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0080 - Ich und die Zeitungshyänen

0080 - Ich und die Zeitungshyänen

Titel: 0080 - Ich und die Zeitungshyänen
Autoren: Ich und die Zeitungshyänen
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wie er die Augen aufriss, den Kopf hochwarf und mich anblickte, aber er fasste sich rasch, steckte meine Brieftasche in seinen Anzug und sagte rau: »Ten, erledige ihn!«
    »Hier?«, fragte der Gummikauer.
    »Ja!«, schrie Coon ungeduldig. »Sofort!«
    Ten Baber zuckte die Schultern, trat einen Schritt zurück und hob seine Pistole ein wenig an.
    Ich begriff, dass ich nur noch einen Atemzug lang zu leben hatte, und ich benutzte diesen Atemzug, um zu sagen: »Clearance, warum sagst du deinen Leuten nicht, dass du gerade meinen FBI-Ausweis gefunden hast?«
    Der Satz wirkte. Baber ließ sein Schießeisen sinken. Alle Köpfe der Gangster wandten sich Coon zu, und in jedem Gesicht stand die gleiche Frage geschrieben.
    »Schieß!«, knirschte Coon, aber Baber gehorchte nicht.
    »Du hast mich zwar immer im Verdacht gehabt, Clearance«, fuhr ich fort, »aber du verdächtigtest mich, mit Criss Lender unter einer Decke zu stecken. Vielleicht schwante dir auch, dass ich für das FBI arbeitete, aber deinen Leuten jedenfalls hast du nichts davon gesagt.«
    Coon stampfte mit den Füßen auf.
    »Schieß!«, brüllte er.
    Aber Ten Baber drückte nicht ab. Zum ersten Mal hörte ich, dass er überhaupt fähig war, ganze Sätze zu sprechen.
    »Ist er wirklich ein G-man, Chef?«, fragte er.
    »Was tut das zur Sache?«, bellte Coon. »Knalle ihn endlich ab!«
    Aber Baber schüttelte den dicken Kopf.
    »No, Chef, auf einen G-man möchte ich nicht schießen. Ist doch klar, dass der Kerl längst alles seinem Verein berichtet hat. Wenn ich ihn umlege, dann fassen mich seine Kollegen, und dann ist mein Kopf keinen Cent mehr wert.«
    Ich grinste, obwohl mir meine geschwollenen Lippen dabei höllisch wehtaten. Ich kannte diese Einstellung jener primitiven Gangstertypen, zu denen der Gummi kauende Ten und seine Kumpane gehörten. Männer seines Schlages gehen bedenkenlos mit der Pistole und dem Messer um. Sie lassen sich auch, wenn es gerade so hinkommt, auf eine Schießerei mit Cops und G-men ein, aber sie scheuen davor zurück, einen richtigen Mord an einem G-man zu begehen. Sie glauben, dass die G-men nichts so aufbringt wie ein Mord an einem Kameraden, und weil sie im tiefsten Winkel ihres Herzens einen höllischen Respekt vor dem FBI haben, vermeiden sie es, Taten zu begehen, von denen sie glauben, sie könnten das FBI besonders wild machen.
    Mir jedenfalls rettete in diesem Augenblick die tief verwurzelte Angst Ten Babers das Leben, genauer gesagt, sie erlaubte mir, noch ein paar Atemzüge zu tun. Denn Clearance Coon teilte den Respekt nicht. Er riss die Websterpistole aus der Tasche.
    »Wenn ihr zu feige seid, erledige ich es selbst«, schrie er. Ich sah mich gewissermaßen selbst schon als Leiche, und ich konstatierte mit Verwunderung, dass ich keine Angst empfand. Ich wunderte mich, dass meine Stimme gelassen klang, als ich sagte: »Seht gut hin, Jungs, wenn er mich jetzt erledigt. Ihr werdet als Zeugen und Mitschuldige antreten müssen, wenn das FBI euch gefasst und vor den Richter gestellt hat. Und wenn ihr euch länger auf freiem Fuß befinden solltet, dann passt gut auf, dass ihr euch keine Kugel aus der gleichen Pistole einfangt, aus der ich jetzt erledigt werde. Ihr seid Augenzeugen, wie er mich erschoss, und kein Chef kann vertragen, dass lebendige Zeugen herumlaufen, deren Aussage ihn auf den elektrischen Stuhl bringen kann.«
    Sie begriffen, was ich meinte, aber das allein wäre noch nicht meine Rettung gewesen, den Clearance Coon war nicht mehr zu stoppen.
    Ich sah genau, wie sich sein Finger krümmte. Es war also aus!
    Es war nicht aus. Ich hörte den Hahn aufschlagen, aber kein Schuss löste sich.
    Sie erinnern sich, dass ich die Webster genau nachgesehen hatte, bevor ich mit Coon fuhr, und ich verstehe etwas von Kanonen. Eine Pistole, die ich überprüfe, ist in Ordnung, glauben Sie mir. Fragen Sie mich nicht, woran es gelegen hat, dass das Ding trotzdem nicht funktionierte. Ich weiß es nicht, aber ich mache mir so meine Gedanken darüber, wenn ich allein bin. Ich glaube, dass jenseits von aller Mechanik und aller Technik doch dafür gesorgt wird, dass die Schlechten auf dieser Erde nicht so ohne Weiteres recht behalten, wenn sie gerade mal die besseren Karten in der Hand haben. Mir bleibt gar nichts anderes übrig, als das zu glauben. Ich habe so oft meinen Kopf hingehalten und habe so häufig in verzweifelten Situationen gesteckt, dass ich es nicht einfach mit Glück oder gar Geschicklichkeit erklären kann, wenn ich
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