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0050 - Der Stein des Satans

0050 - Der Stein des Satans

Titel: 0050 - Der Stein des Satans
Autoren: Susanne Wiemer
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zurückzuholen.«
    Zamorra nickte.
    Er war blass geworden – sehr blass. Hatte Nicole versucht, durch das Medium Verbindung mit ihm aufzunehmen? Wenn es so war, dann konnte sie es jedenfalls nicht von einem Sessel auf Château Montagne aus getan haben. Die Fähigkeit, sich des Körpers einer medial begabten Person zu bemächtigen, besaß kein lebendiger Mensch, der an Zeit und Raum gebunden war. Diese Fähigkeit hatten nur…
    Zamorra grub die Zähne in die Unterlippe, bis er brennenden Schmerz spürte.
    Etwas in ihm weigerte sich, den Gedanken zu Ende zu denken, weigerte sich, auch nur in Erwägung zu ziehen, dass Nicole etwas zugestoßen sein könnte und dass sie vielleicht nicht mehr lebte. Es konnte, durfte nicht sein! Mit einem tiefen Atemzug kämpfte Zamorra die Angst nieder, die ihm die Kehle zuschnürte, und wandte sich an Marco Diaz.
    »Versetzen Sie Señorita Labianca noch einmal in Trance«, bat er.
    »Vielleicht wird sie reden, unsere Fragen beantworten. Ich weiß, sie ist jetzt erschöpft, aber…«
    »Ich fühle mich schon besser«, sagte Mercedes sehr ruhig. »Und ich weiß, worum es geht. Dieser fremde Einfluss – vielleicht war es ein Hilferuf.«
    »Ich vermute es. Sind Sie einverstanden, Señor Diaz?«
    Der Mexikaner nickte.
    Für einen Moment schloss er die Augen, konzentrierte sich schweigend, bevor er sich auf die Kante der Couch setzte. Maria Mercedes Labianca lag ruhig und entspannt da. Ihr Blick hing an dem schmalen, dunkelhäutigen Gesicht des Parapsychologen. Zamorra beobachtete die Szene, und dabei dachte er an das silberne Amulett, das auf Château Montagne zurückgeblieben war und das ihm jetzt sicher gute Dienste geleistet hätte.
    Marco Diaz hob langsam die Hand. Sanft berührte er mit drei Fingerspitzen die Stirn des Mädchens. Ein paar gemurmelte Worte auf Spanisch – und der leere Blick und der verlangsamte Atem verrieten, dass sich das Medium bereits in Trance befand.
    »Du bist jenseits der Schwelle«, sagte Diaz leise. Er bediente sich seiner Muttersprache, aber Zamorra verstand genug Spanisch, um folgen zu können. »Du bist offen für die Wesen jenes Zwischenreiches, du wirst sehen und hören. Was siehst du?«
    Der Blick des Mediums schien sich in unendlicher Ferne zu verlieren.
    »Ich sehe nichts«, murmelte sie. »Ich habe einen Ruf gehört, aber er ist verstummt. Ich höre nur Stimmen, die keine Bedeutung haben.«
    Diaz hob den Kopf.
    »Sie ist nicht völlig geöffnet«, erklärte er flüsternd. »Der Zweck dieses Experimentes grenzt von vornherein den Raum der Wahrnehmung ein, wirkt sozusagen als Barriere gegen alle anderen Einflüsse, die stören würden.« Und wieder in Mercedes’ Richtung.
    »Versuche es! Konzentriere dich auf den Namen! Nicole! Nicole Duval! Sie ist da. Vorhin war sie für einen Moment in dir. Du musst sie wiederfinden.«
    »Ich suche«, murmelte das Medium. »Ich suche… Aber da ist nichts. Ich kann sie nicht finden … kann nicht …«
    Sie stockte. Ganz langsam drehte sie den Kopf. Ihr eigentümlich leerer Blick richtete sich auf Professor Zamorra, und jetzt sprach sie plötzlich ein klares, akzentfreies Französisch: »Du bist der Meister des Übersinnlichen«, flüsterte sie. »Ich kann dein Schicksal sehen. Ich sehe ein anderes Land und eine andere Zeit. Du wirst eine weite Reise machen durch die Dimensionen der Finsternis. Eine sehr weite Reise…«
    »Wohin wird die Reise führen?«, fragte Zamorra eindringlich.
    Im Gesicht des Mediums erschien ein Ausdruck fast schmerzhafter Konzentration.
    »Ich weiß nicht«, sagte sie leise. »Ich sehe Blut, viel Blut. Ich sehe Gefahr. Aber ein Freund wird dich begleiten…«
    »Bill Fleming?«
    »Ich weiß nicht… Ich kenne den Namen nicht. Er ist tot! Ich sehe ein Schwert an seiner Seite und …«
    »Weiter!«, flüsterte Marco Diaz beschwörend. »Weiter, Mercedes!«
    »Ich kann nicht! Es ist zu weit entfernt.« Ihr Atem beschleunigte sich, und die Augen wurden groß und hell, als wollten sie alles Licht der Welt auf einmal in sich aufnehmen. »Ihr werdet vier sein! Vier! Hütet euch vor dem Dämon des Bildes… Hütet euch …«
    Wieder verstummte sie.
    Ihre Lider senkten sich, der seltsam starre, leere Ausdruck schwand aus ihrem Gesicht – und Zamorra begriff, dass die mediale Kraft in ihr erschöpft war.
    Sie würden nichts mehr hören.
    Zamorra kannte sich aus auf diesem Spezialgebiet der Parapsychologie, und er wusste, dass hinter Maria Mercedes Labianca eine Belastungsprobe lag, die sie
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