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0055 - Die Nacht der gelben Kutten

0055 - Die Nacht der gelben Kutten

Titel: 0055 - Die Nacht der gelben Kutten
Autoren: Dieter Saupe
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dann werde ich dich anrühren, so oft und so lange ich will. Und wenn du dich weigerst, werde ich Siri holen lassen, damit sie uns zusieht.«
    Als der Shuri diesen Namen nannte, wurde Sita bleich und begann zu zittern. Siri war der Name ihrer Schwester, die vor einigen Tagen spurlos verschwunden war. Sollte dieser Unhold auch sie in seiner Gewalt haben?
    »Ist Siri – ist sie auch hier, in deinem Tempel?«
    »Ja«, sagte der Shuri. »Und es geht ihr nicht sehr gut. Sie kann nicht auf dem Rücken liegen, und sie hat starken Hunger, die Ärmste.«
    Sita wäre am liebsten wie eine Raubkatze auf den Shuri zugesprungen. Sie ballte die Hände zu Fäusten. Aber sie sah ein, daß sie darin nur allzu lächerliche Waffen hatte. Sie würde weder gegen den Shuri selbst ankommen noch gegen seine Gelben Furien, die er beim geringsten Angriff rufen würde.
    »Was hast du mit Siri gemacht?« fauchte sie los. »Wo ist sie? Kann ich sie sehen?«
    »Du darfst sie nicht sehen. Und ich habe gar nichts mit ihr gemacht. Das hat Katiya für mich besorgt.«
    Plötzlich, als der Shuri das sagte, kam Sita eine Idee. Wenn dieser gräßliche Geist von einem König sich ihr allzu sehr nähern wollte, würde sie zu einer prächtigen List greifen können.
    Sita frohlockte innerlich.
    »Dieser Knecht, dieser erbärmliche Hund von einem Katiya, besorgt ja so manches für dich«, sagte sie ruhig.
    Der Shuri stutzte, sagte aber nichts darauf.
    »Und warum laßt ihr Siri hungern?« fragte Sita weiter.
    »Die Stockschläge hat sie erhalten, weil sie nicht vor mir tanzen wollte. Und hungern muß sie seit drei Tagen, weil sie uns nicht sagen will, wo eure Schwester Manika ist. Ich hoffe, du wirst da ein wenig klüger sein und mir sagen, wo ihr das allerliebste Kind versteckt haltet.«
    Sita fühlte das Blut an ihre Schläfen pochen.
    Die Shuris wollten sich also auch noch Manikas, der jüngsten und zartesten Schwester, bemächtigen!
    Nein, dachte Sita. Siri hat euch nichts verraten, und aus mir werdet ihr auch keinen Ton herausbekommen.
    »Nun darfst du keine Fragen mehr stellen«, donnerte der Shuri los.
    »Du wirst dich jetzt entkleiden und vor mir tanzen, wie ich es will.«
    »Ich werde nicht tun, was du willst«, fauchte sie, bereit, sich bis aufs äußerste zu verteidigen.
    »Du irrst dich, Mädchen«, sagte der Unhold und kam langsam auf sie zu. Dabei stieß er mit einem Elfenbeinstock gegen den schweren Gong. Sofort erschien eine der Gelben Furien.
    »Bring mir eine Peitsche!« befahl der Große Shuri. »Dieses Mädchen versteht meine normale Sprache nicht. Ich muß anders mit ihr reden.«
    Die Furie verschwand und kam bald mit einer langen Peitsche wieder. Diese bestand aus einem Schilfrohr, an dessen oberem Ende drei lange dünne Riemen aus Krokodilleder befestigt waren.
    »Also, Sita. Herunter mit dem Kleid und tanze!«
    Das Mädchen blieb wie angewurzelt stehen. Erst, als der Shuri bedrohlich näherkam und ein paar schallende Laute mit seiner Peitsche abgab, kroch die Angst in ihr hoch.
    Da aber entsann sie sich ihrer List.
    »Ich tanze vor dir, Großer Shuri« sagte sie. »Aber ich will wissen, was du mit mir tun wirst, wenn ich dir gehorche.«
    Mit wenigen schnellen Sprüngen war sie an dem Unheimlichen vorbei und stand in der Mitte des Prunksaales.
    »Du wirst dich an mir satt sehen wollen, nicht wahr?« fragte sie.
    »So ist es«, sagte der Shuri und verschlang sie mit den Augen.
    »Und dann – was ist dann?« fragte Sita weiter.
    »Dann wird der König aller Shuris dir zeigen, wie stark ein König in der Liebe ist.«
    »Ha!« rief Sita verächtlich aus. »Du und ein König? Du bist ja kein König mehr, wenn du eine Berührte nimmst. Du machst dich lächerlich, und du wirst verpestet sein wie deine hündischen Diener, die sich über deine Beute hermachen!«
    Der Shuri mußte sich einen Augenblick fassen, bevor er reagieren konnte.
    Dann trat er dicht vor Sita. Er sah ihre Nacktheit nicht mehr. Ihre Worte waren zu stark für ihn gewesen, zu ungeheuerlich.
    »Was hast du da gesagt, du Hündin? Willst du deinen König verhöhnen? Willst du ihn anlügen?«
    Sie hatte gesehen, wie ihre Worte auf den Shuri wirkten. Sie mußte ihre List jetzt ganz ausspielen. Sie war diesem Dämon auf Gedeih und Verderb ausgeliefert. Und sie wußte auch, daß er seine Drohung wahr machen würde. Es gab kein Entrinnen für sie aus dem Tempel unter den Wassern, wenn nicht ein Wunder geschah.
    »Ich selbst stamme aus dem Geschlecht eines großen Königs«, sagte
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