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002 - Die Angst erwacht im Todesschloss

002 - Die Angst erwacht im Todesschloss

Titel: 002 - Die Angst erwacht im Todesschloss
Autoren: Larry Brent
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Dukes
persönlich gewidmete Notenblätter gestohlen worden. Aber dies nur am Rand. Das
Zimmer müssen wir durchqueren, um dahin zu kommen, wohin ich dich gern führen
möchte.«
    Der Raum war groß wie ein Saal, hatte eine Seitenlänge von fast vierzig
Metern und war mindestens fünfzehn bis achtzehn Meter breit.
    Zu beiden Seiten erhoben sich hohe Fenster. Zwischen ihnen hingen die
lebensgroßen Abbilder der Ahnen des Duke oder der berühmten Zeitgenossen, die
im Schloss übernachtet hatten. Die Farben der Gemälde waren intensiv; sie
leuchteten teilweise aus dem Düsteren heraus, als würden sie von innen
beleuchtet. Die Atmosphäre wirkte gespenstisch.
    Die Mitte des Saales war leer, nur von einem einzigen farbigen Teppich
bedeckt, der von einem zum anderen Ende der Halle reichte. Auf beiden Seiten
des Raumes befand sich ein Kamin, der in seiner Wucht und Ausdehnung mehr als
zwei Drittel der Raumhöhe einnahm. Unter den lebensgroßen Darstellungen
zwischen den Fensterreihen standen hochlehnige, mit Samt und Seide bezogene
Stühle.
    Hier saßen einst die Besucher und lauschten den Klängen des Spinetts und
der Geigen, hier hatten sie gesungen, gezecht und getanzt.
    Harry und Ellen gingen unwillkürlich auf Zehenspitzen, näherten sich dem
anderen Ende des Musikzimmers. Ellen warf hin und wieder einen Blick auf eines
der lebensgroßen Gemälde, das immer nur eine einzelne Person einer bestimmten
Epoche darstellte.
    Sie erreichten die hintere Tür. Neben dieser hing ebenfalls ein Bild. Es
zeigte den seligen Sir Edward of Huntingdon, ein prachtvolles Konterfei eines
zeitgenössischen Künstlers. Der längst verblichene Duke präsentierte sich in
goldfarbener Rüstung. Sein schmales, bleiches Gesicht drückte Stolz und Triumph
aus. Da riss für den Bruchteil eines Augenblicks der Himmel auf. Die bleiche
Sichel des Mondes wurde sichtbar. Ein breiter, bleicher Lichtstreifen schien
durch ein Fenster, genau auf das große Bild des Edward of Huntingdon.
    Ellen sah den dünnen Backenbart, der das fahle Antlitz umrahmte. Sie warf
einen Blick in die etwas hervorquellenden Basedowaugen und schrie in der
gleichen Sekunde voller Entsetzen auf.
    Das rechte Auge bewegte sich!
    Ihr markerschütternder Schrei gellte durch den riesigen Saal. Dann schloss
eine feste Hand ihren Mund.
    »Ellen, um Himmels willen!« Harry Bannings Stimme zitterte. »Man darf doch
nicht wissen, dass wir hier sind!« Er fühlte den zitternden Mädchenkörper in
seinen Armen und löste dann langsam die Hand von Ellens Mund.
    »Die Augen ... , Harry, mein Gott, die Augen ...« Sie war unfähig,
weiterzusprechen. Ihre Stimme versagte vor Erregung.
    »Was für Augen? Wovon sprichst du eigentlich?«
    »Die Augen des Bildes ... sie haben sich ... bewegt ...« Ellens Stimme
klang wie ein Hauch. Wie unter Zwang drehte sie sich langsam um und starrte
erneut auf das Bild, auf dem noch ein fahler Schimmer des verschwindenden
Mondlichts lag. Doch es war nichts Verdächtiges mehr zu erkennen.
    Da schob sich eine dicke Regenwolke über den Mond, schluckte den fahlen
Lichtstreifen und hüllte die beiden Menschen wieder in finsterste Dunkelheit.
    »Deine Nerven haben dir einen Streich gespielt«, bemerkte Harry. Seine
Stimme klang ruhig. Doch er musste sich Mühe geben, seine Erregung unter
Kontrolle zu halten.
    Ellen schüttelte heftig den Kopf. »Ich weiß, was ich gesehen habe! Das eine
Auge ... hat sich bewegt, Harry. Ich habe es genau gesehen«, stieß sie mit
scharfer Stimme hervor. »Das Auge hat mich angesehen, meinen Blick erwidert!«
    »Du bist überreizt, Ellen«, versuchte Harry Banning seine Verlobte zu
beruhigen. »Alle Bilder hier sind so gemalt, dass der Betrachter das Gefühl
hat, der Dargestellte würde ihn ansehen. Wenn zehn Menschen ein solches Gemälde
gleichzeitig betrachten, glauben alle zehn, dass die Augen genau auf sie, auf
ihren Blick gerichtet sind. Das ist eine optische Täuschung, Ellen. Und das
Mondlicht, das für einen Augenblick auf das Gesicht fiel, hat dir einen solchen
Eindruck vermittelt. Da meintest du, es habe sich etwas bewegt. Licht und
Schatten haben sich abgewechselt und dir etwas vorgegaukelt. So und nicht
anders ist es gewesen ... Glaub' es mir!«
    Ellen setzte nochmals zu einer Erwiderung an. Doch dann verzichtete sie
darauf.
    Sie verließen das Musikzimmer und hinterließen deutliche Fußabdrücke im
zentimeterdicken Staub, der auf dem Boden lag. Nach einem schmalen Gang, in den
zahlreiche Nischen eingelassen waren, die
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