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0047 - Die Geisterfürstin

0047 - Die Geisterfürstin

Titel: 0047 - Die Geisterfürstin
Autoren: Franc Helgath
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aufwarten.«
    Der Kommissar biss sich auf die fleischige Unterlippe, wobei er sie halb in den Mund sog, was seine Ähnlichkeit mit einem Fleischerhund noch mehr vertiefte.
    »Sie sind ein intellektueller Sarkast«, grunzte er schließlich und hatte damit wohl eines der schlimmsten Schimpfworte vom Stapel gelassen, deren er überhaupt fähig war. »Aber ich fürchte, ich habe nichts, was ich Ihnen erwidern könnte. Wahrscheinlich ist es besser, wenn ich mich Ihrer Mithilfe versichere.«
    Er schaute Zamorra schräg an, wieder seinen täuschenden Hundeblick in den Augen.
    »Sie vermuten gar nicht so weit vorbei«, meinte Zamorra gönnerhaft. »Machen Sie sich morgen Nachmittag auf eine Dienstreise ins schöne Tal der Loire. Ich erwarte Sie auf Château Montagne. Und bringen Sie alle Ermittlungsergebnisse mit, denn aus dem Polizeitrott aussteigen und die Leute nach Hause schicken dürfen Sie wohl nicht, obwohl ich persönlich das für das Beste hielte. Und Sie, Monsieur St. Laurent, werden mir jetzt dieses mörderische Buch geben. Ich möchte jede Zeile dreimal studieren.«
    Yves St. Laurent fügte sich. Er nickte ergeben.
    »Kommen Sie mit in mein Büro.« Auch Kommissar Clermont fügte sich.
    Nur lange nicht so leicht entschlossen. Seine Laune war am absoluten Nullpunkt angelangt.
    ***
    Professor Zamorra ließ die Hotelzimmer, die Yves St. Laurent für sie gebucht und bezahlt hatte, ungenutzt und reiste noch in derselben Nacht wieder ab.
    Nicole steuerte die schwarze Citroën-Limousine. In Orleans löste Bill sie ab. Zamorra saß im Fond des Wagens und hatte die Leselampe eingeschaltet. Er war ganz in das Buch vertieft. Die Nacht, die am Wagen vorbeiraste, nahm er nicht mehr wahr.
    Das Buch war tatsächlich phantastisch. Es gab zwar Hinweise in seiner eigenen Bibliothek, die auf die Existenz dieser Schrift hindeuteten, doch er hatte sie bisher trotz heftigen Bemühens noch nicht auftreiben können. Jetzt hielt er sie in Händen.
    Ein Verfasser war nicht genannt, und auch das Arabisch war schon so alt, dass er nur schwer damit zu Rande kam. Mit einiger Anstrengung schaffte er es trotzdem. Er musste sich nur »warmlesen«, dann ging es immer leichter. In der Mitte des Buches kam er mit den Zeichen zurecht, als läge eine französische Zeitung vom heutigen Tage auf seinen Knien.
    Darüber, dass Yves St. Laurent dieses Buch überhaupt in seine Hände bekommen hatte, hatte sich Zamorra inzwischen eine eigene Theorie zurechtgelegt, die die Wahrheit wohl ziemlich treffen würde.
    Er vermutete nämlich, dass finstere Mächte dem begabten Autor das Buch förmlich zugespielt hatten. Schon am goldgeprägten Einband des Buches konnte man seinen Wert erahnen, und er hatte noch keinen arabischen Händler kennen gelernt, der nicht den größtmöglichen Preis aus seiner Ware geschlagen hätte. Yves St. Laurent hingegen hatte das Werk vergleichsweise für ein Butterbrot erstanden. Da musste Methode dahinter stecken. Die Geisterwelt bedient sich öfter der Menschen, als sie es ahnen, macht sie zu willigen Werkzeugen ihrer geheimen Ziele.
    Der Morgen graute bereits, als Bill müde, aber immer noch mit wachen Augen die Auffahrt zum Schloss ansteuerte. Nicole war eingenickt, und Zamorra hatte das Buch bis zur letzten Zeile fertig gelesen. Er klappte es zu.
    Zamorra dachte noch nicht an Schlaf. Er würde zusammen mit Bill noch einen Whisky trinken. In der Bibliothek des Schlosses. Der Freund war sicherlich dazu bereit. Bill konnte konstruktiv denken.
    Er war purer Naturwissenschaftler, der sich streng an die Regeln wissenschaftlicher Beweisführung klammerte. Professor Zamorra dagegen ließ zwar ebenfalls die Gesetze der Logik nicht außer Acht, konnte jedoch auch nicht mit der Skepsis seines Freundes allem Fremd- und Abartigen gegenüber aufwarten. Er neigte mehr zur Impulsivität. Zusammen gaben sie ein prächtiges Gespann ab, das sich vorzüglich ergänzte.
    Nicole legte sich erst schlafen, als Zamorra ihr dreimal erklärt hatte, dass ihre Anwesenheit wirklich nicht mehr vonnöten sei und er und Bill auch nur mehr einen Gute-Nacht-Whisky zu sich nehmen würden, bevor sie sich auch endgültig zur Ruhe begaben. Nicole gähnte daraufhin herzhaft und empfahl sich.
    Professor Zamorra hatte hinter seinem Schreibtisch Platz genommen. Bill Fleming flegelte im bequemen Besuchersessel und hatte seine Hacken auf Zamorras Schreibtischplatte gelegt. Er war der einzige, der dieses Vorrecht genoss. In den nervigen Händen hielt er den Whiskytumbler, in
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