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0017 - Wolfsnacht

0017 - Wolfsnacht

Titel: 0017 - Wolfsnacht
Autoren: Michael Kubiak
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heulte er auf. Zamorra rollte elegant über die Schultern ab und ging sofort wieder in Lauerstellung. Es war nicht mehr nötig.
    Als würde er krampfhaft nach Luft schnappen, riß der weiße Wolf seine Schnauze auf. Die Fangzähne leuchteten hell.
    Ein gequältes Heulen drang aus der Kehle des Ungeheuers. Dann brach es in den Vorderläufen nieder.
    Der Wolf versuchte hochzukommen. Ihm fehlte die Kraft. Bald wälzte er sich in zuckenden Bewegungen am Boden.
    Und als er verendete, ging eine schreckliche Metamorphose mit ihm vor sich.
    Der Schädel veränderte sich. Er wurde immer runder, bis er die Form eines Menschenschädels hatte. Und auch Gesichtszüge prägten sich aus.
    Noch ein letztes Aufbäumen, dann rührte er sich nicht mehr.
    Zamorra machte einen Schritt nach vorn und bückte sich.
    Er starrte in Dr. DeZordos gebrochene Augen.
    Müde richtete er sich auf. Die Wolfsmeute war verschwunden.
    Statt dessen lagen nackte Gestalten am Boden, von denen einige aus einem tiefen Schlaf zu erwachen schienen. Sie waren wieder zu Menschen geworden. Von ihrem schrecklichen Erlebnis hatten sie wohl alles vergessen, denn es war offensichtlich, daß keiner von ihnen wußte, wie er hierher gekommen war.
    Zamorra fielen die Mädchen ein. Er stürzte zum Altar. Sie hatten beide die Augen geöffnet, und ein glückliches Lächeln überzog ihre Gesichter, als sie erkannten, wer da vor ihnen stand.
    Hastig löste Zamorra ihre Fesseln. Und dann fielen sie ihm schluchzend um den Hals.
    Das Läuten der Glocken erinnerte Zamorra daran, daß unten im Dorf helle Panik herrschen mußte.
    »Kommt!« rief er. »Wir müssen hinunter, sonst werden die da unten noch verrückt vor Angst. Wir müssen ihnen sagen, daß der Spuk vorüber ist!«
    Die nackten Menschen suchten ihre Kleider. Sie konnten immer noch nicht begreifen, was mit ihnen geschehen war. Zamorra stützte die beiden Mädchen, als sie zum Ausgang der Höhle gingen.
    Bevor er ganz hinaustrat, schaute sich der Professor noch einmal um. Immer noch entströmte den Wänden dieses weiße Leuchten.
    Doch es wurde schon schwächer.
    Zamorra wandte sich ab und ging hinter den anderen her.
    Als sie etwa fünfzig Meter von der Höhle entfernt waren, ließ sie plötzlich ein Knirschen und dumpfes Grollen aufhorchen. Der ganze Hang schien in Bewegung geraten zu sein. Steinbrocken polterten an ihnen vorüber. Staub legte sich ihnen auf die Atemwege. Sie husteten.
    Nach wenigen Sekunden war das Getöse vorbei. Zamorra kletterte noch einmal zurück. Was er sah, ließ ihn schaudern. Die Höhle war eingestürzt.
    ***
    Ihr Einmarsch ins Dorf glich einem Triumphzug. Carlo Gionti hatte die Menschen von den Ereignissen und von der drohenden Gefahr informiert. Jetzt atmeten sie auf, als sie sahen, daß nichts Ernstes passiert war.
    Zamorra hatte nur einen Wunsch. Schlafen, schlafen, schlafen. Als er ins Hotel kam, wurde er dort von den Angestellten schon erwartet. Mit ehrfürchtigen Blicken schauten sie ihm entgegen.
    Der Hoteldirektor trat auf Zamorra zu.
    »Professor, Sie haben so viel Gutes für den Ort getan, daß wir nicht wissen, wie wir Ihnen danken sollen. Betrachten Sie und Ihre Begleiterin sich als meine Gäste. So lange Sie wollen. Es wird mir eine Ehre sein, all Ihre Wünsche zu erfüllen.«
    Zamorra nickte dankend und stieg sofort die Treppe hinauf. Als er sein Zimmer aufschloß, war er schon fast eingeschlafen.
    Er stolperte auf sein Bett zu und versank sofort in einen tiefen und traumlosen Schlaf.
    Nicole erging es ähnlich. Kaum hatte sie die Tür hinter sich geschlossen, sank sie zu Boden und schlief auf dem Teppich vor ihrem Bett ein.
    Franca Capolli ließ sich noch von dem Direktor auf ihr Zimmer bringen und war ebenfalls sofort weggetreten, als sie unter der Bettdecke lag.
    ***
    Am nächsten Morgen saßen die drei gemeinsam am Frühstückstisch. Nicole entschuldigte sich bei ihrem Chef, daß sie ihm nie hatte glauben wollen, wenn er von Dämonen und Geistern sprach.
    »Innerlich lachte ich Sie immer aus. Doch jetzt habe ich es ja am eigenen Leib erfahren. Wie sich dieser Mann vor meinen Augen in einen Wolf verwandelt hat – schrecklich.«
    Sie schüttelte sich. Sie lächelte den jungen Kellner freundlich an, der neben ihren Stuhl trat und ihr Kaffee nachschenkte.
    Seine aristokratischen Gesichtszüge erinnerten sie an die Gesichter griechischer Statuen. Der junge Mann erwiderte ihr Lächeln. Dann zog er sich diskret zurück.
    »Mir ist, als würde ich diesen Mann kennen. Mir fällt
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