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0055 - Die Nacht der gelben Kutten

0055 - Die Nacht der gelben Kutten

Titel: 0055 - Die Nacht der gelben Kutten
Autoren: Dieter Saupe
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der Anführer. »Er kennt den Weg. Und du wirst ihm folgen. Ich selbst werde achtgeben, daß das Mädchen Sita nicht vom Weg abkommt.«
    Er grinste hämisch und machte dem anderen ein Zeichen.
    Zu ihrem Erstaunen sah Sita, daß es noch einen anderen, viel weniger steilen Weg um die vielen hundert Treppen zum Tempel gab.
    Der Anführer gab ihr einen kurzen, schnellen Stoß in den Rücken.
    Da mußte Sita sich fügen. Langsam setzte sie einen Fuß vor den anderen. Aber sofort trieb der Anführer sie zur Eile an.
    ***
    Für Sita wurde es ein Weg durch die Hölle. Der Mann vor ihr schlug den Weg zum Fluß hinunter ein. Eine panische Angst beschlich das Mädchen. Was geschah, wenn die Männer sie gar nicht zu den Shuris, den sagenhaften Furien irgendwo in einem Tempel unter dem See, hinführen sollten?
    Vielleicht wollten sie ihr auch nur Angst einjagen? Unten am Ganga, dem großen Fluß, wo der Wald auseinandertritt und den starken Strom hindurchläßt, lauerten in der Dämmerung die Krokodile auf ihre Beute.
    Und oben am Hang, auf den der Weg führen würde, gab es Schlangen, Leoparden und Schakale.
    Sita sollte bald erfahren, daß man sie wirklich zu den Shuris bringen wollte. Aber sie erfuhr es auf eine niederträchtige und gemeine Art.
    Batak, der den Weg anzeigte, schien Augen wie eine Raubkatze zu haben.
    Ohne auch nur ein einziges Mal anzuhalten, ging er dem Mädchen und dem Anführer voran.
    Sita glaubte bald, daß der Anführer eine gewisse Entfernung zwischen sich und Batak bringen wollte. Plötzlich fühlte sie seinen heißen Atem an ihrem rechten Ohr. »Geh langsamer, Sita«, sagte eine so fremde Stimme, daß es Sita vorkam, als käme sie von einem völlig anderen Menschen.
    »Warum?« fragte sie ängstlich zurück. »Ich kann Batak nicht mehr sehen. Wir müssen ihm doch folgen.«
    »Ja, das müssen wir. Aber nicht so schnell. Ich will nicht, daß du ausgleitest oder fällst.«
    Sita antwortete nicht darauf. Wenn sie jetzt immer langsamer ging, war es nicht, weil sie dem Befehl des Anführers gehorchen wollte.
    Sie mußte äußerst vorsichtig sein, sich vor jedem neuen Schritt am Boden hintasten, um möglichen Hindernissen aus dem Wege zu gehen.
    Da spürte sie wieder den heißen Atem, hörte wieder die fremdklingende Stimme hinter sich.
    »Bleib stehen, Sita«, herrschte der Anführer sie an.
    Sie achtete nicht darauf und ging weiter. Da spürte sie plötzlich eine gierig zugreifende Hand auf dem Stoff über ihrem Schenkel.
    Von Ekel und Scham erfüllt, wollte sie weglaufen. Aber schon hatte der Anführer sie gepackt und an sich gerissen.
    »Sita«, sagte der Mann wie von Sinnen. »Ich muß dich zu den Shuris bringen, das weißt du.«
    »Ich weiß«, sagte das Mädchen nur. »Laß mich los.«
    Aber er packte sie nur noch fester.
    »Sie werden dich beschenken und belohnen«, sagte er. »Du wirst tanzen für sie, und sie werden noch mehr von dir fordern. Wenn sie dich schlecht behandeln, wirst du es mir sagen. Ich habe viel Einfluß im Tempel unter den Wassern.«
    »Laß mich endlich los!« rief Sita laut. »Ich lasse dich los, aber ich werde dich erst haben, du schönes kleines Biest aus der Sippe der verfluchten Raja. Ich werde dich darauf vorbereiten, wie die Shuris mit dir umgehen.«
    Als sie sich umsah, stand Batak hinter ihr. Der kurze Dolch, der in dem unheimlich schwachen Licht zwischen den Palmen aufleuchtete, war nicht auf sie gerichtet. Seine Spitze zeigte genau auf die Brust des Anführers.
    »Ab jetzt gehst du voraus, Katiya«, sagte Batak hart. »Du sollst das Mädchen zu den Shuris bringen. Und du sollst es unberührt hinbringen. Wenn sie unrein ist, hast du dein Leben verwirkt. Wenn du sie noch einmal anrührst, ersteche ich dich. Die Shuris werden deinen Tod nicht bedauern, wenn ich Ihnen sage, daß du dich ihres Eigentums bemächtigen wolltest.«
    »Batak!« sagte der Anführer fast flehentlich. »Es ist der Mann in mir, verstehe mich doch. Wir könnten beide unseren Spaß mit der Kleinen haben… denke daran, daß ich immer gut zu dir war.«
    »Ja, du räudiger Hund von einem Anführer!« schrie Batak ihn an.
    »Deine Stockschläge, die haben es gut gemeint, was? Kein Wort mehr jetzt. Geh voran, Katiya, oder ich steche zu.«
    Da trat der Anführer an Sita vorbei und ging den beiden voran.
    Sita wußte bald, daß dieser Batak sie besser beschützen würde, wenn sie einmal Hilfe brauchen sollte. Während des ganzen weiteren Weges wurde das Mädchen von keiner Aufdringlichkeit mehr
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