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0030 - Am Morgen meiner Hinrichtung

0030 - Am Morgen meiner Hinrichtung

Titel: 0030 - Am Morgen meiner Hinrichtung
Autoren: Am Morgen meiner Hinrichtung
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Versteck des Geldes zu erfahren.
    Es war alles vergeblich. Von Miguel war nichts zu erfahren. Da machte man kurzen Prozeß. Der Tag der Hinrichtung wurde festgesetzt und — wie üblich — in den Zeitungen bekanntgegeben. Als am Morgen der Hinrichtung die Wärter, die ihn abholen sollten, seine Zelle betraten, war Miguel Fernandorez spurlos verschwunden.
    Der dritte Mann schließlich war Antonio Caracho, ein kleiner Buchhalter in einem der größten Handelsbetriebe der Hauptstadt. Dieser Antonio war ein lebenslustiger, guter Kerl, der nur einen Fehler hatte: Er liebte die Spielkarten mehr als alles andere.
    Es kam, wie es kommen mußte: Antonio verlor in einem der Spielsalons mehr, als er jemals würde verdienen können. Er tat den berühmten Griff in die Lohnkasse, als es sich wirklich für ihn lohnte. Fast siebzigtausend Bolivar erbeutete er. Sein Pech war, daß er vom Nachtwächter überrascht wurde. In seiner Angst griff er nach dem nächstbesten Gegenstand und erschlug den Nachtwächter.
    Als man ihn in einer Hafenstadt verhaftete, hatte er nichts von dem Geld bei sich. Man brachte ihn zurück in die Hauptstadt und machte ihm den Prozeß. Alles kam ans Licht, seine Spielschulden, alles. Man fand, daß er achtzehntausend Bolivar Spielschulden gemacht und am Tage nach seinem Diebstahl bezahlt hatte.
    Er wurde wegen Mordes zum Tode verurteilt. Die Zeitungen veröffentlichten den Termin seiner Hinrichtung. Am Morgen, als es soweit war, fand man die Zelle leer. Antonio war ebenso spurlos verschwunden wie seine beiden Vorgänger.
    Es ist das unheimlichste Rätsel, das je in der Kriminalgeschichte Venezuelas vorkam. Niemand sah die drei Männer wieder, die spurlos aus der Todeszelle verschwunden waren, obgleich natürlich eine Großfahndung gegen sie eingeleitet wurde.
    Niemand sah sie, niemand hörte etwas von ihnen. Der Volksmund und alle abergläubischen Leute aber erfanden sich natürlich tausenderlei wundergläubige Fabeln, um das Verschwinden der drei Verurteilten zu erklären. Ich bin gespannt, ob es je geklärt werden wird…
     
    beendete der Pfarrer seine Erzählung.
    »Ich denke schon, daß es geklärt werden wird«, murmelte ich. »Irgendwann kommt ja doch alles raus. Sie kennen das Sprichwort: Die Sonne bringt es an den Tag. Und was die Sonne nicht schafft, das schaffen andere.«
    Der Pfarrer sah mich aufmerksam an.
    »Ich verstehe Sie nicht«, sagte er leise. »Sie waren Kriminalbeamter, einer der berühmtesten G-men, der nordamerikanischen Bundeskriminalpolizei, des berühmten FBI — wie konnten Sie nur so etwas tun?«
    Ich zuckte die Achseln. Noch durfte ich nichts sagen. Ich legte mich auf meine Pritsche und schloß die Augen.
    ***
    Ich war morgens wie üblich mit meinem Jaguar zum Dienst gefahren. Länger als eine halbe Stunde hatte ich bestimmt noch nicht in meinem Office gesessen, als das Telefon schrillte. Ich nahm den Hörer ab und meldete mich.
    An mein Ohr drang die weiche, sympathische Stimme unseres Chefs, des Mr. John D. High, seines Zeichens Distrikschef der New Yorker FBI-Behörde.
    »Guten Morgen, Jerry.«
    »Hallo, Chef! Was gibt’s?«
    »Kommen Sie doch mal eben rüber zu mir.«
    »Okay, Chef.«
    Ich legte den Hörer auf, zog meine Krawatte gerade und machte mich auf den Weg. Im Dienstzimmer des Chefs saß schon mein Freund Phil Decker und grinste mir entgegen.
    »Setzen Sie sich, Jerry«, sagte Mr. High.
    »Danke.«
    Mr. High musterte nachdenklich seine langen, schlanken Künstlerhände.
    »Wie lange braucht ihr beide, um eure Koffer zu packen?« fragte er dann plötzlich.
    »Eine Dreiviertelstunde«, sagten Phil und ich wie aus einem Munde.
    »Na, so eilig ist es nun wieder nicht. Bis halb Zwölf habt ihr Zeit. Dann müßt ihr auf dem Flugplatz für den inneramerikanischen Verkehr sein. Kurz nach halb zwölf geht die nächste planmäßige Maschine nach Washington. Ihr setzt euch hinein und fliegt in unsere hübsche Regierungshauptstadt.«
    »Gemacht, Chef«, sagte Phil. »Aber was tun wir in Washington? Sollen wir den FBI-Präsidenten um ein Autogramm bitten? Oder mit ihm Golf spielen?«
    »Nichts von alledem. Die Einzelheiten eures Auftrages erfahrt ihr bei ihm.«
    »Fein, besuchen wir den Chef«, sagte Phil ein bißchen vorlaut. »Bei der Gelegenheit kann ich ihm gleich mal einiges über die Höhe unserer Gehälter erzählen.«
    Na, ich will Sie nicht mit der langweiligen Sache aufhalten. Wir flogen mit dem vereinbarten Flugzeug und brausten in Washington sofort mit einem Taxi zum
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