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0026 - Die Braut des Henkers

0026 - Die Braut des Henkers

Titel: 0026 - Die Braut des Henkers
Autoren: Michael Kubiak
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Priester. »Gotteslästerer, jetzt hast du endgültig das Urteil über dich gesprochen. Hängt ihn auf, Leute. Er weiß nicht, was er redet!«
    Drei, vier Leute, die kräftigsten Männer des Dorfes, hängten sich an das freie Ende des Strickes. Unter wildem Geschrei rissen sie den Armseligen hoch, ruhten nicht eher, als bis sich seine Füße zwei Meter über dem Erdboden befanden.
    Douglas zuckte noch einmal mit den Beinen, dann rührte er sich nicht mehr.
    Ophelia schleppte sich heran. Schluchzend sank sie zu Boden. Sie hob den Blick zum Himmel.
    »Du dort oben weißt, dass ihn keine Schuld trifft. Hab Gnade mit ihm und schenke ihm die ewige Seligkeit. Doch ich werde ihn rä- chen. Ich werde den wahren Hexenhenker stellen. Und wenn ich mich mit den Mächten des Bösen verbünden müsste.«
    Dann versank sie in eine tiefe Ohnmacht. Einige der Männer hoben sie behutsam vom Boden auf und trugen sie fort. Die anderen stürmten zum Haus des Gehängten und steckten es in Brand. Vorher jedoch plünderten sie es.
    Als sie das Gebäude durchsuchten, fanden sie auch die schwarze Hose und das rote Wams. Überdies entdeckten sie ein Henkerbeil, das ihnen den endgültigen Beweis lieferte. Douglas Thromby war der Hexenhenker gewesen! Doch nun hatten sie endlich Ruhe vor ihm.
    Ophelia lag drei Tage bewusstlos im Haus ihres Vaters. Dann war sie plötzlich verschwunden. Der Vater ertrug den Verlust der Tochter nur schwer, aber mit der Geliebten eines Henkers wollte auch er nichts zu tun haben, selbst wenn sie seine eigene Tochter war.
    Später wussten einige Fischer zu berichten, dass das Mädchen sich in ihrer Verzweiflung in die Fluten der irischen See gestürzt hatte, wo sie ertrunken war. Die Leiche wurde nie gefunden.
    Das Henkerbeil aber wurde in der Kirche des Dorfes aufbewahrt, wo es zu einer Attraktion für Feriengäste und andere Neugierige wurde.
    Im Laufe der Jahre entstanden Legenden und Sagen um die Ereignisse von 1625. Der hagere, hoch gewachsene Mann, der zu der damaligen Zeit in dem Dorf gelebt hatte und bei der Hinrichtung der Hexe und des jungen Douglas Thromby hämisch grinsend zugeschaut hatte, tauchte in diesen Erzählungen nicht auf. Niemand schien sich an ihn erinnern zu können.
    Douglas Thromby wurde auf dem Friedhof von Coryhead in der Familiengruft beigesetzt. Da die Thrombys weiter keine Nachkommen gehabt hatten und Douglas der Letzte dieses Namens gewesen war, verschloss man die Gruft mit einer tonnenschweren Steinplatte.
    Noch Jahre später glaubten Besucher des Friedhofs, aus der Gruft Geräusche zu hören. Einige meinten sogar, die Worte »Habt Erbarmen! Habt Erbarmen!« verstehen zu können. Doch diese Berichte wurden als Produkte einer überreizten Fantasie abgetan, und die Geschichte deckte den Schleier des Vergessens über die schrecklichen Ereignisse im Jahre des Herrn 1625.
    ***
    Jahrhunderte vergingen, doch die Generationen der Bewohner von Coryhead wurden, ohne dass sie es auch nur ahnten, immer wieder aufs Neue mit den Taten ihrer Vorfahren konfrontiert. Im Kirchenbuch des Dorfes mehrten sich Eintragungen, die besagten, dass wieder ein Mitbürger spurlos verschwunden war.
    So ganz stimmten die Angaben allerdings nicht. Man hatte die Vermissten doch gefunden. Immer lagen sie am Strand und waren geköpft. Dass man diese schlimmen Vorkommnisse mit den Ereignissen im siebzehnten Jahrhundert in Verbindung brachte, lag natürlich nahe.
    Jedoch die Funde verschwieg man hartnäckig. Es hieß nur, dass die böse Ophelia sich wieder ein neues Opfer geholt hatte. Die Nachkommen der Menschen, die bei der verhängnisvollen Hochzeitsfeier dabei gewesen waren, waren oft entschlossen gewesen, den Ort zu verlassen und sich irgendwo anders anzusiedeln.
    Nur schien sie eine geheimnisvolle Kraft immer wieder zurückzuhalten. Sie schafften es einfach nicht, dem Fischerdorf den Rücken zu kehren.
    So blieben sie dann und ergaben sich in ihr Schicksal. In ewiger Todesfurcht abgestumpft, wurden sie immer unnahbarer, immer misstrauischer. Fremde kamen schon seit Jahren nicht mehr zu Besuch, und verlassen hing das Henkerbeil in der Kirche, wo es von Zeit zu Zeit von Reisegruppen besichtigt wurde.
    Die Reisenden beeilten sich immer sehr schnell, weiterzukommen.
    Zu bedrückend war die Stimmung und die Atmosphäre in der winzigen Ortschaft.
    Und immer, wenn wieder einer aus der Mitte der Fischer gerissen wurde, war am Tage vorher das Henkerbeil von seinem Platz verschwunden.
    Und immer, wenn man den Toten gefunden
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