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0030 - Am Morgen meiner Hinrichtung

0030 - Am Morgen meiner Hinrichtung

Titel: 0030 - Am Morgen meiner Hinrichtung
Autoren: Am Morgen meiner Hinrichtung
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Boden nieder.
    »Jetzt hast du die Wahl«, drang seine Stimme dumpf an mein Ohr.
    »Nämlich?«
    »Wo ist das Geld, das du aus der Bank geholt hast?«
    Aha!
    Endlich, endlich wußte ich Bescheid. Das war kein Verrückter, der die Leute selber umbringen wollte, die man ohnehin zum Tode verurteilt hatte, das war ein ganz gewöhnliches kleines Stinktier. Er ließ andere die Kastanien aus dem Feuer holen und kassierte sie später.
    »Schön der Reihe nach«, sagte ich. »Du weißt den Weg hier raus. Ich gebe zu, das reizt mich. Aber ich weiß, wo achtzigtausend Bolivar liegen, und das dürfte dich reizen, also haben wir beide etwas zu bieten.«
    »Wo ist das Geld?«
    »Das möchte ich noch nicht sagen.«
    »Dann bleibst du hier!«
    »Bitte. Ich finde den Ausgang auch allein!«
    Das machte ihn offenbar unsicher.
    »Es gibt eine Menge Quergänge«, sagte er.
    »Soll mich nicht stören. Ich habe ja Zeit, sie einzeln abzusuchen.«
    »Du wirst dich verirren und hier unten verrecken wie eine Ratte.«
    »Dann wirst du mir dabei behilflich sein, mein Lieber.«
    »Wo ist das Geld?«
    Ich legte mich flach auf den Boden und bemühte mich, kein Geräusch dabei zu machen. Aber ich antwortete gleich: »Erst hier raus, dann das Geld.«
    »Erst muß du sagen, wo das Geld ist. Vorher verrate ich dir nicht, wie es hier rausgeht.«
    »Vielleicht bist du selber ein Ganove hier aus dem Bau; und der Gang führt bloß in den Hof? Meinst du, ich bin dämlich?«
    »Du bist ein Idiot! Ich bin der Architekt, der dieses herrliche Zuchthaus gebaut hat! Verstehst du jetzt?«
    O ja, jetzt verstand ich. Die Todeszelle war von Anfang an für diesen Plan vorgesehen. Na, die Herren würden sich wundern, was für einen sauberen Architekten sie sich ausgesucht hatten.
    Was ich plötzlich zwischen meinen Fingern fühlte, jagte mir einen eisigen Schauer über den Rücken. Es war zu grauenhaft, als daß ich es hätte verdauen können. Es war ein Totenkopf.
    Ich schloß die Augen und spürte, wie mein Magen rebellierte. Als ich die Augen wieder öffnete, schnitt über mir ein scharfer Lichtkegel durch die Finsternis. Der Bursche hatte sich also eine Taschenlampe mitgebracht.
    Er hätte sie nicht einschalten sollen. Denn jetzt wußte ich, wo er stand.
    Da ich auf dem Beden lag, schnitt der Lichtkegel ins Leere. Ich schnellte mich hoch und wie ein Panther in die Richtung, aus der das Licht kam.
    Er fluchte etwas, was ich in der Aufregung nicht hörte oder wenigstens nur im Unterbewußtsein hörte, aber nicht verstand. Was ich verstand, war, daß er sich blitzschnell auf die Seite geworfen hatte. Ich raste mit meinem Schädel gegen den nackten Fels, der den Untergrund für das Zuchthaus bildete.
    Dann donnerte etwas in meinen Rücken, etwas unterhalb des rechten Schulterblattes.
    Ich wälzte mich mühsam herum.
    Ich starrte genau in den Lichtkegel seiner Lampe. Das einzige, wozu ich imstande war, war eine kleine Bewegung mit der linken Hand: Ich deckte sie vor die Augen, um dem grellen Licht zu entgehen.
    »Wo ist das Geld?« keifte er.
    Ich atmete mühsam. Aber ich keuchte lauter, als es mir zumute war. Denn eines wußte ich: So schnell würde mich dieser Strolch nicht totschlagen. Auch wenn er im Augenblick alle Trümpfe in seiner Hand hatte.
    »Läßt du mich raus, wenn ich dir sage, wo ich es versteckt habe?« keuchte ich.
    »Ja, natürlich«, redete er eifrig. »Ich will doch nur mit dir teilen! Vierzigtausend für mich, die andere Hälfte für dich! Das ist doch ein verdammt fairer Vorschlag, wenn du bedenkst, daß ich dich dafür aus der Todeszelle herausgeholt habe!«
    Ja, wirklich, das war ein außerordentlich fairer Vorschlag. Ich hätte ihm nur zu sagen brauchen, da und da habe ich das Geld versteckt. Dann hätte er mir eins über den Schädel gezogen und mich hier unten liegenlassen.
    Wie den Indianerjungen Juan.
    Wie Miguel Fernandorez.
    Wie den kleinen Buchhalter Antonio.
    »Also?« fauchte er.
    Ich sah unter der abgeschirmten Hand, daß er breitbeinig über mir stand. So sicher hätte er nicht sein dürfen.
    Ich zog langsam meine Knie etwas näher an mich heran. Da er über meinem Unterleib stand, befanden sich meine Beine hinter seinem Rücken. Jetzt kam es nur darauf an, ihn eine Minute lang so zu beschäftigen, daß er meine Vorbereitungen nicht merkte. Eine Minute brauchte ich noch, um zu verschnaufen. Dann konnte es von mir aus wieder losgehen.
    »Du kennst doch die Ausfallstraße nach Süden«, fing ich an.
    »Ja, natürlich. Die Straße ins
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