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0091 - Götzen und gelbe Gangster

0091 - Götzen und gelbe Gangster

Titel: 0091 - Götzen und gelbe Gangster
Autoren: Götzen und gelbe Gangster
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verschwand. Wir sahen uns an und wussten nicht, ob wir lachen oder ärgerlich sein sollten. Noch bevor wir uns entschieden hatten, wurde weiter hinten im Raum ein bunter Vorhang zur Seite geschoben und ein alter Mann kam herein, der in jeder Beziehung eine bemerkenswerte Erscheinung war.
    Zunächst hatte er ein unbestimmbares Alter zwischen siebzig und neunzig. Von den sehr schräg gestellten Augen war nicht viel zu erkennen, denn sie lagen so tief in den dunklen Höhlen, dass der Schädel etwas Totenkopf artiges erhielt. Hinten auf dem sonst völlig kahl geschorenen Kopf baumelte ein langer Zopf. Die Fingernägel des Mannes hatten die beachtliche Länge von einigen Zentimeter und sahen gefährlich aus.
    Er trug ein seidenes Gewand, das er sich, wer weiß wie, um den Leib geschlungen hatte. Unwahrscheinlich breite Armei hingen fast bis auf den Boden hinab. Schwarz und Gold wechselten in den Farben, und man konnte auf dem feinen Stoff einige drachenähnliche Ungeheuer erkennen. Mir kamen die Biester aber eher komisch als drohend vor.
    Vor uns blieb er stehen, verneigte sich würdevoll und sagte mit einer hohen, piepsigen Stimme: »Sen Li Tang wird versuchen, den geehrten Gentlemen die poesievolle Karte unseres Hauses zu erklären.«
    »Nicht nötig«, winkte Phil ab. »Wir verstehen doch nichts vom Kochen. Wir verlassen uns ganz einfach auf Sie. Wir sind sehr hungrig und möchten zunächst einmal satt werden. Zweitens muss es für normale nordamerikanische Kehlen ein bisschen schmackhaft sein. Und drittens sind wir nur mittlere Gehaltsempfänger, sodass der ganze Spaß im Rahmen erschwinglicher Beträge bleiben muss. Verstehen wir uns?«
    Sen Li Tang verneigte sich.
    »Ich bin der unwürdige Diener der geehrten Herrschaften«, versicherte er. »Die gnädigen Herren werden meinen guten Willen sehen und unsere unwürdigen Speisen vielleicht bekömmlich finden.«
    Ich kann nicht dafür, so geschraubt sprach er. Anschließend diktierte er dem Kellner in Chinesisch eine Unmenge Dinge. Wir harrten geduldig der Dinge, die da kommen würden. Gerade war das Diktat abgeschlossen, da erschien ein Zeitungsboy im Lokal und brachte ein paar Tageszeitungen von Frisco und einen Stapel Illustrierte.
    Sen Li Tang gab dem Jungen ein Trinkgeld, nahm die Zeitschriften und verschwand damit hinter dem Vorhang. Wir kauften uns zwei verschiedene Tageszeitungen und blätterten sie durch. Schon nach überraschend kurzer Zeit erschien der Kellner und brachte das Essen.
    Bis zu diesem Augenblick waren wir noch keine Minute unbeobachtet gewesen, sodass ich mich noch nicht um das hatte kümmern können, was mir der Schuhputzer in den Schuh geschoben hatte. Jetzt ging es schon gar nicht, denn zwei Kellner stürzten sich auf uns. Einer servierte' ununterbrochen neue Schälchen mit roten, grünen, blauen, braunen, violetten und gelben Speisen, während ein weiterer die geleerten Schälchen wieder abservierte.
    Es schmeckte recht gut, obgleich wir bei dem meisten nicht wussten, was wir da eigentlich aßen. Genau zu dem Zeitpunkt, als wir richtig satt waren, wurde als Abschluss ein türkischer Mokka serviert. Danach zogen sich beide Kellner zurück.
    Ich nutzte die Chance, bückte mich und zog einen zusammengefalteten Zettel aus dem Schuh. Nur ein paar Worte standen drauf: »Ab siebzehn Uhr dreißig bei Mrs. Leesam, 311, West Road.«
    ***
    Sen Li Tang hatte sich mit den Zeitschriften in ein europäisch eingerichtetes Büro begeben. Er setzte sich in einen hohen Lehnstuhl und blätterte die Illustrierten durch. Trotz seines Alters sah Sen Li Tang gern junge Mädchen, wenn auch nur in einer Illustrierten.
    Bedächtig wandte er Seite auf Seite um. Sein asketenhaftes Gesicht blieb ausdruckslos wie das einer Statue. Die dürren Greisenfinger zupften in unerschütterlicher Ruhe an den Ecken der Seiten, die er umblätterte.
    Plötzlich stutze er. Ein großes Foto hatte seine Aufmerksamkeit erregt. Genau besah er sich die zwei darauf abgebildeten Männer. Da es ein ungewöhnlich scharfes Farbfoto war, konnte man jede Einzelheit gut erkennen. Die beiden Männer hielten Pistolen in der Hand, und einer wischte sich einen Blutstreifen aus dem Gesicht, der von der Schläfe herabsickerte. Hinter ihnen konnte man eine Hauswand erkennen, die deutlich Spuren von Schüssen zeigte.
    Der Blick des alten Chinesen glitt zur Unterschrift, die unter dem Bild stand. Ein paar Zeilen nur, von denen die erste fett gedruckt war.
    »New Yorks FBI räumt auf. - Unserer G-men im
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