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0097 - Das Höllentor

0097 - Das Höllentor

Titel: 0097 - Das Höllentor
Autoren: Dieter Saupe
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Gongschlag. Die Tür wurde von einem Mädchen in langen weißen Gewändern geöffnet.
    Dann trat Faziah hinter dem ersten Wächter ein.
    Was sie sah, war wie in einem orientalischen Märchen. Verglichen mit der armseligen Höhle der Gefangenen, war dies hier ein Prachtpalast. Überall gleißendes Gold und wertvolle Kunstgegenstände, vergoldete Tische und Stühle. Der Raum war mehr als zwanzig Meter lang und ebenso breit. Ringsum lagen kostbare Teppiche auf dem Boden, bis auf ein Quadrat in der Mitte, das mit kleinen bunten Steinen zu einem prächtigen Mosaik ausgelegt war.
    Faziah sollte die Bedeutung dieses Platzes bald kennenlernen.
    Der Wächter schob sie nach vorn, auf eine Art Thron zu, wo eine vermummte Gestalt saß. Sollte das die Herrin der Jussuf-Sippe sein?
    Die Frau war in gelbe Gewänder gehüllt. Auf dem Kopf trug sie die Nachbildung eines Hundeschädels, und das Fell war von außergewöhnlicher Farbe. Es war gelb.
    »Die Gelben Furien!« schoß es Faziah durch den Kopf, als sie nähertrat. Links und rechts von dem thronartigen Stuhl lagen je drei gelbe Hunde auf dem Boden. Sie rührten sich nicht, aber dennoch schreckte Faziah bei ihrem Anblick zusammen.
    »Auf die Knie mit dir!« rief der Wächter ihr zu. Sie sah die lange Peitsche in seiner Hand und kam dem Befehl sofort nach. Sie kniete vor dem Thron mit der fremden Frau, ihr Oberkörper beugte sich zitternd nach vorn.
    »Ihr könnt gehen«, sagte die Frau mit dem Hundekopf zu den Wächtern, und diese verließen den Raum. Die Stimme der Frau klang furchterregend, wie das richtige Knurren eines Hundes.
    »Erhebe dich!« sagte die Herrin. Wieder gehorchte Faziah.
    Aber sie konnte diese fremdartige Frau nicht ansehen. Ihr Blick ging zur Seite, als die andere sie forschend betrachtete.
    »Du bist Faziah von der Sippe der Yamun?«
    »Ja, Herrin«, sagte das Mädchen auf Arabisch.
    »Du bist sehr schön, Faziah.«
    »Danke, Herrin.«
    »Weil du schön bist, wirst du nicht bei den Wasserstollen arbeiten.«
    »Ja, Herrin.«
    »Du wirst hier in meinem Teil des Tempels Dienst tun, Faziah.«
    »Ich will alles tun, was ihr verlangt, Herrin. Ich kann putzen und nähen und euren Tempelraum pflegen.«
    »Dafür gibt es andere Mädchen«, kam die Antwort der Frau.
    Faziah wartete ab und sagte nichts darauf.
    »Gehe dort hinüber, Faziah. Zu dem großen Tisch, der mit Edelsteinen eingefaßt ist. Dort liegt ein Gewand. Du wirst es anlegen.«
    Sie winkte dem Mädchen, das die Tür geöffnet hatte, und dieses kam heran. Es half Faziah, ihre Kleider abzulegen und das betreffende Gewand anzuziehen. Sie kam sich fast nackt darin vor. Es war ein leichtes und lang fließendes Kleid, aus feiner Seide zwar, aber so dünn, daß der Körper des Mädchens fast völlig den Blicken der Frau ausgesetzt war.
    »Komm näher!« befahl die Herrin des Tempels.
    Wieder mußte Faziah gehorchen. Sie ging auf den Thron zu, neigte den Kopf.
    »Du wirst tanzen«, sagte die Frau.
    Faziah erschrak. Also war ihr Gedanke richtig gewesen, als man sie raubte!
    »Nein, Herrin!« entfuhr es ihr. »Nicht tanzen, bitte nicht!«
    »Schweig!« kam die knurrende Stimme der hundeköpfigen Herrin. »Ich bin die Herrin hier, die Herrin des Frauentempels. Du wirst für mich tanzen, nur für mich. Du und ein paar andere Mädchen. Wenn du dich weigerst, wirst du die Knute spüren. Oder ich gebe dich zum Tanzen in den Männertempel oben. Du kannst es dir aussuchen.«
    Faziah war über diese Lösung sogar ein wenig erleichtert. Sie hätte es nicht überwunden, für Ben Jussuf und seine rauhen, wilden Männer in diesem durchsichtigen Kostüm tanzen zu müssen.
    »Ich kenne die Tempeltänze aber nicht«, gab sie zu bedenken.
    »Du wirst sie kennen, vom ersten Augenblick an«, war die Antwort. Darauf winkte sie dem Mädchen, das in Erwartung ihrer Befehle an dem Umkleidetisch stehengeblieben war.
    Das Mädchen verstand die verschiedenen Handzeichen sehr gut. Faziah sah, wie es einen Schritt zur linken Wand tat. Dort hing ein mächtiger Gong. Das Mädchen nahm den goldenen Schlegel, der danebenhing, und schlug damit dreimal auf das runde Instrument. Mächtig ertönten die Gongschläge.
    Wie von Geisterhand wurde eine unsichtbare Tür weiter rechts geöffnet. Fünf Mädchen traten ein, jedes wie Faziah in lang wallende, den Körper umschmeichelnde Seidenkleider gehüllt.
    Das erste Mädchen trug eine Trinkschale in den Händen. Es kam auf Faziah zu und reichte ihr die Schale.
    »Trink«, sagte sie leise. »Du brauchst
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