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0054 - Wir und der Hellseher

0054 - Wir und der Hellseher

Titel: 0054 - Wir und der Hellseher
Autoren: Wir und der Hellseher
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Uhr morgens zurück. Sie behaupten, im Bett gelegen und nichts gehört zu haben. Nach Aussagen der Gäste jener Party ist Cresbyl allein fortgegangen, und nach Aussagen Ihres Butlers, Mr. James Lumm, der ihm öffnete, war er allein, als er in der Wohnung ankam. Er schickte den Butler zu Bett, und Lumm begab sich in sein Zimmer in die dritte Etage. Um sechs Uhr riefen Sie, Mrs. Cresbyl, die Polizei an und meldeten, dass Ihr Mann ermordet worden sei. Nach Feststellung des Polizeiarztes ist er aber bereits zwischen drei und vier Uhr, also mindestens zwei Stunden vor Ihrem Anruf umgebracht worden. Da er um drei Uhr das Haus allein betrat, kommen nur Sie oder der Butler als Täter in Betracht. Ebenfalls nach polizeiärztlicher Feststellung sind die Stiche mit dem Eispickel, die ihn töteten, von rechts nach links geführt worden. Ich habe Ihnen genau erklärt, Mrs. Cresbyl, wie unsere Ärzte solche Details feststellen können. Ihr Butler aber, Mrs. Cresbyl, ist einarmig. Ihm fehlt der rechte Arm. Er kann diese Stiche nicht geführt haben, und er scheidet damit als Täter mit absoluter Sicherheit aus. Wer bleibt? Nur Sie, Irene Cresbyl. Wollen Sie nicht endlich gestehen?«
    Irene Cresbyl begann wieder zu weinen.
    »Ich tat es nicht«, stammelte sie unter Tränen.
    »Wer soll es denn gewesen sein?«, fragte Richter McRoy hart.
    »Meine Mandantin hat hundertmal erklärt, dass Sie nichts weiß«, fuhr Walman dazwischen. »Sie hat geschlafen, hat nichts gesehen und nichts gehört.«
    »Ich bezweifle, dass Sie mit dieser Taktik bei den Geschworenen Erfolg haben werden«, sagte der Richter. Er gab dem Sergeant des Untersuchungsgefängnisses ein Zeichen, die Frau in ihre Zelle zurückzuführen.
    Sobald Irene Cresbyl das Zimmer verlassen hatte, sagte der Anwalt: »Ich stelle noch einmal den Antrag, Mrs. Cresbyl gegen Kaution freizulassen. Ich bin befugt, jede Summe zu akzeptieren.«
    »Walman, es gibt keine Freilassung gegen Kaution bei Mordverdacht«, erklärte McRoy geduldig. »Sie wissen das so gut wie ich. Warum fangen Sie immer wieder davon an? Und in wessen Auftrag versuchen Sie, die Frau aus dem Gefängnis zu holen?«
    Der Anwalt überhörte die Frage, als wäre sie nicht gestellt. Stattdessen versuchte er, dem Richter die Freigabe gegen Kaution abzuhandeln. McRoy hörte ihn voller Geduld an. Erst nach einer vollen Viertelstunde warf er den Anwalt endgültig hinaus.
    »Ein widerlicher Bursche«, sagte er zu mir, der ich stumm dem ganzen Verhör gefolgt war, als sich die Tür endlich hinter Walman geschlossen hatte.
    »Ein Richter sollte keine Vorurteile haben«, lachte ich.
    »Sie haben recht, Agent Cotton, aber bei Walman fällt das schwer. Ich habe noch nie erlebt, dass er jemanden verteidigt hat, der wirklich unschuldig war. Ich glaube, er würde einen Kindermörder verteidigen, wenn er es bezahlt bekäme. Er ist der typische Gangsteranwalt.«
    »Haben Sie den Eindruck, dass Irene Cresbyl ein Gangmitglied ist?«
    Er überlegte kurz und entschied dann: »Nein, aber ich wüsste gern, wer Walman als Anwalt empfohlen hat, und wer die hohe Kaution zu zahlen bereit ist. Wollen Sie versuchen, es herauszubekommen, Agent Cotton? Ich habe Bedenken, die Gerichtsverhandlung eröffnen zu lassen, ohne ganz sicher zu sein, dass alle Gründe und Hintergründe der Tat restlos geklärt sind. Nach den augenblicklich vorliegenden Beweisen wird Irene Cresbyl verurteilt, auch ohne Geständnis, und es wäre schrecklich, wenn dieses Urteil ein Fehlurteil wäre, schrecklich auch für Sie, Agent Cotton.«
    Er hatte recht. Die Fahndung nach dem Mörder von John Cresbyl hatten Phil und ich geführt. Wir haben zunächst in anderer Richtung gesucht, denn vor Jahren war einmal der Name Cresbyl von den Lippen eines schwer verwundeten Gangsters der Tootenham-Bande gefallen, und dieser Name war das letzte Wort, das der Mann sagte. Eine Sekunde später war er tot.
    Vielleicht auch hatte der Polizist, der den angeschossenen Gangster fand, sich verhört, denn John Cresbyls Alibi war über jeden Zweifel erhaben. Wenig später fand übrigens auch Tootenham selbst ein gewaltsames Ende, und seine Gang löste sich auf. Niemals wurden diese Morde geklärt.
    Diese alten Geschichten hatten Phil und ich im Auge gehabt, als wir uns daran machten, den Mord an John Cresbyl zu klären. Aber es fand sich keine Lösung in dieser Richtung. Cresbyl war ein ehrenwerter, wenn auch sicherlich nicht sympathischer Mann. Er besaß eine Anzahl von Textilgeschäften, die billige
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