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01 - Geheimagent Lennet wird ausgebildet

01 - Geheimagent Lennet wird ausgebildet

Titel: 01 - Geheimagent Lennet wird ausgebildet
Autoren: Vladimir Volkoff
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vorbei und gab dem guten Mann ein Rätsel auf: Sollte der Posten vor einem Zivilisten, den die Offiziere als einen der Ihren behandelten, präsentieren oder nicht?
    Montferrand ging ein paar Schritte weiter und sah sich nach einem Taxi um. Hätte er sich umgedreht, dann hätte er seinen Blondkopf gesehen. Der Junge war ihm in respektvollem Abstand vom Gebäude der Kommission gefolgt - und jetzt wollte ihn der Wachtposten am Passieren hindern.
    »Hast du einen Ausgangsschein?«
    »Ich will ja gar keinen Ausgang. Aber du, mein Lieber, wirst Scherereien haben. Der Oberst schickt mich nämlich diesem Herrn nach, der eben rausgegangen ist. Ich soll ihm die Mappe hier übergeben.«
    »Welchem Herrn?«
    »Dem Herrn in Zivil, der zur Kommission gehört. Weiß nicht, wie er heißt.«
    »Montferrand", sagte der Wachtposten.
    »Ist er Zivilist oder ein verkappter Offizier?«
    »Das weiß ich nicht, aber wenn du ihm die Mappe geben sollst, mußt du dich beeilen, sonst erwischst du ihn nicht mehr.«
    Wenn es in Romanen darum geht, jemandem zu folgen, der soeben ein Taxi bestiegen hat, kommt sofort ein zweites hinterher, in das man sich mit einem kühnen Satz stürzt, während man dem Fahrer zuruft: »Folgen Sie diesem Wagen!«
    Im wirklichen Leben geht es nicht immer so zu.
    Wohl fuhr ein Taxi an der Kaserne vorbei, wohl bestieg es Herr Montferrand-Leman, doch es kam kein zweites.
    Lennet aber ließ sich dadurch nicht aus der Fassung bringen.
    Er blieb auf dem Gehsteig stehen, zückte ein Notizbuch und notierte sich von dem Taxi das Autokennzeichen sowie die Telefonnummer der Funktaxi-Zentrale, die groß an die Tür des Autos gemalt war.
    Dann wandte er sich ohne die geringste Eile einem etwas lebhafteren Viertel zu, wo er Aussicht hatte, eine Telefonzelle zu finden.
    Eine halbe Stunde wird er brauchen, um nach Hause zu kommen, überlegte er. Und dann...
    Tatsächlich war Montferrand bereits nach knapp zwanzig Minuten in seiner Wohnung eingetroffen, wo er sogleich mit seinem unmittelbaren Vorgesetzten ein Telefongespräch führte.

    » Moment mal ich merk mir die Nummer...«

    »Also was halten Sie von diesem Jungen?« fragte die metallisch klingende Stimme am anderen Ende der Leitung.
    »Ich habe in jeder Hinsicht einen guten Eindruck!«
    »Mit einem Wort: Ist er das, was wir suchen?«
    »Er sieht eigentlich wie ein kleiner Junge aus. Zwar pfiffig, aber blutjung. Ich zögere noch.«
    »Montferrand, ich erkenne Sie nicht wieder. Das Ergebnis der Maschine war doch klar?«
    »Ich vertraue Maschinen nicht sonderlich. Sie wissen ja, Chef: Ich vertraue nur der Erfahrung.«
    »Mein Lieber, ich lasse Ihnen freie Wahl, entscheiden Sie selbst. Ich gebe Ihnen bloß zu bedenken, daß wir ernstlich an Personalmangel leiden. Sind Sie bezüglich der letzten Entwicklung auf dem laufenden?«
    »Welcher?«
    »Die anderen wissen, daß wir existieren, und haben beschlossen, uns zu vernichten. Sagt Ihnen das vielleicht etwas...?«
    Montferrand-Leman stieß einen kurzen Pfiff aus. »Allerdings!
    Also ist das goldene Zeitalter des FND vorbei?«
    »Stimmt. Wir haben nicht mehr das goldene Zeitalter, wir haben das eiserne, Montferrand. Das Zeitalter des Eisens und des Feuers. Fassen Sie entsprechende Entschlüsse. Und machen Sie's gut.«
    Nachdenklich legte Montferrand den Hörer auf. Bisher hatten die Erkundungsdienste fremder Mächte keine Ahnung von der Existenz des FND gehabt, was die Arbeit seiner Agenten sehr erleichterte. Offenbar hatten sich jetzt die Dinge geändert...
    An diesem Nachmittag, dem letzten der dreitätigen Prüfung, mußten die Jungen noch einmal einzeln in alphabetischer Reihenfolge in den Beratungssaal, wo ihnen die Offiziere verschiedene abschließende Fragen stellten.
    In alphabetischer Reihenfolge - mit einer einzigen Ausnahme.
    Man war allgemein übereingekommen, Lennet als letzten Leckerbissen aufzusparen.
    Montferrand hatte noch immer keine Entscheidung getroffen.
    Er hüllte sich in die dichten Rauchwolken aus seiner Pfeife und prüfte gelangweilt die Gesichter, die sich ihm der Reihe nach darboten. Der da wäre vielleicht für ihn in Betracht gekommen, oder jener dort, aber der kleine Lennet...?
    »So! Das ist geschafft!« erklärte der Infanteriehauptmann.
    »Jetzt hab ich meine alle.«
    »Also bleibt nur noch Ihrer, Montferrand. Darf man erfahren, was Sie beschlossen haben?«
    »Wenn Sie auf Lennet keinen Wert legen", scherzte der Marinebeauftragte, »dann überlassen Sie ihn mir. Er gäbe einen richtigen Schiffsjungen
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