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0017 - Wolfsnacht

0017 - Wolfsnacht

Titel: 0017 - Wolfsnacht
Autoren: Michael Kubiak
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fallen ließ und über sie herfiel.
    Nichts dergleichen geschah. Zielsicher fand der Wolf seinen Weg durch die Nacht. Einmal blieb er kurz stehen und reckte lauschend den Kopf. Dann rannte er wieder weiter.
    Wieder stieß Nicole heftig mit dem Kopf gegen einen Baumstamm, und erneut sank sie in tiefe Ohnmacht.
    Als sie diesmal erwachte, hatte sich ihre Umgebung verändert. Ein helles Leuchten blendete sie im ersten Augenblick. Es dauerte einige Minuten, ehe sich ihre Augen daran gewöhnt hatten. Doch dann fand sie sich zurecht.
    Sie lag in einer riesigen Höhle. Rohbehauene Felswände umgaben sie von allen Seiten. Das Leuchten schien diesen Felswänden zu entströmen. Unter sich spürte Nicole eine kalte, rauhe Fläche.
    Als sie ertasten wollte, um was es sich handelte, merkte sie, daß sie gefesselt war. Jemand hatte ihre Hände auf den Bauch gelegt und sie dort zusammengeschnürt.
    Sie wollte sich herumrollen, da spürte sie, daß noch jemand neben ihr lag. Nicole wandte den Kopf und erblickte dunkle Haare und ein blasses Gesicht. Es war eine Frau, bildhübsch und etwa so alt wie sie selbst. Etwas in dem Gesicht der Frau kam ihr bekannt vor.
    Dann wußte sie es.
    »Signorina Capolli, die Frau, die wir in der Nacht an der Straße gefunden haben. Wie kommen Sie denn hierher.«
    Nicole flüsterte diese Worte, in der Furcht, jemand könne ihr zuhören. Millimeterweise schob sie ihren Kopf näher an das Gesicht ihrer Nachbarin heran, damit sie alles verstehen konnte.
    »Wie ich herkomme, weiß ich nicht. Ich kann mich nur erinnern, daß dieser Arzt, in dessen Haus ich gelegen hatte, in mein Zimmer trat. Dann muß ich weggetreten sein. Denn als ich erwachte, war ich bereits hier in dieser schrecklichen Höhle. Ich habe dann einen gräß- lichen Mann gesehen. Sein Gesicht glich dem des Satans. Und er sagte etwas von einem Opfer und dem Höllenfürsten, der auf die Erde kommen sollte. Zwei junge, bildhübsche Frauen brauche er für dieses Opfer. Und ich sollte mich freuen, daß ich auserwählt sei. Das zweite Opfer hätte man sicher bald gefunden. Dann verschwand dieser unheimliche Kerl aus meinem Blick. Wohin er gegangen ist, konnte ich nicht verfolgen, denn ich war wie gelähmt. Ob vor Schreck oder durch seinen Einfluß, das weiß ich nicht.«
    Nicole schaute sich vorsichtig um. Sie konnte keine Bewegung feststellen.
    »Kennen Sie den Mann? Haben Sie ihn schon jemals gesehen?«
    »Gesehen habe ich ihn noch nie, doch etwas in seinem Blick kommt mir bekannt vor. Eigentlich sind es nur die Augen. Die kenne ich. Der Doktor hat mich des öfteren so angeschaut.«
    Nicole mußte das erst verarbeiten. Diese Höhle war unheimlich.
    Aber was hatte dieser Arzt damit zu tun? Ihr Chef hatte ja schon darauf hingewiesen, daß mit diesem Mann etwas nicht ganz in Ordnung war. Auch schien er seherische Fähigkeiten zu besitzen. Zumindest hatte er Zamorra mit seinem richtigen Titel angesprochen.
    Sollte es also doch so etwas wie paranormale Fähigkeiten geben?
    Dann war da ihr schreckliches Erlebnis am Strand. Es fiel ihr schwer, sich das wieder ins Gedächtnis zurückzurufen, denn ihr Bewußtsein hatte diesen Schrecken längst verdrängt. Tatsache blieb – und das würde sie ihr Leben lang nicht vergessen –, daß sie einem völlig Fremden an den Strand gefolgt war, diesen begehrt hatte und er sich in ihren Armen in ein wildes Tier verwandelt haben muß.
    Mein Gott, wie hatte sie den Professor immer ausgelacht. Jetzt war ihr bewiesen worden, daß es überirdische oder auch paranormale Erscheinungen gab, die man mit rationellem Denken nicht erfassen konnte. Doch dieses Wissen nützte ihr in diesem Moment gar nichts.
    Ihr Gedankenfluß wurde durch eine Bewegung am Rande ihres Gesichtsfeldes abgelenkt und unterbrochen. Eine hochgewachsene Gestalt in einer tiefroten Robe trat heran. Indem Nicole ihn mit ihren Blicken verfolgte, erkannte sie auch, daß sie und das andere Mädchen auf einem roh gehauenen Naturstein lagen.
    Die Gestalt kam unaufhaltsam näher.
    Dicht vor dem Stein blieb sie stehen. Sie schlug den hohen Kragen des Umhangs zurück. Nicole zerbiß einen Schrei auf den Lippen.
    Was sie erblickte, erinnerte sie an einen Totenkopf, halb Geier, halb Mensch. Die Nase gab diesem Gesicht das raubvogelähnliche Aussehen. Der Mann mußte schon Hunderte von Jahren auf dem Buckel haben. Die Haut war wie altes Pergament, und spannte sich straff aber faltenreich über die Wangenknochen.
    Der alte Mann hob beide Arme.
    »Sieh her, Satan! Hier
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