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0050 - Der Stein des Satans

0050 - Der Stein des Satans

Titel: 0050 - Der Stein des Satans
Autoren: Susanne Wiemer
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vollkommen erschöpft hatte und von der Sie sich vermutlich mehrere Wochen lang würde erholen müssen.
    Marco Diaz wusste es ebenfalls. Er hob bedauernd die Achseln.
    »Tut mir Leid, Professor«, sagte er. »Wir haben die Grenze erreicht. Es wäre unverantwortlich, noch einen weiteren Versuch zu machen.«
    »Selbstverständlich. Sie haben mir sehr geholfen, Señor Diaz. Ich würde mich gern bei Señorita Labianca persönlich bedanken, aber Sie verstehen sicher, dass mir jetzt die Zeit auf den Nägeln brennt.«
    »Ich verstehe vollkommen. Und ich teile Ihre Sorge. Würden Sie mich informieren, wenn Sie etwas herausgefunden haben?«
    »Sobald ich Gelegenheit dazu finde. Nochmals vielen Dank, Señor Diaz…«
    Zamorra rief sich ein Taxi.
    Der Fahrer war schlechter Laune, was bei Pariser Taxifahrern eine Berufskrankheit ist, aber der Professor hatte ohnehin kein Verlangen nach einer Unterhaltung. Er dachte an Nicole, an jenen erschreckenden Augenblick, in dem sie plötzlich »da« gewesen war, ganz real, und er suchte verzweifelt nach einer Erklärung, die ihm die Möglichkeit ließ, nicht das Schlimmste anzunehmen.
    Im Hotel erfuhr er, dass ein Anruf von Château Montagne für ihn eingegangen war.
    Sein Herz schlug plötzlich schneller. Er ahnte, spürte förmlich, dass es eine Schreckensnachricht war, die ihn erwartete. Noch in der Halle meldete er den Rückruf an, und in seinem Zimmer schienen sich die Minuten zu Ewigkeiten zu dehnen, bis endlich der dezente Summton des cremefarbenen Telefons anschlug.
    Raffael Bois, der Butler, war am anderen Ende der Leitung.
    Und seine Worte gingen Zamorra wie ein Messer unter die Haut.
    »Sie müssen sofort zurückkommen, Professor! Mademoiselle Duval und Monsieur Fleming sind spurlos verschwunden…«
    ***
    Sonnenschein.
    Wind, der in Baumwipfeln flüsterte. Hitze…
    Nicole öffnete mühsam die Augen. Hatte sie nicht eben noch verzweifelt gegen irgendetwas angekämpft? Geblendet blinzelte sie ins Licht. Ihr Blick erfasste sanfte Hügel, Zedern und Zypressen, nackte Felsen – und die Erinnerung durchzuckte sie wie ein Stromstoß.
    Das Bild im Kellergewölbe von Château Montagne!
    Sie erkannte die Landschaft – und sie wusste wieder, was geschehen war und was ihr so unwirklich erschien wie ein Albtraum. Die gemalte Gestalt Leonardo de Montagnes war auf diesem unheimlichen Gemälde zum Leben erwacht. Das Bildnis hatte ihr die Hand entgegengestreckt und hatte sie…
    Nicole hielt den Atem an.
    Sie erinnerte sich an das Gefühl, in eine andere Welt hinübergezogen zu werden. Und jetzt war sie in jener anderen Welt. Ihre Hände tasteten über heißen, felsigen Boden, sie spürte die Sonne auf der Haut und den sanften, fächelnden Wind. Reale Felsen, eine reale Sonne, ein Wind, der nicht nur in ihrer Fantasie über die Hügel wehte. Hatte das Bild nicht eine blutige Schlacht gezeigt? Nichts war davon zu sehen, nichts zu hören – aber ansonsten wiederholte sich jede Einzelheit des Gemäldes in der Landschaft ringsum.
    Nicole spürte ihr Herz hämmern.
    Die Situation war zu fantastisch, zu unwirklich, um Angst zu empfinden. Nur eine Art tiefes Staunen erfüllte sie. Sie wandte sich um – und da sah sie dicht neben sich Bill Fleming an einem der Felsen lehnen.
    Er starrte sie an, als sei er gerade eben aus einem verwirrenden Traum erwacht und könne sich noch nicht in der Wirklichkeit zurechtfinden. Nur dass es umgekehrt war: Die Wirklichkeit lag hinter ihnen, und wenn dies hier auch kein Traum war, so musste es doch zumindest jenseits der Realität liegen. Es war unbegreiflich, erschreckend, ein ewiges Rätsel – und doch gelang es Nicole Duval erstaunlich schnell, ihre Fassung wiederzufinden, weil sie zu den wenigen Menschen gehörte, die diese fantastische Reise nicht zum ersten Mal gemacht hatten.
    »Verdammt«, murmelte Bill Fleming. »Das gibt es doch nicht, das… Wo sind wir?«
    Nicole lächelte leicht. Denn sie wusste, dass es für den jungen Historiker ungleich schwerer war, sich mit den Tatsachen abzufinden.
    »Wir sind in einer anderen Zeit, Bill«, sagte sie. »Wenn wir zurückkehren, werden Sie vermutlich wieder behaupten, das alles sei nur ein Traum gewesen.«
    »Ein Traum?« Bill schüttelte den Kopf. »Ich fühle mich eher, als hätte ich zu viel Whisky getrunken. Wir – wollten doch dieses Verlies unter dem Burggraben suchen, nicht wahr?«
    »Wir haben es gesucht und gefunden. Eine Schatztruhe mit dem ›Stern des Morgenlandes‹ stand dort, und darüber hing
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