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0097 - Das Höllentor

0097 - Das Höllentor

Titel: 0097 - Das Höllentor
Autoren: Dieter Saupe
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nichts zu befürchten. Es ist kein Gift. Nur ein herrlicher Trunk, der dir Lebensfreude und Rhythmus gibt.«
    Faziah nahm die Trinkschale entgegen. Sie sah auf die Herrin des Frauentempels, und diese nickte ihr zu.
    Da setzte sie das Trinkgefäß an die Lippen und nahm den ersten kleinen Schluck.
    ***
    Im Nu ging eine seltsame Verwandlung in ihr vor. Ein mildes Feuer regte sich in ihrem Körper. Tausend kleine, prickelnde Flammen schienen unter der Haut aufzulodern.
    Mechanisch trank sie weiter, trank den gesamten Inhalt der Schale aus.
    Und noch stärker wurde das Feuer in ihr, wollte sie verbrennen. Aber Faziah fürchtete nichts. Noch nie war ihr so leicht gewesen, so beschwingt und locker zumute.
    Schon spürte sie die Nacktheit nicht mehr, die von dem dünnen Gewand nur spärlich bedeckt wurde.
    Ihre Augen weiteten sich, aber jetzt legten sich leichte Nebel auf ihre Lider. Der Raum und die Personen vor ihr verschwanden aus ihrem Gesichtskreis, lösten sich zu matten, fließenden Schemen auf.
    Faziah hörte ein paar Gongschläge.
    Dann kam Musik aus ihrgendeinem Raum, wie von weither.
    Die Mädchen in ihren Tanzgewändern machten die ersten Bewegungen, ließen ihre Körper leicht nach vorn zucken, zogen sie zurück, wiegten sich in der Taille, drehten die Köpfe und ließen die Arme wie Schlangen nach oben kommen. Langsam, leicht, fast schwerelos zuerst.
    Ehe Faziah sich versah, war sie selbst mitten im Kreis dieser Tänzerinnen.
    Und es war, wie man ihr gesagt hatte. Alles war leicht und ging wie von allein. Sie bewegte ihren Körper nicht, sondern er wurde bewegt. Wie von fremder Kraft drehte er sich, wand sich mit den übrigen.
    Faziah preßte die Hand auf ihre Brüste, spürte den jagenden Takt ihres Herzschlags. Dann riß sie die Arme nach oben, brachte die Hände über dem Kopf zusammen, drehte sich wie ein Kreisel, immer schneller, immer wilder.
    Deutlich erklang das Dröhnen von Tamtams und kleinen Silbertrompeten aus dem Nebenraum. Die Musiker blieben unsichtbar.
    Aber der Rhythmus hatte die Mädchen gepackt, und der anfeuernde Trank versetzte sie deutlich in Ekstase. Die Augen der Mädchen glühten, die jungen geschmeidigen Körper verfielen in schnelle Zuckbewegungen.
    Jetzt trat eines der Mädchen vor die Tempelherrin hin, brachte ihr eine Art Huldigungstanz.
    »Faziah auch hierher!« befahl die Frau Ben Jussufs. »Ich will dich nahe bei mir sehen, ganz nahe.«
    Mit ein paar tänzerischen Schritten war Faziah bei ihr, drehte sich vor ihr im Kreise.
    »Spürst du das Rauschen im Blut?« fragte die Tempelherrin.
    Statt einer Antwort legte Faziah die Hände an ihre Hüften, begann sich hin- und herzudrehen. Dann schob sie die Hände nach oben, ließ sie eine kreisende Bewegung um ihre Brüste beschreiben, brachte sie an ihre Wangen. Sie streichelte sich einmal zärtlich und dann wieder wild, als gehöre diese Szene des Zur-Schau-Stellens einem Geliebten und nicht dieser fremdartigen Frau.
    »Weiter!« befahl die Tempelherrin. Und Faziah drehte sich, als sei ein Mechanismus in ihr aufgezogen.
    Ihr Mund war jetzt weit geöffnet, ihr Puls flog in hohem Tempo, Schweiß stand auf ihrer Stirn. Aber noch tanzte sie weiter, hektisch, immer kühner und wilder.
    Sie tanzte eine volle Stunde und brach dann zusammen. Die Tempelherrin gab dem Mädchen einen Wink und ließ es wegtragen.
    ***
    Nicole Duval war zu dieser Stunde mit dem Leihwagen unterwegs und sah sich die Stadt mit ihren orientalisch anmutenden Reizen an. Sie hielt Wort und verließ den Wagen nicht. Fast körperlich spürte sie die Gefahren, die auf sie lauern konnten.
    Nach einer Stunde fuhr sie zum Hotel zurück und bestellte sich ein kleines Diner. Und anschließend verbrachte sie fast eine Stunde mit einer ihrer Lieblingsbeschäftigungen. Sie versuchte sich an einer neuen Frisur. Schließlich entschloß sie sich, ihr langes, blondes Haar zu einem dichten Knoten zu binden. Die gezähmte Haarpracht gefiel ihr immer besser, je länger sie sich kokett im Spiegel betrachtete.
    Währenddessen gab Yamun, der Vater der Berbersippe, Professor Zamorra seinen Bericht. Es war eine Erzählung des Grauens.
    »Es hat vor mehr als acht Wochen begonnen«, erklärte Yamun. »Im ganzen Atlasgebiet verschwanden junge Menschen. Junge Männer und Berbermädchen. Entführt und verschleppt hat man sie, und niemand weiß, wohin.«
    »Gibt es nicht einen Anhaltspunkt?« fragte Zamorra. »Der Fahrer Sim hat mir berichtet, daß Sie einen bestimmten Verdacht haben,
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