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0097 - Der unheimliche Richter

0097 - Der unheimliche Richter

Titel: 0097 - Der unheimliche Richter
Autoren: Jason Dark
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worden.
    »Ja!« brüllte er. »Hängt diesen Bastard auf! Hängt ihn, bis kein Leben mehr in ihm ist!« Er lachte ebenfalls. Und sein Gelächter vermischte sich mit dem Echo des Richterlachens.
    Maddox schaute zum Zellenfenster hoch.
    »Dich hole ich auch noch!« versprach er. »Warte nur, der Teufel lauert auf Typen wie dich!«
    Das Lachen verstummte. Selbst dem abgebrühten Gefangenen lief ein Schauer über den Rücken. Er zog seinen Kopf ein, verließ den Platz am Fenster und warf sich auf die Pritsche.
    Sir James Maddox aber hatte seinen Triumph. Ja, sein Einfluß war noch groß genug.
    Der Gefängnisdirektor hob die rechte Hand und winkte. Das Zeichen für die Bewacher.
    Sie schoben Maddox weiter.
    Das heißt, sie wollten es, doch der Richter stellte sich stur. Er öffnete den Mund. Wirr hing ihm das grauweiße Haar in die Stirn, als er schrie: »Schafft den Pfaffen weg! Bringt ihn weg! Ich will ihn nicht sehen!«
    Der Priester schaute Maddox an. »Ich würde Ihnen nicht raten, den Trost der Kirche abzulehnen«, sagte er mit einer Stimme, die gerade so laut war, daß sie die Ohren der Anwesenden erreichte.
    »Hau ab!« hielt ihm Maddox entgegen.
    Der Priester hob die Schultern. Über die Stufen hinweg blickte er den Gefängnisdirektor an.
    Der nickte.
    Noch einmal warf der Priester einen Blick auf den Gefangenen, murmelte: »Gott sei seiner Seele gnädig«, und verschwand. Er betrat den Gefängnisbau durch die schmale Seitenpforte.
    Die Bewacher aber stießen Maddox vor.
    Mit ihm zusammen betraten sie den vom Mond beschienenen Gefängnishof. Der Erdtrabant schickte sein Licht auch über das Galgengerüst und ließ die Konturen klar und deutlich hervortreten.
    Der Hof selbst war mit Kopfsteinen gepflastert. Sie glänzten, als wären sie lackiert worden.
    Maddox schritt auf das Gerüst zu. Die Bewacher hatten ihn losgelassen. Zwei gingen vor ihm, die anderen beiden hielten sich hinter seinem Rücken.
    Noch immer standen die Gefangenen an ihren Zellenfenstern. Nahezu gierig schauten sie in den Hof. Sie wollten keine Einzelheit dieser Hinrichtung verpassen.
    Die meisten von ihnen haßten Maddox wie die Pest, deshalb ließen sie sich nichts entgehen.
    Vor der Treppe blieb Maddox stehen. Er schaute nach rechts und dem Gefängnisdirektor ins Gesicht.
    Der senkte den Blick.
    Der Richter lachte höhnisch. »Angst, wie? Du hast Angst! Gib es zu!«
    Der Gefängnisdirektor antwortete nicht.
    »Bist du stumm?«
    »Ist Ihnen Ihr letzter Wunsch erfüllt worden?« fragte er schließlich mit spröder Stimme.
    »Ja, das ist er. Man sollte mich in Ruhe lassen, und man hat mich in Ruhe gelassen.«
    »Dann ist es gut!« Wieder gab Parker ein Zeichen mit der rechten Hand. Es galt den vier Bewachern. Sie stießen Maddox an, damit der die Treppe hochging.
    Sechs Stufen waren es.
    Sechs Stufen bis zum Tod!
    Er mußte sie gehen, es gab keine andere Möglichkeit.
    Maddox hob den rechten Fuß und setzte ihn auf die unterste Stufe. Es gab einen dumpfen Laut, als er das Holz berührte. Dann schritt er weiter.
    Die Bewacher traten zur Seite. Sie wollten ihn den letzten Weg allein gehen lassen.
    Ruhig, ohne mit der Wimper zu zucken, schritt er auf die Plattform zu.
    Die Schlinge war bereits geknüpft. Sie baumelte eine halbe Körperlänge unter dem waagerecht hervorstehenden Balken. Das Mondlicht fiel so in den Hof, daß die Schlinge einen Schatten auf die Falltür warf.
    Maddox drehte sich um.
    Zwei seiner Bewacher nahmen denselben Weg wie er. Die anderen beiden blieben zurück.
    Es hatte sich kein Henker gefunden, der den unheimlichen Richter vom Leben zum Tod beförderte. Deshalb wollten die Bewacher diese Aufgabe übernehmen.
    Parker, der Gefängnisdirektor, war vor dem Gerüst stehengeblieben, hatte seinen Kopf zurückgelegt und schaute zu dem Delinquenten hoch.
    Die Blicke der Männer trafen sich.
    Kalt und gnadenlos glänzten die Augen des Richters, während der Blick des unten stehenden Gefängnisdirektors zuckte. Parker schaute auch schon bald zu Boden.
    Maddox lachte.
    Noch kurz vor seinem Tod fürchteten ihn die anderen. So sollte es auch sein.
    In diesem Augenblick fuhr ein Windstoß in den Gefängnishof, und er zerwühlte die Haare der Männer. Unwillig schüttelte Maddox den Kopf, bevor er hoch zur Schlinge deutete.
    »Los, beeilt euch!« rief er den Henkern zu. »Ich will nicht länger warten, mich friert. In der Hölle ist es wärmer.« Er lachte, als er den betretenen Blick des Gefängnisdirektors sah. Dieser Mann hatte schon
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