auf. Der Bus verlangsamte seine Fahrt und hielt. Man sah einen Soldaten auf das Trittbrett springen und mit dem Schaffner durch die offene Wagemut sprechen.
    »Alles aussteigen!«
    »Glauben Sie, daß wir schon bei der FND-Schule sind?«
    fragte Corinna.
    »Ich habe eher den Eindruck, daß wir uns auf einem Rollfeld befinden.«
    Lennet irrte sich. Das bewachsene Gelände, auf dem sie standen, umfaßte kaum hundert Quadratmeter; kein Flugzeug hätte hier landen können. »Ich hab's! Es ist ein Stützpunkt für Hubschrauber!«
    Und richtig - mitten auf dem Gelände wartete unter ohrenbetäubendem Getöse und schrillem Gepfeife ein großer, zweimotoriger Transport-Hubschrauber.
    Ein Offizier, der als Begleiter abgestellt war, formte seine Hände zum Sprachrohr und rief: »Alles an Bord!«
    Der Lärm war so groß, daß seine Worte unverständlich geblieben wären, hätte er sie nicht mit einer entsprechenden Geste begleitet.
    Einer nach dem anderen kletterten die Schüler in den Hubschrauber.
    »Sind Sie schon einmal mit einer solchen Maschine geflogen?« fragte Corinna.
    »Noch nie.«
    »Ich auch nicht.«
    »Haben Sie Angst?«
    Sie zuckte die Achseln. »Wenn ich ein Angsthase wäre, wäre ich nicht im FND.«

    »Haben Sie
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