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0017 - Wolfsnacht

0017 - Wolfsnacht

Titel: 0017 - Wolfsnacht
Autoren: Michael Kubiak
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Scheinwerfer seines Citroën glitten über vergitterte Fensterscheiben und beleuchteten die Auslagen der verschiedenen Geschäfte und Boutiquen.
    Dicht hintereinander glitten die beiden Fahrzeuge über die Strandpromenade. Dann folgte rechter Hand der kleine Bootshafen.
    Schließlich lenkte Zamorra sein Auto auf den Marktplatz, auf dem tagsüber geschäftiges Treiben herrschte, der aber nun in tiefem Schweigen dalag. Lediglich Papierfetzen, die der Wind vor sich hertrieb, brachten etwas Leben in die ansonsten tote Szenerie.
    Sanft brachte der Professor den Wagen zum Stehen. Nicole Duval bremste ebenfalls und stieg aus dem Zagato aus. Kurz darauf klopfte sie auf Zamorras Seite gegen das Seitenfenster des Citroën.
    Zamorra warf noch einen Blick auf die Bewußtlose, ehe er ausstieg.
    »Nun, Chef, was machen wir nun?« fragte Nicole etwas ratlos.
    »Hier um diese Zeit noch jemanden zu treffen, der uns sagen könnte, wo wir den nächsten Arzt finden können, ist so gut wie ausgeschlossen. Hier gibt es ja doch nur Geschäftshäuser.«
    Zamorra nickte gedankenverloren. Suchend schweifte sein Blick über die dunklen Häuserfronten.
    Er gab es auf. »Das beste wäre, wenn einer von uns sich zu Fuß auf den Weg macht und sich einmal nach einem Dottore umschaut. Am sinnvollsten wäre es, wenn Sie das auf sich nehmen würden. Ich bleibe dann solange bei dem Mädchen im Wagen und passe auf.«
    Nicole zögerte nicht lange und ging sofort los. Bald schon hatte sie eine dunkle Gasse, die von dem Marktplatz abzweigte, verschluckt.
    Zamorra stieg wieder in seinen Wagen. Er ließ die Tür zuklappen und drehte das Fenster ein Stück herunter. Dann machte er es sich hinter dem Lenkrad so bequem wie eben möglich.
    Er mußte wohl eingedöst sein, als er durch ein fremdes Geräusch auf dem Marktplatz aufgeschreckt wurde. Gott sei Dank, dachte er.
    Hoffentlich hat Nicole Glück gehabt.
    Er öffnete die Tür und stieg aus. Der Mond hatte sich gerade hinter einer Wolke verborgen. Deshalb konnte er auch den Schatten nicht auf Anhieb erkennen, der sich ihm schwerfällig näherte.
    »Nicole! Nicole!«
    Sein Ruf hallte über den Platz. Doch es kam keine Antwort. Statt dessen verhielt die gebeugte Gestalt kurz ihren Schritt, um jedoch gleich darauf wieder weiterzugehen.
    Deutlich konnte Zamorra jetzt das Geräusch schlurfender Schritte vernehmen. Das Knirschen und Schaben der Schuhsohlen auf dem Pflaster klang in dieser Stille fast schon schmerzhaft laut.
    Endlich konnte Zamorra auch Genaueres erkennen. Es handelte sich um einen Mann. Sein Gang war humpelnd und unsicher. Außerdem hielt er sich mit der linken Hand die rechte Schulter. Sein Gesicht leuchtete gespenstisch weiß durch die Nacht. Alles Blut mußte daraus gewichen sein. Der Mann wirkte wie eine wandelnde Leiche.
    Offensichtlich hatte er Zamorras Ruf nicht gehört. Denn er machte keine Anstalten, auf ihn zuzugehen oder ihn anzusprechen.
    Vielmehr lenkte er seine Schritte so, daß er den Wagen zwischen sich und dem Professor hatte.
    Interessiert betrachtete der Professor das Gesicht des Mannes. Es war fein geschnitten, fast aristokratisch. Das volle schwarze Haar verstärkte noch die Blässe der hohlen Wangen. Tiefliegende Augen schauten den Professor mißtrauisch an.
    Jetzt war der Mann in Höhe des Citroën. Wie von einer magischen Hand geführt, näherte er sich dem rechten Seitenfenster. Dann bückte er sich. Für etwa eine Minute blieb er so stehen. Dann richtete er sich abrupt wieder auf.
    Bis jetzt hatte der Professor kein Wort gesprochen. Nun räusperte er sich.
    »Entschuldigen Sie, kennen Sie das Mädchen? Können Sie mir sagen, wo ich hier den Arzt finden kann?«
    Als Zamorra dem Mann in die Augen schaute, durchlief es ihn eiskalt. Die reinste Mordlust flackerte in dem Blick, den der Mann ihm entgegenschleuderte. Der Ausdruck seines schmerzverzerrten Gesichts tat ein übriges.
    Unwillkürlich wich Zamorra zurück.
    Der Mann öffnete den Mund, und ein bösartiges und raubtierhaftes Knurren drang heraus. Dabei verzog er die Nase wie ein hungriger Wolf, der Beute gewittert hat.
    Erst jetzt erkannte Zamorra, warum der Mann sich die Schulter festhielt. Zwischen den Fingern seiner linken Hand sickerte Blut hervor. Auch konnte Zamorra die Blutspur sehen, die sich über den Platz bis zu seinem Wagen hinzog.
    Noch einmal fragte er: »He, was wollen Sie? Kennen Sie die Frau? Wo finde ich einen Arzt? Außerdem, kann ich Ihnen irgendwie helfen? Sie sind anscheinend auch
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