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002 - Die Angst erwacht im Todesschloss

002 - Die Angst erwacht im Todesschloss

Titel: 002 - Die Angst erwacht im Todesschloss
Autoren: Larry Brent
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unbeschreiblichen Angst stieg
in ihr auf. Harrys Worte hatten sie merkwürdig beeindruckt. Der Raum, in dem
sie sich befanden, wurde ihr plötzlich zu klein. Die Wände schienen sie zu
erdrücken, und sie sah einen Schatten. Ihre Phantasie ging mit ihr durch. Das
Knistern und Flackern der Holzscheite im offenen Kamin wirkte ohrenbetäubend;
das gespenstische Licht- und Schattenspiel der brennenden Scheite auf den
Wänden und Bildern, auf Harry Bannings Gesicht, dem Tisch und der mannshohen
Holzfigur steigerte ihre Erregung.
    Sie riss den Mund auf, und alles deutete darauf hin, dass sie laut
aufschreien würde.
    Harry Banning reagierte. Schnell war er bei ihr und legte seine Hand auf
ihren Mund, um sie am Schreien zu hindern. Er hatte nicht gedacht, dass seine
Verlobte so hysterisch reagieren würde. Ellen lehnte sich an ihn. Sie begann
leise zu schluchzen, ihr Körper zitterte, als hätte sie Schüttelfrost.
    Harry sprach beruhigend auf sie ein. »So war's nicht gemeint, Liebes«,
flüsterte er. Seine dunkle Stimme klang angenehm und beruhigend. »Ich habe
immer geglaubt, du stehst mit beiden Beinen fest im Leben. Dass du wegen solch
einer Lappalie so aus dem Häuschen gerätst, hätte ich mir nicht träumen lassen
...«
    Sie sah ihn aus großen Augen an, atmete tief durch und wurde tatsächlich
ruhiger. Wie auf ein Kommando hin. Er löste leicht seine Hand von ihrem Mund,
aber sie wandte nicht ihren Blick von ihm ab. »Du siehst das falsch, Harry«,
bemerkte sie mit belegter, tonloser Stimme. »Du weißt nicht, was in diesem
Moment wirklich in mir vorgegangen ist. Es war mir plötzlich so unheimlich
zumute, dass ich es dir nicht in Worten schildern kann. In dem Moment, als du
mir die Dinge so illustriert darstelltest, hatte ich das Gefühl, von einer
großen Gefahr bedroht zu werden.«
    »Aber Ellen ... Das ist doch Unsinn!«
    »Das sag' ich mir auch. Jetzt. Vorhin aber war dieses Gefühl anders. Es war
so stark, dass nichts anderes mehr in meinem Bewusstsein Platz hatte. Es war
nackte Angst, Harry. Es war furchtbar ... Es ist wie eine Vorahnung ...«
    »Ellen ... Vorahnung! So etwas gibt es nicht ...«
    »Sag' das nicht, Harry! Man weiß, dass es in meiner Familie
mütterlicherseits immer wieder junge Frauen gab, von denen behauptet wurde, sie
hätten das zweite Gesicht.«
    Er wollte noch etwas erwidern, doch er hielt inne.
    Draußen vor der Tür hörte er ein Geräusch.
    Ellen zuckte wie unter einem Peitschenhieb zusammen.
    »Pst«, machte Harry, ging auf Zehenspitzen zur Tür und legte lauschend das
Ohr an.
    Er vernahm schlurfende Schritte.
    Da drückte er leise die Klinke hinunter und spähte vorsichtig durch den geöffneten
Türspalt. Im halbdunklen Flur sah er die magere Hausdame, die langsam durch den
Gang schritt und einen flachen handkarrenähnlichen Wagen vor sich herschob. In
ihm befanden sich ihre Putzmittel und Reinigungsgeräte.
    Harry drückte nicht sofort die Tür ins Schloss. Er beobachtete die Dienerin
eine gewisse Zeit und sah, wie sie mit einem Tuch staubwischend über die
zahlreichen Gemälde fuhr, die zu beiden Seiten des endlos wirkenden Ganges
hingen.
    Die Frau warf keinen einzigen Blick zur Tür herüber.
    Sie merkte nicht, dass sie beobachtet wurde ...
    Dann schloss Banning die Tür. »Was geht hier vor? Und was wissen der Duke,
seine Töchter und die Bediensteten?« Mit einer fahrigen Bewegung drückte er die
halbgerauchte Zigarette im Ascher aus. »Ich muss es wissen. Ich habe einen
vagen Verdacht und möchte den Beweis dafür haben.«
    Er warf einen raschen Blick auf das Leuchtzifferblatt seiner Armbanduhr und
fuhr zu sprechen fort. »In einer Stunde ist das Supper serviert. Bis dahin
können wir zurück sein. Komm' mit, Ellen! Ich will dir etwas zeigen und möchte
wissen, was du davon hältst ...«
    Ellen löste sich langsam aus dem Dunkel der Nische, in die sie erneut
zurückgewichen war. »Ich möchte, dass wir noch vor dem Supper gehen, Harry. Was
hast du vor? Sag' mir wenigstens, was für einen Verdacht du hegst. Wenn du
etwas weißt, sprich es aus ...«
    Er schüttelte den Kopf. »Nicht jetzt und nicht hier. Etwas zu sehen ist
besser, als es sich nur anzuhören. Komm jetzt ...«
    Danach sagte er kein Wort mehr. Er nahm sie bei der Hand, ohne ihre Fragen
eigentlich beantwortet zu haben. Er öffnete die Tür und spähte abermals auf den
langen Korridor. Die Hausdienerin war verschwunden. Offenbar hatte sie nun in
einem der Salons zu tun, von denen es insgesamt drei in diesem Trakt
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