Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
0266 - Der Grachten-Teufel

0266 - Der Grachten-Teufel

Titel: 0266 - Der Grachten-Teufel
Autoren: Jason Dark
Vom Netzwerk:
Dieter Hoven spürte einen Ellbogen in Rippenhöhe, riß die Augen auf, drehte sich nach links und schaute in ein erschreckt blickendes blaues Augenpaar. Ein blondes Mädchen mit Lockenfrisur stand vor ihm.
    »Entschuldigen Sie«, stammelte das Mädchen. »Aber ich konnte nichts dafür…«
    Dieter hob die Schultern, während er lächelte. »Schon gut, macht ja nichts.«
    »Ach, Sie sind Deutscher?«
    »Ja.«
    »Man hört es.«
    »Carla, bitte…« Die Stimme eines jungen Mannes erklang. Er war ein paar Schritte vorgegangen und stand schon fast am Steg.
    »Sie entschuldigen mich, aber mein Bekannter…«
    »Klar«, sagte Dieter, obwohl er es bedauerte, daß dieses blonde Mädchen in Begleitung war. Die Kleine hätte ihm wirklich gefallen können. Er schaute ihr nach. Sie trug eine lange hellblaue Hose aus Leinenstoff, einen blauweißen Pullover und setzte nun noch einen blauen Hut auf.
    Dieter mußte lächeln, löste sich von seinem Platz und ging ebenfalls vor, denn der Fahrer hatte bereits die Türen an den beiden zum Land gelegenen Einstieg des Bootes geöffnet.
    Die Vergnügungsfahrt konnte beginnen. Niemand der zahlreichen Passagiere ahnte, daß es für sie eine Reise ins Grauen werden sollte…
    Eine herrliche Frühlingssonne schien auf das gläserne Dach des Ausflugsboots. Der Himmel über Den Haag zeigte sich von seiner sonnigen Seite. Woher die Menschen so plötzlich kamen, wußte niemand zu sagen. Auf jeden Fall waren sie da und bevölkerten die Straßen.
    Einheimische, Fremde, die nicht nur die Stadt sehen wollten, sondern auch das berühmte Seebad Scheveningen, ein Nachbarort Den Haags.
    Wenn man von Holland, den Grachten und den so typischen Ausflugsbooten sprach, meinte man eigentlich immer Amsterdam. Daß es diese auch in Den Haag gab, vergaß man oft. Dieter Hoven hatte es nicht vergessen. Er hatte Amsterdam genossen und wollte sich in den drei Ferientagen auch Den Haag ansehen.
    Es war für den ehemaligen Unteroffizier der DDR-Armee ein Vergnügen, frei reisen zu dürfen. Er stand nicht unter Druck, fühlte sich nicht beobachtet, brauchte keine Angst zu haben und hatte sich fast wie ein Kind gefreut, als er seinen ersten Urlaub antrat.
    Er hatte bei einer großen Versicherung Arbeit gefunden, und dort fühlte er sich sehr wohl.
    Die größte Gracht, von der auch die meisten Schiffe abfuhren, war der Afvoerkanal. Er begann in der Nähe des Binnenhafens und stach wie eine lange Lanze in die alte City von Den Haag hinein.
    Dieter Hoven hatte bereits eine Karte gelöst. Er reihte sich ein in die Schlange der vor ihm Wartenden. Vom Meer her rauschte eine frische Brise heran und wühlte die Haare der Menschen hoch. Dieter hatte es aufgegeben, seinen Scheitel abzudecken. Er dachte nur daran, die wärmenden Sonnenstrahlen zu genießen. Und irgendwann schloß er die Augen.
    Bis ihn jemand anstieß. Es lauerte in der Tiefe!
    Unheimlich, grauenhaft. Ein längst vergessener Rest einer schrecklichen Zeit. Lange hatte es sich nicht gerührt, doch nun erreichte es der Ruf.
    Ein lockender Ruf…
    ***
    »Komm«, hieß es da nur. »Komm hervor, die Zeit ist reif. Du wirst gebraucht…«
    Und es gehorchte.
    Bedeckt von Schlamm, Teer, Schlick und Erde hatte es bisher geschlafen. Nun war die Zeit reif. Jetzt endlich konnte es kommen. Raus aus dieser Tiefe, die graue Vorzeit verlassend und in ein Zeitalter hineinkommend, das es gar nicht kannte.
    Doch es würde diese Zeit kennenlernen. Wehe denjenigen, die sich ihm entgegenstellten. Der alte Zauber bestand noch immer. Bereits damals waren ihm Opfer gebracht worden.
    Menschenopfer!
    Das sollte wieder so werden…
    ***
    Der Zufall wollte es, daß sich Dieter Hoven und das holländische Mädchen Carla gegenübersaßen. Nur der Gang trennte sie. Und für den ehemaligen DDR-Unteroffizier hatte die Fahrt nun noch einen zusätzlichen Reiz bekommen. Ob er sich allerdings auf die Sehenswürdigkeiten der Gracht würde konzentrieren können, war fraglich. Carla gefiel ihm da viel besser.
    Auch sie schien nicht abgeneigt zu sein, denn hin und wieder warf sie Dieter einen verstohlenen Blick zu, allerdings so, daß ihr Freund es nicht bemerkte. Der war im Moment mit seiner Kamera beschäftigt.
    Das Boot legte ab, und Dieter Hoven lehnte sich behaglich zurück. Er hörte über Lautsprecher die Stimme der Fremdenführerin, die alle Gäste in mehreren Sprachen begrüßte.
    Darunter befand sich auch die Heimatsprache Dieter Hovens. Er lauschte den freundlichen Worten, legte den Kopf in den
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher