Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
0017 - Wolfsnacht

0017 - Wolfsnacht

Titel: 0017 - Wolfsnacht
Autoren: Michael Kubiak
Vom Netzwerk:
euch rächen! Mein Heer ist ohne Zahl! Bald könnt ihr wiederkehren, und der Satan wird herrschen!«
    Mit diesen Worten führte er seine Hände zu seiner Stirn.
    Doch mitten in der Bewegung erstarrte er.
    Ein erstickter Schrei drang aus seinem halbgeöffneten Mund.
    Er brach in die Knie. Krampfhaft versuchte er, sich an dem Stein festzuhalten.
    Seine Hände rutschten ab. Er schlug mit der Stirn auf dem Boden auf.
    Ein gräßlicher Fluch löste sich von seinen Lippen.
    Seine Augen verloren ihr Leuchten, wurden stumpf, glanzlos.
    Eine ganze Weile lag er da und rührte sich nicht mehr.
    Dann richtete er sich wie unter unsäglichen Qualen wieder auf. Er kam auf die Knie und zog sich an dem Steinquader hoch. Seine Beine drohten einzuknicken, doch er schaffte es, sich aufzurichten.
    Die Augenlider flatterten. Seine eingefallenen Wangen zuckten unkontrolliert.
    Seine Hände tasteten über den Stein. Sie glitten auf den vorher noch glänzenden Fleck zu.
    Er war auf rätselhafte Weise eingetrocknet. Hastig strichen die Finger des Mannes darüber, versuchten etwas vom Stein abzukratzen.
    Es gelang ihm nicht.
    Noch einmal nahm er alle Kraft zusammen.
    »Fluch über euch!«
    Der Schrei tanzte über die Felswände und verhallte im Dickicht vor dem Gemäuer.
    Dann wandte sich der Alte um. Mit schleppenden Schritten ging er auf eine Felsnische im hinteren Teil der Höhle zu.
    Blaues Licht erfüllte die Nische und entriß ihr einen überdimensionalen Marmorsessel, der aussah wie ein Königsthron der Finsternis.
    Schwerfällig näherte sich der Mann diesem Sessel. Ehrfurchtsvoll beugte er sein Haupt, so, als wollte er einen unsichtbaren Herrscher grüßen.
    Dann raffte er sein langes Gewand. Er stieg die zwei Stufen zu dem Sessel hoch und ließ sich darauf nieder.
    Augenblicklich ging mit dem Mann eine grausige Verwandlung vor sich.
    Sein vorher noch rotgoldenes Gewand verlor seine Farbe. Es verblaßte zu einem Weiß, wurde eins mit dem Marmorsessel.
    Die wallenden Stoffalten erstarrten.
    Die Hände, die der Alte auf die Lehnen des Sessels gelegt hatte, nahmen ebenfalls die weiße Farbe an. Auf seltsame Weise verlor die Hand ihre Runzeln und glättete sich.
    Schnell und überdeutlich schritt die Verwandlung fort. Sie ergriff die Brust des Mannes, seinen Hals, seinen Kopf.
    Die Lippen wurden starr, seine Haarpracht zu einem sanft geschwungenen Stück Marmor.
    Nur in seinen Augen brannte noch dieses dämonische Feuer. Unwillig und böse schweifte der Blick dieser Augen durch die Felsenhöhle.
    Allmählich verblaßte das Licht, das die Felswände ausstrahlten.
    Zuletzt leuchteten nur noch die beiden Augen aus der Nische.
    Es waren die Augen eines wilden, blutdürstigen Raubtieres. Denn nichts Menschliches lag in diesem Blick.
    Dann verlöschten auch sie wie Kerzen, wie durch einen heftigen Windstoß ausgeblasen.
    Und tief auf der Straße ertönte das Motorengeheul zweier Autos, die in rasender Fahrt auf Limone zujagten…
    ***
    Das kleine Fischerdorf am Ufer des Gardasees lag in tiefem Schlaf.
    Nichts rührte sich auf den Straßen, und nur der Wind trieb sein Spiel mit Reklameschildern, die er leise quietschend hin und her schaukeln ließ.
    Fischerboote dümpelten auf dem Wasser an der Mole, und die Häuserwände an der Strandpromenade warfen das Rumpeln, wenn sie zusammenstießen, verstärkt zurück.
    Hoch aufragende Felswände schienen das Fischerdorf von allen Seiten erdrücken zu wollen. Das Licht des Mondes ließ selbst kleine Vorsprünge und Unebenheiten zu gespenstischen Schatten werden.
    Oberhalb von Limone führte die Hauptverbindungsstraße vorbei.
    Es gab nur eine Abzweigung, die in den Ort hinunterführte.
    Aufmerksam hielt Professor Zamorra nach dem Ortsschild Ausschau, das gleichzeitig die Einfahrt nach Limone bezeichnete.
    Hinter einer langgezogenen Biegung tauchte es schließlich im gleißenden Licht der Halogenscheinwerfer auf. Zamorra betätigte den Blinker. Nicole, die den Zagato lenkte, folgte seinem Beispiel.
    Mit quietschenden Reifen bog sie von der Gardesana ab und rollte hinter dem Citroën ihres Chefs über eine steile Straße in das Dorf hinunter.
    In den Straßen und Gassen war es still. Keine Menschenseele war zu sehen. Zamorra warf einen kurzen Blick auf das Mädchen auf dem Liegesitz. Sie hatte sich die ganze Zeit über nicht gerührt und lag noch immer in tiefer Bewußtlosigkeit.
    Krampfhaft hielt der Professor nach einem Schild Ausschau, das im betreffenden Haus eine Arztpraxis bezeichnete.
    Die
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher