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0023 - Die Geistervögel

0023 - Die Geistervögel

Titel: 0023 - Die Geistervögel
Autoren: Jason Dark
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wagte es nicht.
    Unsere Gesichter waren in der herrschenden Dunkelheit helle, verwaschene Flecken.
    Mike Kilrain senkte den Arm mit der Gitarre.
    »Guten Abend«, sagte er leise.
    Tief holte Patrick Kilrain Luft. Hier standen sich nicht nur zwei Generationen gegenüber, sondern zwei Welten. Das spürte jeder.
    »Wo warst du?« knurrte der alte Kilrain.
    Mike schüttelte den Kopf, daß seine langen Haare flogen.
    »Darüber bin ich dir keine Rechenschaft schuldig.«
    »Wo du warst, will ich wissen!« Die Stimme des Alten hörte sich an wie das Grollen eines Vulkans.
    »Spazieren.«
    Plötzlich sprang Patrick Kilrain vor. Er packte Mike am Hemdkragen und schüttelte den jungen Mann durch. »Während du spazieren warst und auf deinem dämlichen Instrument geklimpert hast, haben wir hier um unser Leben gekämpft. Wenn deiner Mutter etwas passiert wäre, und ich hätte herausbekommen, daß du dich feige verkrochen hast, mein Gott…«
    Eine Handbreit nur waren die Gesichter der beiden Kontrahenten voneinander entfernt. Das Gesicht des Alten war staubbedeckt, das Gesicht des Jungen hochmütig verzogen.
    »Laß mich los«, sagte Mike Kilrain.
    Sein Vater lachte auf. »Ich laß dich los, wann ich es will. Noch bin ich dein Vater. Und noch wohnst du bei mir im Haus.«
    »Ich gehe sowieso«, lautete die Antwort.
    Patrick Kilrain stieß seinen Sohn von sich. »Ja, verschwinde. Hau ab. Laß dich hier nicht mehr blicken. Feiglinge haben in unserer Familie nichts zu suchen.«
    Mike Kilrain stieß einen auf dem Boden liegenden toten Raben mit der Fußspitze an. »Jetzt kommt ihr euch wohl sehr stark vor, wie?«
    »Was weißt du denn!« zischte der Alte.
    Mike hob die Schultern. »Vielleicht mehr als du.«
    »Und was?«
    »Du kennst die alten Geschichten doch selbst. Hast sie mir mehr als einmal erzählt. Ihr Menschen habt doch die Tiere geknechtet, und es war klar, daß sie irgendwann einmal zurückschlagen würden. Der Anfang ist gemacht. Das habt ihr ja gesehen.«
    »Und Kathy O’Neill ist entführt worden!« schrie George Kilrain plötzlich. »Von deinen verdammten Vögeln.«
    Mike Kilrain lachte auf. »Was heißt hier meine Vögel? Du hättest eben besser auf deinen Schatz achtgeben sollen, Bruderherz!«
    Die Antwort klang spöttisch und brachte George in Rage. Sein Nervenkostüm hatte arg gelitten. Mit einem gewaltigen Sprung schoß er vor.
    »George!« brüllte der alte Kilrain. Er wollte seinen Sohn festhalten, doch George riß sich los.
    Mike war zurückgewichen. Schützend riß er beide Arme hoch, hielt die Gitarre als Deckung vor sein Gesicht. Kam George genau in die Quere, als er zuschlagen wollte. Beide Fäuste rammte ich ihm in die Hüfte. Der unerwartete Anprall schleuderte George zur Seite. Er verlor das Gleichgewicht und fiel hin.
    George wollte aufspringen. »Ich bring ihn um!« keuchte er. »Ich bring ihn um!« Sein Gesicht war haßverzerrt, in seinen Augen funkelte es böse. George war nicht mehr er selbst. Die letzten Ereignisse und die Sorge um seine Freundin ließen ihn durchdrehen.
    Ich holte den Schlag aus der Hüfte. Zielte genau. Als George losstürmen wollte, krachte meine Faust an sein Kinn.
    Der junge Mann blieb stehen, als wäre er vor eine Mauer gerannt. Es hob ihn fast aus den Schuhen. Sein Blick wurde glasig, und einen Atemzug später lag George Kilrain bewußtlos am Boden.
    Mrs. Kilrain weinte. »Brüder, sie sind doch Brüder«, hörte ich sie schluchzen. Für sie war es schlimm gewesen, mit ansehen zu müssen, wie sich ihre Kinder gegenseitig bekämpften.
    Terry Lund tröstete sie. Fürsoglich legte sie einen Arm um ihre Schultern und begleitete sie ins Haus. »Legen Sie sich hin, Mrs. Kilrain. Es ist für Sie das Beste.«
    Patrick Kilrain wischte sich mit einer resignierten Handbewegung über die Stirn. Auch für ihn war eine Welt zusammengebrochen, obwohl er geahnt hatte, daß die Familie uneins war. Jetzt hatte er die Bestätigung.
    Ich ging auf den alten Kilrain zu. »Gehen Sie ins Haus«, sagte ich leise. »Es ist besser.«
    Er blickte mich an. »Sind die beiden überhaupt noch meine Söhne?« fragte er mit rauher Stimme. »Kann ich mit reinem Gewissen in den Spiegel sehen?«
    »Das können Sie, Mr. Kilrain.«
    »Aber ich habe versagt.«
    »Nein, nicht Sie haben versagt. Die Umstände waren gegen Sie. Das ist ein Unterschied.«
    »Ich hätte die Kraft haben müssen…« Er sprach nicht mehr weiter. Gebeugt betrat er sein Haus. Hart schlug er die Tür ins Schloß. Hinter den Scheiben wurde
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