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0030 - Am Morgen meiner Hinrichtung

0030 - Am Morgen meiner Hinrichtung

Titel: 0030 - Am Morgen meiner Hinrichtung
Autoren: Am Morgen meiner Hinrichtung
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Boston?«
    »Ja, ich bin in Boston geboren! Aber das interessiert doch jetzt nicht! Meinst du, ich habe Lust, deinetwegen meinen Hals zu riskieren?«
    Ich winkte ab.
    »Keine Gefahr! Innerhalb der nächsten neunzig Minuten kommen sie bestimmt noch nicht. Nach den Gesetzen dieses hübschen Landes muß der Delinquent die letzten sechs Stunden allein verbringen. Vermutlich, damit er Zeit zur inneren Einkehr hat.«
    »Entweder kommst du jetzt — oder sie können dich meinetwegen in eineinhalb Stunden aufknüpfen. Wenn dir das lieber ist…«
    Ich stand auf.
    »Verrückt, was?« brummte ich. »Natürlich komme ich. Aber kletter erst mal hier raus. Ich möchte vor dir in dem Loch verschwinden.«
    »Warum?« fragte er verdattert.
    Ich grinste ihm ins Gesicht.
    »Ich möchte nicht gern ein Messer in den Bauch haben, wenn ich gerade meinen schönen Körper durch das Loch zwänge.«
    »Wenn ich dich umbringen wollte, brauchte ich dich ja bloß hier in der Zelle zu lassen, du Esel. Dann besorgen es die anderen für mich. Und sie sind zuverlässig, das glaube mir.«
    »Trotzdem!« beharrte ich. »Wenn du meine Geschichte in den Zeitungen gelesen hast, wirst du ja wissen, daß ich vom FBI bin. Wir hatten da mal einen, bei dem war eine Schraube locker. Er bildete sich ein, er wäre der von Gott berufene Richter für alle verkommenen Mädchen. Vielleicht bildest du dir ein, du wärst der von Gott berufene Henker für alle Bankräuber? Kann man’s wissen?«
    »Bei dir ist eine Schraube locker, nicht bei mir. Komm oder laß es bleiben!«
    Okay, das hatte ich wissen wollen. Wenn er um keinen Preis ganz aus dem Loch herausklettern und mir den Vortritt lassen wollte, dann stank an der ganzen Sache etwas.
    Ich roch es richtig, als ich neben dem Loch niederkniete. Es roch… nach Verwesung.
    Ein schauderhafter, süßlicher Leichengestank quoll aus dem Schacht. Wie ein Blitz huschte der Gedanke durch meinen Kopf, daß aus dieser Zelle drei Männer verschwunden waren, die man nie wieder gesehen hatte. Trotz Großfahndung, trotz Interpol und trotz Streckbriefen an allen Litfaßsäulen.
    Ich hatte keine Waffe. Keinen Revolver, kein Messer, kein gar nichts. Aber ich war FBI-Beamter, und ich hatte eine verdammt gute Schule hinter mir, das können Sie mir glauben.
    Okay, ich beschloß, es zu riskieren. Aber ein Zeichen wollte ich auf jeden Fall zurücklassen. Für den Fall, daß es schiefgehen sollte. Für den Fall, daß meine Hinrichtung erfolgreich in diesem Schacht vor sich gehen sollte.
    Ich hatte mir meine letzte Zigarette angesteckt. Als der Kerl vor mir im Schacht verschwand, drückte ich sie auf der Oberseite der Betonplatte aus, die den Deckel dieses Schachtes bildete, und ich drückte sie so aus, daß die Glut ein schwarzes Kreuz auf den Deckel malte. Sollte ich diese Sache nicht überstehen, dann würden sie ja hoffentlich auf den richtigen Gedanken kommen, wenn sie das Kreuz auf der Platte fanden.
    Der Verwesungsgestank nahm mir fast den Atem. Ich ließ meine Beine in den Schacht baumeln und tastete mit den Zehen herum. Da fühlte ich eine Krampe in der Wand.
    Ich stieg hinab. Es war eng, aber es ging, wenn man sich dünn machte. Ich wollte die Krampen zählen, aber da hörte ich von unten dumpf die Stimme meines schönen Befreiers heraufhallen.
    »Schließ den Deckel!«
    Ich mußte es tun. Da in der Zelle Licht brannte, hätte er es gesehen, wenn ich den Schacht unverschlossen gelassen hätte. Ich kletterte wieder drei Sprossen hinauf und griff nach der Krampe, die von unten in die Betonplatte eingelassen war, damit man sie packen konnte.
    Das Ding hatte ein ganz schönes Gewicht. Der Kerl mußte mehr Kraft in seinen Armen haben, als es aussah, wenn er die Platte so leicht hatte bewegen können, wie es geschehen war.
    Ich zog sie über mich zu. Undurchdringliche Finsternis umschloß mich wie einen Blinden.
    Jetzt paß auf wie ein Luchs, Jerry, alter Junge, sagte ich mir, während ich im Dustern Krampe für Krampe abwärts kletterte. Dann stand ich plötzlich auf dem Boden. Ich konnte die Hand nicht, vor den Augen sehen. Aber ich roch diesen widerlichen, atemberaubenden Verwesungsgestank, jetzt so stark, daß ich nahe daran war, mich zu übergeben.
    »Was jetzt?« fragte ich aufs Geratewohl ins Dunkel hinein.
    Ich hörte zwar seine Stimme, aber ich hätte nicht sagen können, aus welcher Richtung sie kam. Sie schien von überallher zu kommen. Der Himmel mochte wissen, wo er wirklich stand.
    Vorsichtshalber kauerte ich mich auf dem
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