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0069 - Das Gericht der Toten

0069 - Das Gericht der Toten

Titel: 0069 - Das Gericht der Toten
Autoren: Hans Wolf Sommer
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winkte Bill vor den Nebelkreis.
    »Sonst niemand?« erkundigte sich der Amon-Priester.
    »Niemand!«
    »Dann schnell!«
    Sekere streckte ihnen seine Rechte entgegen.
    ***
    Man mußte sich wohl erst daran gewöhnen, in von Fackeln erleuchteten Grabkammern zu wohnen. Auch wenn sie so – relativ – komfortabel ausgestattet waren, wie das Innere der Mastaba des Wesirs Aja-Chet, in die sich Sekere aus Furcht vor dem verfluchten Pharao geflüchtet hatte. Die Tatsache, daß Zamorra und Bill auf goldenen Stühlen saßen, trug jedenfalls nicht zu ihrem Wohlbefinden bei.
    Auch Sekere selbst, der ihnen gegenübersaß und aus einem Krug trank, dessen Boden er vermutlich niemals sehen würde, war weit davon entfernt, sich wohlzufühlen.
    Er hatte Angst, mörderische Angst.
    »Neferptah ist ein Teufel«, sagte er.
    »Seine Rache an allen, die ihn damals stürzten und mit dem Bann belegten, wird furchtbar sein. Töten wird er uns alle. Und ich, der ich der Vater seines Sturzes bin, werde der erste sein.«
    Zamorra fand es ausgesprochen komisch, daß ein Toter befürchtete, getötet zu werden.
    »Was geschieht, wenn ein Kaa getötet wird?« erkundigte er sich.
    Sekere warf die Arme in die Luft.
    »Das große Nichts!« rief er verzweifelt. »Es gibt kein Jenseits nach dem Jenseits. Der Geist wird vom großen Nichts verschlungen wie das Schwein vom Krokodil. Alles ist dann zu Ende!«
    »So kann also jeder Kaa hingehen und einen anderen umbringen, wenn er dazu Lust verspürt? Und wie wird die Tat geahndet? Würden Osiris und der Gerichtshof der Dämonen nicht gegen den Mörder einschreiten?«
    Die Antwort des Amon-Priesters überraschte Zamorra und Bill sehr.
    »Kein Kaa kann einen anderen töten«, sagte er. »Auch verletzen kann er ihn nicht. Seht!«
    Sekere verließ seinen Stuhl, nahm von einem Wandvorsprung ein golden glänzendes Stilett und kam auf Zamorra zu.
    »Fürchte dich nicht«, sagte er. Er nahm den Arm ein Stückchen zurück und ließ ihn dann nach vorne zucken.
    Wie ein von der Sehne schnellender Pfeil näherte sich die spitze Klinge der Brust des Professors.
    Zamorra reagierte gedankenschnell. Er warf sich zur Seite und packte gleichzeitig die heimtückische Mörderhand und schmetterte sie auf die Lehne des goldenen Stuhls. Das Stilett fiel auf den Boden.
    Bill hatte fast genauso schnell reagiert. Er war hochgefedert und nahm das Messer jetzt an sich. Drohend trat er auf Sekere zu, den Zamorra inzwischen erbittert weggestoßen hatte.
    »Du hinterlistiger Meuchelmörder«, tobte er. »Eigentlich sollte man dir die Klinge in den Bauch rammen, so daß sie hinten wieder rauskommt.«
    Der Priester lächelte.
    »Tu es, mein Freund«, sagte er. Und dann stellt er sich einladend in Positur.
    Bill runzelte die Stirn. Zwar hatte er einen bösen Zorn im Bauch, aber er hätte es dennoch niemals fertiggebracht, einen Wehrlosen mit dem Messer zu malträtieren.
    »Du spinnst, Priester«, sagte er.
    Sekere, der seine Gedanken zu erraten schien, streckte ihm ganz langsam eine Hand entgegen.
    »Wenn meinen Bauch du nicht als Ziel des Messers wählen willst, nimm meine Hand. Stoß zu!«
    »Vielleicht will er wirklich nur etwas demonstrieren«, ließ sich Zamorra aus dem Hintergrund vernehmen. »Du kannst ja mal versuchen, seine Hand zu ritzen.«
    Zögernd hob Bill das Messer, das ihm als Rechtshänder ziemlich schlecht in der linken Hand lag.
    »Wenn du meinst…« Er beugte sich vor und stieß die Klinge ganz leicht in Sekeres Handballen. Er sah, wie die Spitze mehrere Millimeter in das Fleisch eindrang. Als er die Klinge dann aber zurückzog, war sie völlig unbefleckt. Auch an Sekeres Hand ließen sich keine Spuren des Einstichs feststellen.
    »Tiefer!« forderte ihn der Priester auf. »Durchbohre die Hand!«
    Und als Bill wieder zögerte, ergriff er selbst die Initiative und stülpte seine Innenhand förmlich über das ihm entgegengereckte Stillet. Die Klinge durchbohrte die Hand und trat zentimeterweit aus dem Handrücken heraus. Dann zog Sekere sie wieder zurück und zeigte sie vor. Nicht die Spur einer Verletzung.
    Wenig später saßen die drei Männer wieder auf den Stühlen und ließen den Weinkrug kreisen.
    Bill war es, der die auf der Hand liegende Frage stellte: »Warum, Sekere, fürchtest du dich vor Neferptah? Wenn er dich weder töten noch verletzen kann…«
    »Ich hab’s«, warf Zamorra ein. »Du fürchtest dich vor der Magie Neferptahs! Stimmt es, Priester des Amon?«
    Sekere verneinte.
    »In diesem Reich gibt es
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