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004 - Kerry kauft London

004 - Kerry kauft London

Titel: 004 - Kerry kauft London
Autoren: Edgar Wallace
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- ihre Schwester, wie sie in ihrer besten Zeit gewesen war.
    Es war etwas in Veras Gesicht, das Henriette niemals besessen hatte - etwas Sanftes, Menschliches, Gütiges.
    »Ja, ich möchte mit Ihnen sprechen. Ich muß einen Teil Ihrer Familiengeschichte berühren, wenn Sie nichts dagegen haben.«
    »Das klingt ja ziemlich beunruhigend«, lachte sie. »Um welchen Teil meiner Familie handelt es sich im besonderen?«
    Er zögerte. »Wenn ich mich genau ausdrücken soll, handelt es sich nur um den väterlichen Teil, und selbst Ihr Vater spielt dabei nur eine passive Rolle.«
    »Sie sprechen von Hermanns Mutter?« fragte sie rasch.
    Er nickte. »Haben Sie je etwas von ihr gehört?«
    Vera bejahte.
    »Ich habe ziemlich gräßliche Geschichten von ihr gehört«, erwiderte sie langsam. »Sie war eine Reihe von Jahren in einer Irrenanstalt. Armer Papa! Es muß furchtbar für ihn gewesen sein!«
    »Das war es«, bestätigte King Kerry. »Sie war Polin, ein sehr schönes Mädchen Ihr Vater wanderte mit einer großen Familie in den sechziger Jahren von Polen nach Amerika aus, und sie lernte ihn kennen, als sie knapp den Kinderschuhen entwachsen war. Ich habe Grund zu der Annahme, daß die Familie adeliger Herkunft ist, aber, wenn Sie nichts dagegen haben, daß ich ganz offen spreche … «
    »Nicht das geringste«, entgegnete Vera.
    »Sie waren ziemlich heruntergekommen.«
    Sie nickte und sagte halb lächelnd: »Das weiß ich.«
    »Hermanns Mutter hatte viele auffallende Ideen, schon als Kind, und vielleicht die seltsamste von allen war eine, die sehr viel Unglück zur Folge hatte.« Er zögerte. »Wissen Sie, daß Sie eine Halbschwester haben?«
    Vera zog die Augenbrauen hoch.- »Eine Halbschwester?« fragte sie ungläubig. »Nein, ich hatte keine Ahnung davon.«
    »Ich habe sie geheiratet«, erklärte er einfach.
    Sie sah in verwundert an. Einen Augenblick sprach keiner von ihnen.
    »Ich habe sie geheiratet«, fuhr er fort. »Ich sah sie in Denver City. Sie war auf einer Fahrt zu ihren Verwandten im Westen, und ich war in jenen Tagen jung und ungestüm. Ich sah sie auf einem Ball; wir verlobten uns noch am selben Abend, und nach einer Woche waren wir bereits verheiratet.«
    Er ging, die Hände auf dem Rücken, im Zimmer auf und ab.
    »Ich muß aber sagen«, fuhr er langsam fort, »daß diese Heirat ein gräßlicher Fehler war, ein Fehler, der leicht mein ganzes Leben hätte verbittern können. Der Schatten Henriette Zeberlieffs hat fünfzehn Jahre über mir geschwebt, und es hat Zeiten gegeben, in denen mein Dasein unerträglich war.«
    »Ist sie noch am Leben?« fragte sie.
    Kerry nickte. »Ja, sie lebt noch.«
    »Weiß es Hermann?« fragte sie schnell.
    Er nickte wieder.
    »Und er verbirgt sie? Ist sie auch wahnsinnig?«
    Kerry sann einen Augenblick nach. »Ich glaube, ja.«
    »Wie furchtbar!«
    Der Schmerz in Veras Stimme erregte sein Mitleid.
    »Kann ich nicht zu ihr gehen? Kann ich sie nicht besuchen?«
    »Sie könnten damit nichts erreichen; Sie müssen wie ich abwarten. Ich hatte Ihnen eigentlich noch mehr sagen wollen - aber ich weiß nicht, es bleibt mir in der Kehle stecken. Letzte Nacht wurde, wie Sie wissen, bei mir eingebrochen; dabei sind die Dokumente, die sich auf meine Ehe beziehen, gestohlen worden. Ich habe meine eigenen Gedanken, warum sie gestohlen wurden. Aber ich hielt es für möglich, daß Sie in den nächsten Tagen erfahren würden, was ich Ihnen soeben erzählt habe, und vielleicht noch mehr. Es ist richtiger, daß ich Sie auf den Schreck vorbereitet habe.«
    Er nahm seinen Hut auf. Mit Tränen in den Augen kam sie auf ihn zu und legte beide Hände auf die seinen.
    »Ich habe geglaubt…«, sie sah ihn fest an.
    »Was haben Sie geglaubt, Fräulein Zeberlieff?«
    »Ich habe geglaubt«, sagte sie mit einem kleinen Stocken, »daß Else …«
    Er nickte. »Wollte Gott, es wäre so!« sagte er leise. »Geld ist nicht alles, nicht wahr?« Er machte einen rührenden Versuch zu lächeln.
    »Es ist nicht alles«, wiederholte sie leise. »Ich glaube, das einzige, was im Leben Wert hat, ist die Liebe.«
    Er nickte. »Gott sei Dank! Sie haben sie gefunden!« Und indem er ihr Gesicht in die Höhe hob, küßte er sie auf die Wange.
    »Sie sind meine Schwägerin«, lächelte er. »Und diese Freiheit ist durch meine Verwandtschaft völlig zu rechtfertigen.«
    Er ging zum Lunch in seinen Klub, denn er war nicht in der Stimmung, Else zu sehen.
    Nach dem Essen stand er einen Augenblick auf der Treppe des Klubhauses und
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